Gesundheitswesen 2019; 81(03): 252
DOI: 10.1055/s-0039-1679318
Vorträge
Fachausschuss GBE und Prävention
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Bedarfsanalyse für Gesundheitsförderung und Prävention im Landkreis Marburg-Biedenkopf

G von Graefe
1   Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
,
K Schwarze
1   Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
,
A Ortwein
1   Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
,
R Reul
2   Landkreis Marburg-Biedenkopf, Gesundheitsamt, Marburg, Germany
,
B Wollenberg
2   Landkreis Marburg-Biedenkopf, Gesundheitsamt, Marburg, Germany
,
M Geraedts
1   Universität Marburg, Institut für Versorgungsforschung und Klinische Epidemiologie, Marburg, Germany
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Publication History

Publication Date:
05 April 2019 (online)

 
 

    Hintergrund:

    Im Rahmen des Projekts „Gesundheit fördern – Versorgung stärken“ des Landkreises Marburg-Biedenkopf wurde eine Bedarfsanalyse durchgeführt, um in einem zweiten Schritt gesundheitsfördernde und präventive Maßnahmen in den Kommunen (hier = Gemeinden, Städten, Stadtteile) umsetzen zu können. Die Maßnahmen sollen an kommunale Strukturen und Bedarfe angepasst werden.

    Fragestellung:

    Wie stellt sich der Bedarf an Gesundheitsförderung und Prävention in den Kommunen des Landkreises Marburg-Biedenkopf dar?

    Methode:

    Folgende quantitativen und qualitativen Ansätze wurden kombiniert:

    1. Small Area Estimation (SAE): Mithilfe von öffentlich verfügbaren Daten wurden Prävalenzen von Risikofaktoren und Krankheiten, die typischerweise durch Public Health-Maßnahmen beeinflusst werden können, geschätzt, indem sie an die lokal unterschiedlichen Bevölkerungsstrukturen (Geschlecht, Alter, Einkommen) angepasst wurden. Die Ergebnisse wurden nach Altersgruppen aufgeschlüsselt und (karto-)graphisch dargestellt.

    2. Akteur*innen-Interviews: Die 22 Kommunen des Landkreises wurden aufgefordert, lokale Akteur*innen zu benennen, mit denen semistrukturierte Interviews zur Erfassung von lokalen präventionsbezogenen Strukturen, Problemen und Bedarfen durchgeführt wurden. Dabei wurde auf einzelne Altersgruppen und gesundheitlich vulnerable Gruppen (Migrationshintergrund, Armut, Behinderung und Alleinerziehende) eingegangen. Die Ergebnisse wurden entlang von Themenkomplexen zusammengefasst, Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen Kommunen hervorgehoben und „Best Practices“ benannt.

    Ergebnisse:

    Die SAE bildete vielfach Krankheiten und Risikofaktoren ab, die in den Interviews nicht erwähnt wurden. Die Unterschiede zwischen den Kommunen waren in den meisten Fällen marginal. 23 Interviews wurden mit 71 Personen durchgeführt (2 Kommunen fehlten, in Marburg 4 aber Stadtteilinterviews), die lokale Unterschiede erkennen ließen. Klassische Public Health-Themen wurden vielfach benannt (z.B. Bewegungsmangel, Überforderung Erwachsener, zurückgehendes Vereins-/Ehrenamtsengagement, Alterseinsamkeit). Bedarfe vulnerabler Gruppen und Jugendlicher wurden kaum thematisiert. Die Bedeutung von Settings wurde oft hervorgehoben. „Best Practices“ wurden benannt.

    Diskussion:

    Die SAE ermöglicht eine quantitative Einschätzung von Problemen und ihren Verteilungen im Landkreis, wobei die marginalen Unterschiede keine lokal angepassten Strategien nötig machen. Insgesamt eignet sich die Bedarfsanalyse als Startpunkt für settingbezogene Interventionen, da sie Akteur*innen einbindet, lokale Unterschiede und Ansatzpunkte offenlegt und regionale Vorbilder in Form von „Best Practices“ identifiziert. Als Limitation ist zu nennen, dass die Unterschiede zwischen den Kommunen eventuell nicht adäquat erfasst wurden, da die Auswahl der Interviewten lokal stark variierte und Jugendliche und vulnerable Gruppen kaum repräsentiert waren.


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