Rofo 2020; 192(S 01): S63
DOI: 10.1055/s-0040-1703296
Vortrag (Wissenschaft)
Neuroradiologie
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Vordere Augenkammer: Eintrittsstelle von Gadolinium in das ZNS?

K Deike-Hofmann
1   Deutsches Krebsforschungszentrum, Radiologie, Heidelberg
,
P von Lampe
2   Uniklinik Essen, Radiologie, Essen
,
H Schlemmer
3   DKFZ, Radiologie, Heidelberg
,
N Bechrakis
4   Uniklinik Essen, Augenheilkunde, Essen
,
C Kleinschnitz
5   Uniklinik Essen, Neurologie, Essen
,
M Forsting
2   Uniklinik Essen, Radiologie, Essen
,
A Radbruch
2   Uniklinik Essen, Radiologie, Essen
› Author Affiliations
Further Information

Publication History

Publication Date:
21 April 2020 (online)

 
 

    Zielsetzung Kürzlich wurde der Übertritt von Gadolinium-haltigen Kontrastmittel (GBCA) über die Vordere Augenkammer (VA) in den Liquor cerebrospinalis drei Stunden post injectionem (p.i.) mit Hilfe einer hochsensitiven MRT Sequenz in Erwachsenen nachgewiesen. In dieser Studie wurde untersucht, ob sich der Übertritt eines GBCAs auch unmittelbar post injectionem auf normalen T1-gewichteten MRT Sequenzen in Kindern nachweisen lässt.

    Material und Methoden Retrospektiv wurden 200 Orbita-MRT gesunder Augen von Kindern mit Retinoblastom untersucht. Die MRT wurden mit Oberflächenspulen und unter Allgemeinanästhesie durchgeführt. Der Unterschied im Signalintensitätsverhältnis von VA zu Linse (∆SIR) zwischen nativer und Kontrastmittel-verstärkter T1-Wichtung wurde bestimmt (Dotarem, Guerbet, 0.1 ml/kg Körpergewicht, mittlere p.i. Zeit = 12:24 min).

    Ergebnisse Die SIRs nach Kontrastmittelgabe waren signifikant höher als vor Kontrastmittelgabe (mittlere ∆SIR = +0.08, p < 0.0001). Visuell konnte in 40 von 200 Augen (20%) ein diskreter Signalintensitätsanstieg ventral der Iris mit einem Maximum im Kammerwinkel beobachtet werden. Darüberhinaus korrelierte das Ausmaß der Signalintensitätssteigerung in der VA hochsignifikant negativ mit dem Alter der Kinder (multivariate Regression mit Adjustierung für die p.i. Zeit, p < 0.0001).

    Schlußfolgerungen Diese Studie zeigt den Übertritt eines GBCAs in das Kammerwasser gesunder, kindlicher Augen unmittelbar nach der Kontrastmittelgabe. Zusammen mit Studien, die die Drainage von GBCAs aus der VA entlang des Nervus opticus in den präpontinen Liquor nachweisen, bestätigt diese Studie die Hypothese der VA als Eintrittsstelle von GBCAs in das ZNS. Die negative Korrelation zwischen Alter und Ausmaß der Kontrastmittelanreicherung in der VA könnte auf einen Reifungsprozess der Blut-Augenkammer-Schranke oder des Schlemm-Kanals hinweisen. Die Aufenthaltsdauer des Kontrastmittels in der VA und mögliche Sicherheitsbedenken sollten Gegenstand zukünftiger Forschung sein.


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