Gesundheitswesen 2021; 83(08/09): 758
DOI: 10.1055/s-0041-1732750
Freitag 24.09.2021
Vorträge

Sexueller Missbrauch von Minderjährigen durch Kleriker der katholischen Kirche in Deutschland - Epidemiologie und Folgen für Betroffene Kinder und Jugendliche

HJ Salize
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Mannheim, Deutschland
,
H Dreßing
1   Zentralinstitut für Seelische Gesundheit, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie, Mannheim, Deutschland
› Institutsangaben
 

Einleitung Der sexuelle Missbrauch von Minderjährigen ist ein weltweites Problem mit massiven psychischen, somatischen und sozialen Folgen für Betroffene. Die sog. MHG-Studie, die kürzlich den sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch Kleriker der katholischen Kirche in Deutschland analysierte, hat großes Aufsehen erregt und grundsätzliche Diskussionen ausgelöst. Die Ergebnisse der Studie werden hier präsentiert.

Methoden In allen 27 Diözesen Deutschlands wurden Personal- und weitere Akten von 38.156 Klerikern zwischen 1946 und 2014 hinsichtlich Hinweise auf sexuellen Missbrauch Minderjähriger durchgesehen. Anonymisierte Details über Beschuldigte, Betroffene und Tatgeschehen wurden standardisiert gesammelt und analysiert.

Ergebnisse In Akten von 1.670 Klerikern fanden sich Hinweise (4,4 % aller gescreenten Kleriker zwischen 1946 und 2014). Bei Diözesanpriestern war der Anteil 5,1 %, bei Ordenspriestern, die als Ortspfarrer fungierten, war der Anteil 2,1 % und bei hauptamtlichen Diakonen 1,0 %. Betroffen waren 3.677 Kinder und Jugendliche, die unter einer Vielzahl von sozialen, somatischen und psychischen Problemen litten, die z. T. auch Jahrzehnte anhielten.

Fazit Die Auswirkungen des sexuellen Missbrauchs in Kindheit und Adoleszenz auf Betroffene sind massiv und beeinträchtigen die gesamte Lebensführung. Die Analyse des Problembereichs in der katholischen Kirche lassen auf strukturelle Bedingungen schließen, die den Missbrauch fördern und dessen Aufklärung sowie die angemessene Behandlung von Betroffenen behindern. Die Debatte um diese Missstände muss intensiviert werden und den Gesundheitssektor einschließen, um Prävention und Behandlung zu verbessern.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
02. September 2021

© 2021. Thieme. All rights reserved.

Georg Thieme Verlag KG
Rüdigerstraße 14, 70469 Stuttgart, Germany