Handchir Mikrochir Plast Chir 2013; 45(05): 285-286
DOI: 10.1055/s-0033-1355377
Kommentar
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kommentar zur Arbeit: „Auswirkungen einer intraartikulären Substitutions­therapie mit Hyaluronsäure im Rahmen handgelenks­arthroskopischer Operationen. Eine randomisierte, kontrollierte, prospektive, unverblindete, monozentrische Vergleichsstudie“ von A. Schütz und P. Dobner

Commentary on “Effect of Wrist Arthroscopy with Intraarticular Hyaluronan Substitution Therapy: A Randomised, Controlled, Prospective, Non-Blinded, Single-Centre, Comparative Trail” by A. Schütz and P. Dobner
B. Bickert
1   Klinik für Hand-, Plastische und Rekonstruktive Chirurgie, BG - Unfallklinik Ludwigshafen, Ludwigshafen
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Publikationsverlauf

eingereicht 28. August 2013

akzeptiert 28. August 2013

Publikationsdatum:
02. Oktober 2013 (online)

Hyaluronsäure (oder Hyaluronan) wird in Deutschland nicht als Arzneimittel, sondern als ein (vor allem physikalisch wirksames) Medizinprodukt angesehen. In Gelenke injiziert, erhöht sich kurzfristig der Hyaluronsäureanteil der Syno­via, was als Viskosupplementation bezeichnet wird. Arzneimittelähnliche Medizinprodukte können vom Gemeinsamen Bundesausschuss in die Positivliste der verordnungsfähigen Medizinprodukte aufgenommen und ihre Kosten dann auch von den Gesetzlichen Krankenkassen getragen werden. Anders als für Arzneimittel werden die Gründe für Aufnahme oder Ablehnung eines Medizinprodukts nicht veröffentlicht. Hyaluronsäure wurde bisher nicht als verordnungsfähiges Medizinprodukt eingestuft [1]. Ihre Wirksamkeit ist seit vielen Jahren vehement umstritten. Die Befürworter sehen immer wieder vor allem die Notwendigkeit weiterer Studien, die die Wirksamkeit dann schließlich belegen sollen [2].

Die hier vom Orthopäden Dr. med. A. Schütz und der Chemikerin Frau Dr. P. Dobner, einer Führungskraft der Herstellerfirma von Hyaluronsäurepräparaten, TRB Chemedica, vorgelegte Studie erhebt den Anspruch, die Wirksamkeit von Hyaluronsäureinjektionen im Rahmen der Hand­gelenksarthroskopie erbracht zu haben. Sind die Daten überzeugend?

Tierexperimente, die 1978 in russischer Sprache veröffentlicht wurden und laut englischem Abstract ergeben hatten, dass die Bildung normaler Gelenkflüssigkeit in leergesogenen Ziegengelenken 4 Tage in Anspruch nimmt [3], werden zum Anlass genommen, am Ende einer Handgelenksarthroskopie den wichtigsten Bestandteil der Synovia, Hyaluronsäure, intraartikulär zu substituieren bzw. in der Vergleichsgruppe darauf zu verzichten. 3 Wochen später wurde in der Studiengruppe eine weitere intraartikuläre Injektion von 20 mg Hyaluronsäure (Ostenil®) verabreicht, wobei die Ratio hinter dieser zweiten Injektion nicht erläutert wird. Die Indikation zur Hand­gelenksarthroskopie war bei therapieresistenten Beschwerden aus meist degenerativen Ursachen gestellt worden, die u. a. eine arthroskopische Synovialektomie, Diskusdebridement, Shaving, Mikrofrakturierung, Needling, Shrinkage oder Plicazottenresektion erforderten.

Die Ergebnisse fielen in beiden Gruppen ungefähr gleich und insgesamt gut aus, was auf eine einwandfreie Indikationsstellung und arthroskopische Technik hinweist. Die Werte der Hyaluronsäuregruppe waren vielleicht etwas besser als die der Vergleichsgruppe, wobei die Unterschiede jedoch nicht signifikant waren.

Allerdings hatte die Randomisierung 2 Gruppen mit signifikant unterschiedlichen präoperativen Ausgangsdaten generiert, mit deutlich schlechteren Ausgangsbefunden in der späteren Hyaluronsäuregruppe. Deshalb fällt die relative, prozentuale Besserung in der Studiengruppe signifikant höher aus als die relative Besserung in der Vergleichsgruppe. Dies wird als Hinweis auf einen positiven Effekt der Hyaluronsäure statistisch herausgearbeitet.

Den Gemeinsamen Bundesausschuss werden diese Daten sicherlich nicht überzeugen. Wenn eine Randomisierung 2 derart unterschiedliche Gruppen generiert, müsste entweder die Fallzahl gesteigert werden – die hier mit 2×70 Patienten ja eigentlich ausreichend hoch angesetzt war, oder es wäre nach einem eventuellen Bias zu fahnden. Oder die Studie müsste wiederholt werden in der Hoffnung, 2 übereinstimmende Ausgangskollektive zu erhalten. Als Fazit sind also die in beiden Patientengruppen guten arthroskopischen Ergebnisse herauszustellen, während der Nachweis einer Hyaluronsäurewirkung in der angegebenen Indikation meines Erachtens weiterhin aussteht.

Berthold Bickert