Rofo 2015; 187(11): 1038-1039
DOI: 10.1055/s-0034-1399569
The Interesting Case
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Das hyperdense Pulmonaliszeichen – Lungenembolienachweis in der nativen Mehrzeilen-Spiral-CT-Untersuchung des Thorax

E. Levit
,
G. Mühlenbruch
Further Information

Publication History

22 December 2014

12 April 2015

Publication Date:
10 June 2015 (online)

Fallbericht

Eine 72-jährige Patientin wurde mit Verdacht auf eine Gastroenteritis mit Exsikkose auf die geriatrische Normalstation in unserem Haus eingewiesen. Die Patientin befand sich bei der Aufnahme im reduzierten Allgemeinzustand und war schlecht orientiert. Bei der körperlichen Untersuchung wies die Patientin Zeichen einer Exsikkose auf. Thrombosezeichen fanden sich in der initialen Untersuchung nicht. Der Herz-, Lungen- und Abdomenbefund waren unauffällig.

Einen Tag später entwickelte die Patientin eine plötzliche Dyspnoe, Tachypnoe, arterielle Hypertonie und eine AZ-Verschlechterung. Bei Verdacht auf eine zentrale Lungenarterienembolie wurde die Patientin auf die Intensivstation verlegt. Laborchemisch zeigte sich dort eine Erhöhung der D-Dimere (Wert: 4,58 mg/l FEU [fibrinogen equivalent units], Normwert < 0,55 mg/l FEU) und des Troponins (0,70 ng/ml, Normwert < 0,04 ng/ml). In der BGA wurden eine diskrete Hypokapnie (PCO2 31 mmHg) und eine Hypoxie (PO2 65 mmHg unter 4 Liter Sauerstoff) nachgewiesen. In der Echokardiografie zeigten sich normgroße linke Herzhöhlen bei jedoch dilatierten und hypokinetischen rechten Herzhöhlen mit Akinesie des Ventrikelseptums. Die A. pulmonalis war dilatiert. Des Weiteren wurde eine schwere Trikuspidalinsuffizienz nachgewiesen. Der pulmonalarterielle Druck war mit 48 mmHg deutlich erhöht (Normwert 21 – 24 mmHg). Zur weiteren Diagnostik wurde eine CT-Angiografie (CTA) der Pulmonalarterien angestrebt. Bei einem akuten prärenalen Nierenversagen (bedingt durch Exsikkose und nun auch Diarrhö, Kreatininwert: 2,39 mg/dl, eGFR: 20 ml/min) wurde nach Rücksprache mit den behandelnden Kollegen auf die Kontrastmittelgabe verzichtet und die CT-Thoraxuntersuchung nativ durchgeführt, um eventuelle andere thorakale Differenzialdiagnosen auszuschließen. Die Untersuchung erfolgte an einem 40-Zeiler-Gerät mit folgenden Akquisitions- und Rekonstruktionsparametern: Röhrenspannung 120 kV, Röhrenstrom 180 mA, Kollimation 40 × 0,625 mm, Schichtdicke 5 mm, Inkrement 0,4 mm, Weichteilfenster (L: 50, W: 350). Hier zeigte sich im Truncus pulmonalis eine über der Pulmonalisbifurkation „reitende“ bandförmige Dichteanhebung mit Fortsetzung in beide Pulmonalarterien, die als ein hochgradiger Verdacht auf eine zentrale Lungenarterienembolie gewertet wurde ([Abb. 1]). Des Weiteren waren ein rechtsseitiger Pleuraerguss und ein Infiltrat im rechten Oberlappen nachweisbar. Aufgrund der Kreislaufstabilität, einer eingebluteten Nierenzyste und einer Anämie (Laborparameter bei der Aufnahme: Hämoglobin: 8,8 g/dl [Normwert: 12,0 – 16,0 g/dl], Erythrozyten 3,39 10^6/μl [Normwert: 4,2 – 5,4 10^6/μl], Hämatokrit 28,2 % [Normwert: 37 – 46 %]) bei einer am ehesten chronischen Blutung, deren Quelle bis dato nicht gefunden war, wurde auf eine i. v. Lysetherapie verzichtet. Die Patientin erhielt eine therapeutische Antikoagulation mit Heparin. In der Duplexsonografie der tiefen Beinvenen konnte eine Thrombose der linken V. femoralis superficialis nachgewiesen werden.

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Abb. 1 Reitender Embolus auf der Pulmonalisbifurkation in der nativen CT.

Die Patientin erhielt eine i. v. Flüssigkeitssubstitution, worauf sich die Retentionswerte wieder besserten. Fünf Tage später konnte eine i. v. kontrastangehobene CT-Angiografie zur Bestätigung der Lungenarterienembolie durchgeführt werden. Diese bestätigte die nativ-tomografisch gestellte Verdachtsdiagnose eines reitenden Thrombus im Sinne einer Sattelembolie der Lungenstrombahn ([Abb. 2]). Weitere kleinere Emboli konnten in der CTA in den Unterlappenarterien beidseits nachgewiesen werden. Als Dauerantikoagulation wurde bei der Patientin Rivaroxaban (Xarelto®, Bayer AG, 20 mg pro Tag) angesetzt.

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Abb. 2 Korrelat des reitenden Thrombus in der im Intervall durchgeführten CT-Angiografie; darüber hinaus progredienter Pleuraerguss mit Teilatelektase rechts.