Laryngorhinootologie 2023; 102(09): 688-692
DOI: 10.1055/a-2113-2599
Gutachten und Recht

Aus der Gutachtenpraxis: Anwesenheit Dritter bei der Begutachtung – Anmerkungen zum BSG-Urteil vom 27.10.2022[1]

From the Expertsʼs Office: Presence of third parties during the expert’s clinical assessment – Comments on the german federal social court judgment from 10/27/2022
Thiemo Kurzweg
1   HNO-Facharzt, HNO-Praxis Eidelstedter Platz, Hamburg
,
Tilman Brusis
2   HNO-Facharzt, Institut für Begutachtung, Köln
,
Stefan Bultmann
3   Richter am Sozialgericht, Sozialgericht Hamburg
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Im gutachterlichen Alltag psychiatrischer, aber auch somatischer Fächer kommt es im Rahmen der Begutachtung vor, dass Probanden eine Vertrauensperson zur Untersuchung mitbringen. Während einige Gutachter Begleitpersonen zulassen und sogar als hilfreich empfinden, lehnen andere Sachverständige die Anwesenheit von Dritten in der Begutachtungssituation grundsätzlich ab.

Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem aktuellen Urteil entschieden, dass die Anwesenheit einer Begleitperson grundsätzlich zulässig ist, und eröffnet eine praktisch relevante Diskussion für den Alltag von Sachverständigen und Gerichten. Es soll aufgezeigt werden, dass der Entscheidung nur bedingt gefolgt werden kann und weiterhin der Sachverständige die Entscheidungskompetenz darüber haben muss, ob er eine Begleitperson zulässt. Die Begutachtungssituation stellt nur die Vorbereitungshandlung zum Beweismittel „Gutachten“ dar, sodass die Grundsätze über prozessuale Handlungen „vor dem Richter“ gerade nicht uneingeschränkt gelten können.

1 BSG, Urteil vom 27.10.2022 – B 9 SB 1/20 R –, BSGE (vorgesehen), SozR 4 (vorgesehen), in Juris.




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Article published online:
01 September 2023

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