Gesundheitswesen 2021; 83(08/09): 693
DOI: 10.1055/s-0041-1732091
Donnerstag 23.09.2021
Vorträge

Westwärts und nicht vergessen. Innerdeutsche Migration und psychosoziale Folgen 1990 - 2020

H Berth
1   TU Dresden, Medizinische Fakultät Carl Gustav Carus, Psychosoziale Medizin und Entwicklungsneurowissenschaften, Forschungsgruppe Angewandte Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Dresden, Deutschland
,
M Zenger
2   Hochschule Magdeburg-Stendal, Fachbereich Angewandte Humanwissenschaften - Rehabilitationspsychologie, Stendal, Deutschland
,
Y Stöbel-Richter
3   Hochschule Zittau/Görlitz, Fakultät Management- und Kulturwissenschaften, Görlitz, Deutschland
,
E Brähler
4   Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, Mainz, Deutschland
› Author Affiliations
 
 

    Einleitung Die Abwanderung von Millionen von DDR-Bürgern führte 1961 zum Bau der Mauer. Aber auch seit der Wiedervereinigung 1990 haben mehr als 3 Millionen Ostdeutsche den Weg in den Westen gesucht.

    Methoden Die Studie untersucht die psychosozialen Folgen einer Migration von den neuen in die alten Bundesländer anhand von Daten der Sächsischen Längsschnittstudie. Diese Untersuchung begleitet seit 1987 eine identische Gruppe Ostdeutscher (Geburtsjahrgang 1973) auf ihrem Weg vom DDR- zum Bundesbürger. An den jährlichen Erhebungen per Fragebogen nehmen 300 bis 400 Personen regelmäßig teil. Das mittlere Alter bei der letzten Erhebung 2019/2020 betrug 47 Jahre, 53 % sind Frauen.

    Ergebnisse Im Jahr 1995 waren 13,1 % der TeilnehmerInnen in die alten Bundesländer/ins Ausland umgezogen. Seit 2008 leben etwa 25 % der Befragten nicht mehr in Ostdeutschland. Als Hauptgründe für die Migration wurde die Situation auf dem Arbeitsmarkt der neuen Länder, erlebte eigene Arbeitslosigkeit, sowie bessere Verdienstmöglichkeiten und Arbeitsbedingungen im Westteil benannt. Die wenigsten Migranten erwägen eine Rückkehr nach Ostdeutschland. Sie sind in ihrer neuen Heimat gut integriert und fühlen sich wohl. In Einstellungen und Meinungen zur ostdeutschen Transformation, zur Zukunftssicht, der Lebenszufriedenheit und dem psychischen Belastungserleben beschreiben die Abgewanderten ein eher positives Bild.

    Fazit Der Umzug von Ost nach West wird von den StudienteilnehmerInnen als Normalität erlebt. Migrationserfahrungen sind in ihren psychosozialen Folgen insgesamt als positiv zu kennzeichnen.


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    Publication History

    Article published online:
    02 September 2021

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