Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2011; 7(1): 35
DOI: 10.1055/s-0031-1276652
Erwiderung zum Kommentar

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Erwiderung zum Kommentar – Erwiderung zum Kommentar von T. Kühn zum Beitrag "Operative axilläre Diagnostik beim DCIS – Sonderauswertung der BQS-Daten 2008" in Senologie 2010; 7: 223

K.-J. Winzer, W. Schleiz
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Publication Date:
04 April 2011 (online)

 

Herr Kollege Kühn kommentiert zunächst die von uns aufgezeigten Mängel der derzeitigen Erfassungspraxis der Daten zur Qualitätssicherung korrekt. Aus klinischer Sicht sei aber angemerkt, dass trotz der normalerweise üblichen Anpassungen im Rahmen der Sitzungen der Fachgruppen dies bei dieser Problematik weder unter der Verantwortung der damaligen BQS (Bundesgeschäftsstelle Qualitätssicherung gGmbH) noch unter dem jetzt verantwortlichen AQUA-Institut geschehen ist. Offensichtlich scheut man wegen der gesetzlich vorgeschriebenen Ausschreibungen im öffentlichen Dienst nur eine Firma zu beauftragen, wodurch aber ökonomischer und bei entsprechender Kontrolle auch qualitativ besser programmiert werden könnte.

Die nicht leicht lesbaren Passagen waren der Problematik angemessenen korrekten Darstellung geschuldet und daher hat Herr Kollege Kühn in der Datenlage einen wesentlichen Aspekt übersehen, die ihn zu der Aussage führte, dass "in 35,5 % der Fälle ein operatives Staging durchgeführt" wurde. Da man aber von allen Stanzen mit der Histologie "DCIS" ausgehen muss, muss man die 19,7 % (883/4 481) [In der Originalpublikation waren wir noch von 20,4 % (914/4 481) ausgegangen, mussten aber nach der erneuten Analyse feststellen, dass sich hinter der Kodierung "maligne Neoplasien einschließlich In-situ-Karzinom" in der Tabelle 2 auch 30 LCIS und 1 malignes Lymphom verbargen.] der DCIS-Fälle, die dann bei der definitiven Operation ein invasives Karzinom ergeben hatten und durch die besondere Form der Datenerhebung am Ende nicht unter der DCIS-Auflistung erschienen, hinzuzählen und kommt so auf 45,3 % (2 030/4 481 Fälle) operativer axillärer Diagnostik nach ursprünglicher DCIS-Stanze. In der klinischen Praxis werden vielleicht von den 883 Fällen mit späteren invasiven Karzinomen bei der Erstoperation unter der Kenntnis der Diagnose DCIS primär keine Sentinel-Lymph-Node-Biopsie sondern erst sekundär erhalten. Damit sind auch die 0,43 % (14/3 222 Fälle) mit Lymphknotenbefall relativ, da diese sich nur auf die DCIS-Stanzen beziehen, bei denen auch die endgültige Diagnose ein DCIS war. Von den 883 invasiven Karzinomen mit ursprünglicher Histologie "DCIS" in der Stanze waren in 18,3 % (160) die Lymphknoten Karzinom-infiltriert, was u.a. die erneute Analyse ergab.

Die Zuordnung zum Eingriff (BET vs. Mastektomie) wegen der Konformität zu aktuellen Leitlinien wie von Herrn Kollegen Kühn angeregt, haben wir zum Anlass genommen, die Daten nochmals diesbezüglich zu analysieren. Dabei sei vorangestellt, dass eine Mastektomie bei 212 Fällen bis zu einer Größe von 20 mm, bei 110 Fällen bei einer Größe von 21 bis 39 mm und bei 387 Fällen mit einer Größe von 40 und mehr mm durchgeführt wurde. Für die BET fanden sich entsprechende Fallzahlen von 1 831, 440 und 242. Brusterhaltende Eingriffe blieben in 74,8 % und Mastektomien in 27,6 % ohne eine operative axilläre Diagnostik. Bei den Extremvarianten ergaben sich für die Mastektomie (BET) folgende Anteile für einen fehlenden axillären Eingriff: low grade DCIS bis 20 mm 19/35 (304/370) und high grade DCIS von mindestens 40 mm Größe 23/158 (42/94).

Wegen der Vorgabe zur Datenerfassung erhalten diese Zahlen wiederum nur die "DCIS-Stanzen", bei denen sich auch in der Aufarbeitung der Operationspräparate nur ein DCIS ergab.

Offensichtlich ist dieses Vorgehen teilweise nicht leitlinienkonform. Die Fälle, die von Herrn Kollegen Kühn mit einem "(gefühlt) höheren Risiko für eine okkulte Invasion" charakterisiert werden und daher die Operateure von den Leitlinien abweichen lassen, könnten sogar in der Mehrzahl in den Fällen mit der endgültigen Diagnose "invasives Mammakarzinom" enthalten sein, aber leider auch nur "gefühlt" aufgrund nicht vorhandener Dokumentation der Risikofaktoren (high grade und großer Tumordurchmesser) für eine Invasion.

Nach den damaligen Leitlinien müssten von allen "DCIS-Stanzen" neben den 19,7 % mit einem invasiven Karzinom und von den übrigen 3 222 Fällen die 709 Mastektomien eine operative axilläre Diagnostik erhalten haben. Statt diesen 22,0 % waren es in Wirklichkeit 35,6 % (1 147 Fälle) nach offensichtlich gefühlter Indikation. Wie schon oben angedeutet wissen wir bei den 19,7 % invasiven Karzinomen mit ursprünglicher Stanzdiagnose "DCIS" nicht, ob sie primär einen axillären Eingriff hatten, aber auch in Unkenntnis der präoperativ geschätzten maximalen Größe nicht, ob eine Mastektomie indiziert gewesen wäre. Von diesen 883 Fällen (Brustbögen) mit einem invasiven Karzinom erhielten 344 eine Mastektomie (davon 19 auf Wunsch der Patientin trotz erfüllter Kriterien für eine BET) und 539 eine BET (davon 3 trotz nicht erfüllter Kriterien zur BET).

Wir können dem Vorschlag von Herrn Kollegen Kühn zustimmen, dass die Indikation zur primären Sentinel-Lymph-Node-Biopsy beim DCIS neben der Mastektomie auch bei operativer Durchtrennung der relevanten Lymphabflusswege besteht.

Die immer noch fehlende sektorübergreifende Qualitätsicherung verhindert die Nachverfolgung der DCIS-Fälle ohne axillären Eingriff. Ebenso schließt das nicht kodierte Grading eines DCIS einer Stanzbiopsiediagnose bei einem invasiven Karzinom die Auswertung dieses Risikofaktors aus. Diese offenen Fragen sollten in spätere Auswertungen eingehen, um in einer erneuten Leitliniendiskussion zur Sprache zu kommen.

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