Pneumologie 2007; 61(4): 270-271
DOI: 10.1055/s-2007-959232
Leserbrief
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Anti-Raucherkampagne

Antismoking CampaignC.  Vogtherr
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Publication Date:
24 April 2007 (online)

Antwort auf den Leserbrief | Answer of the Authors

Mit Verwunderung haben wir, die Verfasser des Editorial und des Positionspapiers den Leserbrief von Herrn Dr. Vogtherr gelesen - folgt er doch in weiten Teilen der Diktion der Zigarettenindustrie und neigt zu einigen befremdlichen Hypothesen und nicht begründeten Vorwürfen.

Mit dem Thema Tabakkontrolle sollten aber gerade wir als Pneumologen mit klarer Sachlichkeit und Ernsthaftigkeit umgehen. Inzwischen ist das Werbeverbot nach den Tabakrichtlinien der EU trotz erheblichen Widerstands erfreulicherweise auch in Deutschland eingeführt, und es scheint derzeit, dass umfangreiche gesetzgeberische Maßnahmen zum Schutz vor Passivrauchen schon bald vom Bund und von den Ländern beschlossen werden. Damit folgen wir Regelungen, die in unseren Nachbarländern bereits erfolgreich und mit hoher Akzeptanz eingeführt sind. Von einer Anti-Raucher-Kampagne kann daher nicht die Rede sein, wenn auch ein Raucher dies als gegen sich persönlich gerichtet auffassen mag.

Als Pneumologen ist es unsere vordringliche Aufgabe, Rauchern - ob ohne oder mit bereits eingetretenen Gesundheitsschäden - die Entwöhnung vom Tabak zu erleichtern bzw. zu ermöglichen, wofür das Positionspapier der DGP eine gute Basis auf dem derzeitigen wissenschaftlichen Stand darstellt [1]. Durch eine Vielzahl von epidemiologischen Studien und durch Tierversuche sind gerade auch die Gefahren des Passivrauchens gut belegt [1] [2]. Ein Vergleich zwischen der gewissenhaften und überprüfbaren Analyse der Gefahren des Passivrauchens durch die European Respiratory Society [2] mit Hochrechnungen zur Bundestagswahl ist daher nicht nachvollziehbar und sachlich nicht begründbar. Leider sind die Gefahren des Passivrauchens nicht so schnelllebig wie die Präferenzen der Wähler. Auch ist Herrn Vogtherr sicherlich bekannt, dass die schädlichen Auswirkungen des Tabakrauchens nicht durch das Nikotin verursacht werden [3] [4]. Das Nikotin, insbesondere wenn es über eine Zigarette inhaliert wird, verursacht allerdings eine Abhängigkeit. Aus diesen Gründen führt z. B. die Tabakentwöhnung mit Nikotinersatztherapie bei Patienten mit COPD und bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung zu einer signifikanten Reduktion der Morbidität und Mortalität. Noch wichtiger ist aber langfristig die primäre Prävention, insbesondere bei Kindern und Jugendlichen, wozu eine entsprechende Vorbildfunktion der Erwachsenen, aber auch eine gute Aufklärung über die Gesundheitsgefahren, notwendig ist. Dass die Zigarettenindustrie eine aktive Gegenaufklärung betreibt, indem sie für sie negative Forschungsergebnisse in Zweifel zieht oder sogar Forscher für ihre Zwecke beauftragt, ist gerade für Deutschland gut dokumentiert [5] [6] [7] [8] [9].

Insofern ist der ethische Kodex der DGP zur Ablehnung von Tabakindustriegeldern für die pneumologische Forschung [1] gut begründet. Folgerichtig ist, dass für den Fall z. B. von Mitwirkung an Veranstaltungen der Tabakindustrie oder dritter, die von der Tabakindustrie unterstützt werden, Sanktionen bis zum Ausschluss aus der Gesellschaft möglich sein müssen. Uns ist unklar, was hierbei „den fatalen Eindruck der Verfolgung Andersdenkender in dunkler Zeit” erwecken soll.

Die Forderung nach Offenlegung finanzieller Verbindungen zur Tabakindustrie, wozu auch der Aktienbesitz einschließlich des Ehepartners gehört, wird nicht nur vom „European Respiratory Journal” [10] unter „Conflicts of interest” aufgeführt, sondern gilt praktisch für alle international erscheinenden wissenschaftlichen Zeitschriften in der Medizin. Warum sollte die Zeitschrift „Pneumologie”, Organ der DGP, nicht auch diese Regelungen übernehmen, die nicht aus Spaß (und „Gesinnungsschnüffelei”), sondern wegen negativer Erfahrungen aufgestellt worden sind. Der Forderung nach Offenlegung von finanziellen oder sonstigen Verbindungen, z. B. mit der Pharmaindustrie, ist daher bei entsprechendem Themen voll zuzustimmen.

Literatur

  • 1 Raupach T, Nowack D, Hering T. et al . Rauchen und pneumologische Erkrankungen, positive Effekte der Tabakentwöhnung.  Pneumologie. 2007;  61 11-14
  • 2 Smoke Free Partnership .Lifting the smokescreen - 10 reasons for a smoke free Europe. ERSJ Ltd 2006: 1-146 (www.ersnet.org)
  • 3 Raupach T, Batzing S, Wiebel F. et al . Misleading information on smoking in German medical textbooks.  Dtsch Med Wochenschr. 2007;  132 261-264
  • 4 Raupach T, Schafer K, Konstantinides S. et al . Secondhand smoke as an acute threat for the cardiovascular system: a change in paradigm.  Eur Heart J. 2006;  27 386-397
  • 5 Hirshhorn N. Shameful science: Four decades of the German tobacco industry's hidden research on smoking and health.  Tob Control. 2000;  9 242-248
  • 6 Bornhäuser A, McCarthy J, Glantz S A. German tobacco industyŽs successful efforts to maintain scientific and political respectability to prevent regulation of seconhand smoke. Tob Control 2006: 15e1
  • 7 Grüning T, Gilmore A B, McKee M. Tobacco industry influence on science and scientists in Germany.  Am J Pub Health. 2006;  96 21-32
  • 8 Francis J A, Shea A M, Samet J. Challenging the epidemiologic evidence on passive smoking: tactics of tobacco industry expert witnesses.  Tob Control. 2006;  15 (Suppl IV) iv68-iv76
  • 9 Milberger S, Davis R M, Douglas C E. et al . Tobacco manufacturers' defence against plaintiffs' claims of cancer causation: throwing mud at the wall and hoping some of it will stick.  Tob Control. 2006;  15 (Suppl IV) iv17-iv26
  • 10 European Respiratory Journal .Instructions to Authors. www.erj.ers-journals.com

Prof. Dr. S. Andreas
Prof. Dr. R. Loddenkemper
Prof. Dr. M. Pfeifer

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