CC BY-NC-ND 4.0 · Laryngorhinootologie 2023; 102(07): 504-511
DOI: 10.1055/a-1953-7424
Originalarbeit

Webinare für HNO-Fachärzte in Deutschland während der Lockdown-Phase der COVID-19-Pandemie 2020/2021

Webinars for ENT specialists in Germany during the Lockdown phase of the COVID-19 pandemic 2020/2021
1   HNO-Gemeinschaftspraxis Main-Taunus-Zentrum, Sulzbach, Germany
,
2   HNO, Praxis, Bad Bramstedt, Germany
› Institutsangaben
 

Zusammenfassung

Einleitung Webinare waren während der COVID-19-Pandemie eine der wenigen Möglichkeiten, CME-Fortbildungen auch für HNO-Fachärzte weiterhin einer großen Mehrheit zugänglich zu machen. Die Erfahrungen zur Qualität dieser digitalen Bildungsform sind aber noch gering.

Methodik In dieser Studie wurden 6 Webinare (November 2020 bis Mai 2021, Provider Zoom) für HNO-Fachärzte in Deutschland evaluiert, die während des zweiten Lockdowns (Januar bis März 2021) stattfanden. Die Qualitätskontrolle wurde von Teilnehmern und Referenten anhand spezieller Qualitätsfragen durchgeführt. Für die Bewertung wurden Schulnoten (1–6) benutzt. Die Antworten wurden statistisch ausgewertet.

Ergebnisse An den 6 Webinaren nahmen im Durchschnitt 1108 Zuhörer teil. Die Umfragen beantworteten im Mittel 330 HNO-Ärzte. Der Rücklauf der Fragebogen durch die Teilnehmer betrug 30,2%, bei den Referenten 100%. 8 der 9 gestellten Teilnehmerfragen wurden besser als mit der Schulnote 2,0 bewertet. Die Referenten benötigten für die Vorbereitung durchschnittlich 12,8 Stunden. Die Kosten pro Webinar betrugen ca. 3,50€.

Schlussfolgerungen Webinare sind eine effektive und beliebte Form der Fortbildung von HNO-Fachärzten in Deutschland. Sie können zügig und für eine große Teilnehmerzahl organisiert werden, sind kostengünstig und umweltfreundlich. Webinare könnten künftig einen höheren Stellenwert in der CME-Fortbildung einnehmen.


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Abstract

Introduction During the COVID-19 pandemic, webinars are one of the few opportunities to continue CME training to a large majority of ENT doctors. However, experiences with the quality of this digital form of education is still limited.

Methodology In this study, six webinars for ENT specialists during the second lockdown in Germany (January to March 2021, provider Zoom) were evaluated. The quality control was performed by participants and speakers using special quality questions. School grades (1–6) were used for the evaluation. Answers were statistically evaluated.

Results On average, 1108 participants attended the six webinars. 330 ENT doctors answered the surveys. The return of the questionnaires was 30.2%, that of the speakers 100%. Eight of the nine questions asked received school grades better than 2.0 on average. The speakers needed an average of 12.8 hours to prepare the webinar. The cost per webinar was about 3.50 €.

Conclusions Webinars have become an effective form of CME-training for ENT doctors in Germany. They can be organized quickly for a large number of participants, are less expensive and environmentally benefical. Webinars might have an important place in CME-training in the future.


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Einleitung

Das E-Learning (elektronisches Lernen, electronic learning) hat seit der Entwicklung digitaler Technologien wie Computer, Smartphones und Tablets und dem Zugang zum World Wide Web (www) eine ständige Weiterentwicklung durch technische Veränderungen erfahren [1]. E-Learning wird heute in allen Bildungsbereichen, in der Schule, im Studium, der Facharztausbildung (Weiterbildung) sowie der lebenslangen Fortbildung im Arztberuf (continuing medical education, CME), aber auch in anderen Berufszweigen (continuing professional development, CPD), genutzt. In diesem Entwicklungsprozess haben sich in den letzten Jahren eine Vielzahl weiterer digital gestützter Bildungsprozesse kontinuierlich weiterentwickelt ([Abb. 1]). Konventionelle Lehr- und Lernformate mit physischer Präsenz (z.B. Frontalunterricht bei Seminaren, Kongresse) mussten mit dem plötzlichen Beginn der COVID-19-Pandemie im Frühjahr des Jahres 2020 durch E-Learning ersetzt werden. Online-Lernformen in Echtzeit wie Webinare waren eine Alternative, da sie sich kurzfristig organisieren lassen und eine hohe Teilnehmerzahl erreichen. Sie erfordern jedoch Kompetenzen in der Organisation sowie eine inhaltliche, methodisch bzw. digital-didaktisch abgestimmte Vorgehensweise [1]. Die Erfahrungen über die Effizienz ausschließlich online strukturierter digitaler Bildungsformate im Gegensatz zur Präsenzveranstaltung in der Fort- und Weiterbildung von Ärzten sind noch gering. Bis zum Beginn der COVID-19-Pandemie finden sich nur wenige Publikationen, die über Webinare in der Facharztweiterbildung sowie in der Fortbildung von Fachärzten mit geringer Teilnehmerzahl berichten [2] [3] [4].

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Abb. 1 Auswahl zentraler Begriffe, Lern- und Lehrszenarien im Rahmen der digitalen Bildung.

Die Deutsche Fortbildungsgesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte mbH führt seit dem Jahr 2014 regelmäßig Webinare durch. Mit dem Beginn der COVID-19-Pandemie haben wir auf unsere Erfahrungen zurückgegriffen und veranstalteten in ca. 14-tägigem Rhythmus CME-zertifizierte Webinare mit einer Dauer von 3 Unterrichtseinheiten (3×45min ohne Unterbrechung). Im Ergebnis einer ersten Evaluierung der Webinare des Jahres 2020 (im Jahre 2020 im Durchschnitt 780 Teilnehmer pro Webinar bei n=20 Webinaren) zeigte sich eine hohe Akzeptanz und Zufriedenheit aus Sicht der Lernenden [5]. Keine Informationen lagen jedoch aus der Sicht der Referenten vor. Die Auswertungen zeigten Verbesserungsmöglichkeiten bei der technischen Übertragungsqualität [5]. Weiterhin musste aufgrund des zweiten Lockdowns und der damit einhergehenden gestiegenen Nachfrage eine größere Anzahl von Teilnehmern erreicht werden (>1000). Daher erfolgte im Jahr 2021 ein Wechsel des Providers von GoToWebinar zu Zoom.

Ziel dieser Arbeit war es, die Qualität von mehreren Webinaren einzuschätzen, die in der Zeit des zweiten Lockdowns der COVID-19-Pandemie 2021 stattfanden. Dabei sollten Aspekte aus der Sicht der Lernenden, aber auch die Sicht der Lehrenden berücksichtigt werden.


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Methodik

Zeitraum, Thematik, Provider

Im Zeitraum von Januar bis März 2021, während des zweiten Lockdowns der COVID-19-Pandemie, führte die Deutsche Fortbildungsgesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte mbH für die Mitglieder des Deutschen Berufsverbandes der Hals-Nasen-Ohrenärzte e.V. 6 HNO-Webinare mit dem Anbieter Zoom durch. Die Dauer der Fortbildung betrug 135min (3×45min, 3 Unterrichtseinheiten ohne Pause) ([Tab. 1]). Die Grundsätze der Deklaration von Helsinki (2013) wurden in dieser Arbeit berücksichtigt.

Tab. 1 Webinar (W) mit Zeitpunkt und Thematik.

Webinar

Datum

Thematik

W1

21.01.2021

akute Rhinosinusitis, Epistaxis

W2

28.01.2021

einseitige Nasennebenhöhlenerkrankungen

W3

11.02.2021

Begutachtung Traumatologie

W4

25.02.2021

Begutachtung von Hörstörungen und Schwindel

W5

11.03.2021

Allergologie

W6

25.03.2021

Hörsturz


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Zertifizierung, Interessenkonflikte

Die Zertifizierung der Webinare erfolgte seitens der Ärztekammer (jeweils 4 CME-Fortbildungspunkte, Kategorie A).

Die Referenten mussten alle Interessenkonflikte zu Beginn der Veranstaltung offenlegen. Ein Sponsoring oder eine Werbung für Produkte oder Institutionen waren nicht vorgesehen. Firmen- und Produktnamen in Präsentationen sollten geschwärzt werden.


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Organisation und Ablauf

Die Einladung der Teilnehmer zu einem Webinar erfolgte eine Woche vor Beginn der Veranstaltung mittels E-Mail. Diese E-Mail beinhaltete alle organisatorischen Details (Thematik, Referent, Moderator, technische und organisatorische Leitung bzw. Dauer des Webinars) sowie einen Registrierungslink. Es wurden 3 Erinnerungsmails, letztmalig am Tag des Webinars, versendet.

Die organisatorisch-inhaltliche Planung der Webinare erfolgte durch einen Moderator und den organisatorisch-technischen Leiter (Regie). Die Referenten und Vortragsinhalte wurden ca. 4–8 Wochen zuvor geplant. Vorschläge der Webinar-Teilnehmer zum Inhalt und zum Ablauf (freie Frage im Rahmen der Evaluierung) wurden berücksichtigt.

Am Tag vor dem Webinar hielten Referent, Moderator und Regisseur ein ca. 30–60-minütiges Probe-Webinar ab. Ziele dieses Probelaufs waren eine ausführliche Diskussion digital-didaktischer, methodischer Elemente und technischer Fragen (Auswertung der CME-Fragen, Diskussion, Beantwortung von Anfragen der Teilnehmer aus dem Chat, Zuschaltung der Teilnehmer) sowie Strategien der Fehlerbehebung. Software- und Hardwarekompatibilität sowie -funktionalität wurden geprüft und die Präsentation (Videodemonstration, CME-Fragen usw.) getestet. Die Teilnehmer hatten vorab die Möglichkeit, interessante Fragen oder Fälle an den Moderator zu senden. Auch im Nachhinein konnten Fragen per E-Mail an den Referenten gestellt werden. Jedes Webinar wurde aufgezeichnet und auf der Homepage der Deutschen Fortbildungsgesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte mbH zum Nacharbeiten öffentlich zugänglich zur Verfügung gestellt. Das Einverständnis aller Akteure hierfür musste vorliegen. Jedes Webinar war über Computer, Tablet und Smartphone zugänglich.

Das Webinar begann mit einer kurzen Einführung des Moderators, der Vorstellung des Referenten mit einem kurzen einführenden, zusammenfassenden Überblick über das Thema sowie Kommentaren des technisch-organisatorischen Leiters (Regie) zum Organisationsprozess, zur Zertifizierung und einem Ausblick über geplante Webinare und technische Besonderheiten sowie Anmerkungen zur Fehlerbehebung. Die Teilnehmer hatten die Möglichkeit, über einen Chat Fragen zu stellen sowie bei technischen und inhaltlichen Problemen jederzeit bei der Regie nachzufragen oder Anregungen zur Verbesserung zu machen. Interessante fachliche Fragen wurden vom Moderator aufgegriffen und an den Referenten zur interaktiven Diskussion weitergeleitet. Die Lernerfolgskontrolle fand während des Webinars nach einzelnen Themenkomplexen in ca. 15-minütigen Abständen statt. Die Ergebnisse wurden sofort ausgewertet, präsentiert und seitens der Referenten diskutiert. Referent, Moderator und Regisseur konnten über Chat oder Telefon in Kontakt treten. Die Teilnehmer hatten außerdem die Möglichkeit sich zuzuschalten, um Fragen an den Referenten zu stellen. Der Referent erhielt kontinuierlich eine Rückkopplung seitens der Regie über die Bild- und Tonqualität sowie die Präsentation.


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Evaluierung der Teilnehmer und Referenten

Am Ende eines Webinars wurde jeweils eine freiwillige Evaluierung seitens der Teilnehmer und des Referenten durchgeführt. Für die Evaluierung von Teilnehmern und Referenten wurden modifizierte Qualitätsfragen in Anlehnung an den SEEQ (Student Evaluation of Educational Quality) -Fragebogen verwendet (siehe Tab. 2 und Tab. 3 im Online-Supplement) [6]. Die Bewertung erfolgte mit Schulnoten (1–6) bzw. freien Antworten.

Die Qualitätskontrolle bei den Teilnehmern erfolgte unmittelbar nach dem Webinar mithilfe einer Umfrage- und Analysesoftware (Survey-Monkey). Der Zugang zur Evaluierung durch die Teilnehmer erfolgte über einen QR-Code (nach dem Webinar für das Smartphone eingeblendet) bzw. einen Weblink, welcher per E-Mail an die Teilnehmer geschickt wurde und bis zu 4 Tage nach dem Webinar geöffnet war. Die Teilnahme war freiwillig und anonym. Die Referenten erhielten die Qualitätsfragen nach dem Webinar per E-Mail.


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Kostenkalkulation

Die Kostenkalkulation beinhaltete die Buchung des Providers Zoom (Jahreslizenz für mehr als 1000 Teilnehmer ca. 260€ pro Monat), die CME-Zertifizierung durch die Ärztekammer, den Mailversand, die Website-Pflege, den Personalaufwand, den Versand der Zertifikate sowie eine Aufwandsentschädigung für die Referenten.


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Statistische Auswertung

Die statistischen Analysen wurden mit der Software SPSS für Windows V.26.0 sowie Microsoft Office (Excel, Microsoft 365) durchgeführt. Es erfolgte eine Kalkulation mit Mittelwert, Median und Standardabweichung (SD). Die Anzahl der Teilnehmer wurde aus dem Statistiktool des Webinar-Providers Zoom ermittelt.


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Ergebnisse

Teilnehmer und Rücklauf der Evaluierungen

Im Durchschnitt nahmen an den 6 Webinaren 1108 Zuhörer teil (Median 1106; SD 140,7). Die meisten Teilnehmer (n=1374) nahmen am Webinar 6 („Hörsturz“) teil, die geringste Teilnehmerzahl (n=905) wurde beim Webinar 3 („Begutachtung Traumatologie“) ermittelt.

Die Umfragen beantworteten im Durchschnitt 330 Ärzte (Median 324; SD 32). Der Rücklauf der Fragebogen bei den Teilnehmern betrug 30,2% (Median 30,6%; SD 4,6), bei den Referenten 100% ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Teilnehmer des Webinars (orange) und anteilige Teilnehmer an der Umfrage (blau).

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Evaluation durch die Teilnehmer

Acht der 9 gestellten Fragen (Fragen 1–5, 7–9) wurden im Mittel mit Schulnoten bewertet, die besser als 2,0 waren. Am besten wurde die „Organisation“ (Frage 1: „Wie beurteilen Sie die Organisation des Webinars insgesamt?“) beurteilt (Mittelwert Note 1,4; Median 1,0; SD 0,7). Als einzige Frage wurde Frage 6 („Wie bewerten Sie die Interaktionsmöglichkeiten während des Webinars?“) mit einem Durchschnitt von mehr als 2,0 (Note 2,1; Median 2,0; SD 1,0) eingeschätzt ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Durchschnittliche Bewertung der Fragen 1–9 durch die Teilnehmer.

Die Bewertung der technischen Übertragungsqualität (Frage 3: „Wie schätzen Sie die technische Übertragungsqualität des Webinars insgesamt ein?“) ergab einen Notendurchschnitt von 1,7 (Median 2,0; SD 0,8).

Die technische Übertragungsqualität zeigte nur geringe Schwankungen zwischen den einzelnen Webinaren ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Beantwortung der Frage 3 (Bewertung der technischen Übertragungsqualität der Webinare).

Bei der Beantwortung der freien Frage (10) wurden detaillierte Verbesserungsmöglichkeiten gemacht, die sich auf die Organisation, die Methodik und die Interaktion bezogen, sowie Vorschläge für die Thematik, die Länge und die inhaltliche Gestaltung.


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Evaluierung durch die Referenten

Am besten wurde die technische Übertragungsqualität benotet (Frage 2: „Wie war die technische Übertragungsqualität des Webinars insgesamt?“, Mittelwert und Median 1,0). Die Interaktionsmöglichkeiten aus Sicht der Referenten (Frage 6: „Wie schätzen Sie die im Webinar angebotenen Interaktionsmöglichkeiten ein?“) wurden mit der Schulnote 3,0 bewertet (Median 3,0; SD 0,6) ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Ergebnisse der Umfrage an die Referenten.

Der Vergleich eines Webinars mit einem Frontalvortrag (Frage 3: „Wie schätzen Sie ein Webinar im Vergleich mit einem Frontalvortrag ein?“) fiel zu Ungunsten der Webinare aus.

Das Ergebnis der Frage 5 („Wie hoch war der zeitliche Aufwand in Stunden für die Vorbereitung und Nachbereitung des Webinars insgesamt?“) zeigt, dass die Referenten für den Vortrag durchschnittlich 12,8 Stunden Vorbereitungszeit (Median 10; SD 5,5) benötigten.


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Kostenkalkulation

Die Kostenkalkulation beinhaltete die Buchung des Providers Zoom (Jahreslizenz für mehr als 1000 Teilnehmer ca. 260€ pro Monat). Weitere Kosten entstanden für die Beantragung der Zertifizierung bei der Ärztekammer, die Einladungen (E-Mail-Versand), die Website-Pflege, das Büromaterial, den Personalaufwand, die Aufwandsentschädigung für die Referenten, Personalkosten und den Versand der Zertifikate ([Abb. 6]). Insgesamt können die ermittelten Kosten pro Teilnehmer und Webinar auf ca. 3,50€ geschätzt werden.

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Abb. 6 Kostenstruktur pro Webinar.

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Diskussion

Digitale Bildungsszenarien haben in der COVID-19-Pandemie erheblich an Bedeutung gewonnen. Webinare waren vor allem während der Lockdown-Phasen der COVID-19-Pandemie eine Alternative für die CME-Fortbildung von HNO-Ärzten in Deutschland. Die Ergebnisse zeigen, dass bei Webinaren mit mehr als 1000 Teilnehmern mit dem Provider Zoom eine gute technische Übertragungsqualität gewährleistet werden kann. Es kann vermutet werden, dass die hohe Anzahl der Teilnehmer (im Mittel n=1108) durch die strengeren Kontaktrestriktionen während des Lockdowns zustande kam. Damit wurde die Teilnehmerzahl des Jahres 2021 übertroffen (n=20 Webinare, im Durchschnitt n=780 Teilnehmer) [5]. Der ermittelte Notendurchschnitt von 1,7 bezüglich der technischen Übertragungsqualität mit dem Provider Zoom war besser als die Ergebnisse in einer früheren Studie mit dem Anbieter GoToWebinar [5].

Die Ergebnisse zeigen auch, dass bestehende Erfahrungen und eine sorgfältige vorherige Organisation mit technischen, inhaltlichen und digital-didaktischen Elementen alle hier evaluierten Qualitätsfragen positiv beeinflussen können. Die Organisationsstruktur mit Regie, Moderation und Referent hat sich bewährt. Anregungen zur Verbesserung wurden genutzt, um eine permanente qualitative Verbesserung zu erreichen. Interaktive Elemente, wie die Präsentation der Lernerfolgskontrollen mit anschließender Auswertung und Diskussion, die Möglichkeit, in einem Chat Fragen stellen zu können, und die Zuschaltung von Teilnehmern zur Diskussion mit dem Referenten, wurden frühzeitig in die digital-didaktisch-methodische Konzeption des Webinars aufgenommen und permanent weiterentwickelt [5]. Die Ergebnisse zeigen jedoch auch, dass das Element „Interaktion“ sowohl von den Teilnehmern als auch seitens der Referenten ein Verbesserungspotenzial beinhaltet. Das zeigt, dass trotz hoher Akzeptanz eine intensive personelle Kommunikation, Nähe und Interaktion nicht nur ein Grundbedürfnis von Fortbildungsveranstaltungen ist, welches mit Webinaren nicht vollständig befriedigt werden kann. Der bestehende Lockdown hat möglicherweise zur Beeinflussung des Ergebnisses dieser Frage entscheidend beigetragen.

Für die Referenten war der Gesamteindruck im Vergleich zu einem Frontalvortrag überraschenderweise nicht besser. Dies könnte daran liegen, dass es ungewohnt war, ohne Übung direkt am Computer mit einer Frontkamera und ohne die permanente Beobachtung des Auditoriums zu referieren. Der direkte, nonverbale Kontakt zu den Teilnehmern, der z.B. für die Einschätzung der Aufmerksamkeit des Auditoriums erforderlich ist, fehlt bei einem Webinar. Weiterhin hat der Referent keine fortlaufende Information über die Qualität von Audio- und Bildqualität.

Überraschend war der zeitliche Aufwand von 12,8 Stunden, der seitens der Referenten für die Vorbereitung des Webinars benötigt wurde. Das bedeutet, dass etwas mehr als das 4-Fache der Dauer eines Webinars für die Vorbereitung erforderlich war. Der tatsächliche Zeitaufwand könnte noch höher sein, da im vorliegenden Fall Spezialisten über ein ihnen bekanntes Thema referierten und Details der Vorbereitung (Probe-Webinar, Absprachen) nicht in die Bewertung einbezogen wurden.

Die Zufriedenheit der Teilnehmer mit der Organisation des Webinars, aber auch mit der Qualität der Wissensvermittlung durch den Referenten war in dieser Arbeit hoch. Auch in anderen Studien, die während der COVID-19-Pandemie entstanden, konnte eine hohe Gesamtzufriedenheit der Teilnehmer ermittelt werden [7] [8] [9].

Die besondere Situation des Lockdowns könnte die Ergebnisse der Qualitätsfragen beeinflusst haben [5]. Weiterhin könnte die anonyme Datenerhebung der Teilnehmer zu einer Verzerrung der Ergebnisstruktur dieser Studie geführt haben. Es ist nicht bekannt, ob Teilnehmer an mehreren Webinaren teilgenommen haben oder nur an einem Teil und ob dies die Beantwortung der Fragen signifikant verändert hätte.

Die COVID-19-Pandemie hat die Erfahrung mit digitalen Bildungsstrukturen stark beschleunigt. In einer früheren Arbeit gab eine hohe Anzahl von Teilnehmern an, dass Webinare als Bildungsszenarium nach der Pandemie vordergründig bzw. ergänzend für die CME-Fortbildung von HNO-Fachärzten in Deutschland angeboten werden sollten [5]. Webinare sind damit zügig zu einer beliebten, akzeptierten und effektiven Bildungsform in der Fortbildung von Fachärzten in Deutschland geworden. Webinare lassen sich kurzfristig für eine große Teilnehmerzahl organisieren. Der organisatorische Aufwand bedarf einer detaillierten digital-didaktischen und methodischen Erfahrung sowie einer sorgfältigen Vorbereitung durch das Organisationsteam gemeinsam mit den Referenten. Die geringen Kosten pro Teilnehmer machen Webinare auch zu einer nachhaltigen und umweltfreundlichen Form der Wissensvermittlung.

Fazit

Webinare sind durch die COVID-19-Pandemie zu einer effektiven, beliebten, qualitativ hochwertigen und etablierten Form der CME-Fortbildung von HNO-Fachärzten in Deutschland geworden. Sie können für eine hohe Teilnehmerzahl mit guter technischer Übertragungsqualität abgehalten werden. Webinare erfordern eine sorgfältige Organisation und didaktisch-methodische Vorbereitung. Interaktive Elemente müssen bei jeder Webinar-Planung berücksichtigt werden. Eine Evaluierung mit Einbeziehung von Teilnehmern und Referenten ist wichtig, um die Qualität der Wissensvermittlung ständig zu verbessern.


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Interessenkonflikt

Die Autorinnen/Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Zusatzmaterial


Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. habil. Leif Erik Walther
HNO-Gemeinschaftspraxis Main-Taunus-Zentrum
Sulzbach
Germany   

Publikationsverlauf

Eingereicht: 25. August 2022

Angenommen nach Revision: 20. September 2022

Artikel online veröffentlicht:
10. Januar 2023

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Abb. 1 Auswahl zentraler Begriffe, Lern- und Lehrszenarien im Rahmen der digitalen Bildung.
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Abb. 2 Teilnehmer des Webinars (orange) und anteilige Teilnehmer an der Umfrage (blau).
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Abb. 3 Durchschnittliche Bewertung der Fragen 1–9 durch die Teilnehmer.
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Abb. 4 Beantwortung der Frage 3 (Bewertung der technischen Übertragungsqualität der Webinare).
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Abb. 5 Ergebnisse der Umfrage an die Referenten.
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Abb. 6 Kostenstruktur pro Webinar.