Dtsch Med Wochenschr 2016; 141(21): 1527
DOI: 10.1055/s-0042-114599
Aktuell publiziert
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Sequenzielle Helicobacter-pylori-Eradikation nicht mehr überlegen

Jochen Labenz
1   Medizinische Klinik des Jung-Stilling-Krankenhauses und Diakonie Klinikum Siegen
› Author Affiliations
Nyssen et al.
Sequential versus standard ….

Cochrane Database Syst Rev 2016;
6: CD009034
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Prof. Dr. med. Jochen Labenz
Medizinische Klinik des Jung-Stilling-Krankenhauses und Diakonie Klinikum Siegen

Publication History

Publication Date:
17 October 2016 (online)

 

Helicobacter-pylori-Infektionen können Magengeschwüre und -malignome verursachen. Etwa die Hälfte der Weltbevölkerung ist mit dem Bakterium infiziert. Eradikationstherapien sind daher von größter Bedeutung. Ein Cochrane Review ergab nun, dass die sequenzielle Eradikation der Standardtherapie nicht vorgezogen werden sollte.


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In das Review wurden 44 randomisierte kontrollierte Studien mit 12 284 Patienten mit unbehandelter Helicobacter-pylori-Infektion eingeschlossen:

  • 6042 wurden sequenziell behandelt (SEQ): 5 Tage Amoxicillin + Omeprazol, gefolgt von einem Nitroimidazol, Clarithromycin und Omeprazol (5 Tage)

  • 6242 erhielten die Standard-Tripletherapie (STT): Clarithromycin + Nitroimidazol oder Amoxicillin + Omeprazol (7 bis 14 Tage)

Unter SEQ war die Eradikationsrate größer als unter STT (82 % vs. 75 %; p < 0,001; moderate Qualität der Evidenz). Die Ergebnisse waren jedoch sehr heterogen (I2 = 75 %), 20 Studien zeigten keinen Unterschied zwischen den Therapien. In Subgruppenanalysen waren beide Therapieoptionen gleichwertig, wenn die STT 14 Tage gegeben wurde (hohe Qualität der Evidenz). Die Wirksamkeit beider Therapien nahm vor allen in den Studien nach 2008 ab. Dabei fiel die jährliche Reduktion für SEQ deutlicher aus als für STT (-1,72 % vs. -0,9 %). In den neueren Studien ab 2008 war keine Überlegenheit der SEQ mehr nachzuweisen, wenn die STT für 10 Tage erfolgte.

Eine Subgruppenanalyse zeigte, dass bei Clarithromycin-Resistenz die Eradikationsraten der STT deutlich niedriger sind als mit SEQ (43 % vs. 75 %, sehr niedrige Qualität der Evidenz). Nebenwirkungen traten bei beiden Therapieformen gleich häufig auf (hohe Qualität der Evidenz).

Auch wenn frühere Daten auf eine Überlegenheit der SEQ gegenüber einer 10-tägigen STT hindeuten, zeigen neuere Studien keine Unterschiede mehr. Da beide Therapieschemen Eradikationsraten unter 90 % böten, müsse laut den Autoren nach besseren Alternativen gesucht werden.

Dr. med. Peter Pommer, Pfronten

Kommentar aus der Praxis

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Prof. Dr. med. J. Labenz

Helicobacter pylori (HP) induziert bei jedem Infizierten eine chronisch aktive Gastritis, die bei 1 von 5 Infizierten zu gravierenden Folgeerkrankungen führt. Eine Eradikation der Infektion ist zwingend erforderlich bei Ulkuskrankheit, MALT-Lymphom und nach endoskopischer Resektion einer frühen Magenneoplasie. Eine Behandlung aller Infizierten ist durchaus akzeptabel.

HP eradizieren – aber wie? Über 15 Jahre war die italienische und französische Tripel-Therapie über 1 Woche Standard. Durch zunehmende Resistenzen von HP, insbesondere gegen Clarithromycin, ließ die Wirksamkeit nach. Mittlerweile wird mit diesen Schemata die in Leitlinien geforderte Eradikationsrate von 80 % bei Intention-to-treat-Analyse nicht mehr erreicht. Dementsprechend empfiehlt auch die aktuelle Deutsche Leitlinie insbesondere bei Risikofaktoren für eine Clarithromycin-Resistenz (Herkunft aus Süd- oder Osteuropa, Vorbehandlung mit einem Makrolid) eine Vierfachtherapie. Die bisherigen Tripel-Schemata sollten nur noch bei geringem Resistenzrisiko und dann auch am besten für 2 Wochen eingesetzt werden.

Das Cochrane Review zeigt, dass die seit einigen Jahren propagierte Sequenztherapie, faktisch eine Quadrupel-Therapie aus einem PPI und drei Antibiotika einer Standard-Tripel-Therapie über 10–14 Tage nicht überlegen ist. Demnach sind weder die Verwendung eines zusätzlichen Antibiotikums noch der komplizierte Therapieaufbau gerechtfertigt.

Eine moderne HP-Therapie erfolgt heute im Regelfall primär mit einer Bismuth-Quadrupel-Therapie (Omeprazol, Bismuth, Tetrazyklin, Metronidazol) oder mit einer konkomittierenden Therapie (PPI, Amoxicillin, Clarithromycin, Metronidazol). Mit diesen Schemata werden zuverlässig hohe Eradikationsraten erzielt. Ist eine günstige Resistenzsituation der HP anzunehmen oder belegt, kann man auf die herkömmlichen Tripel-Therapien für 14 Tage zurückgreifen. Der Erfolg einer Therapie soll in jedem Fall überprüft werden, nur so kann die Behandlungsqualität überprüft und gesichert werden.


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Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, Beratungshonorare von AstraZeneca sowie Vortragshonorare von Allergan und Kibion erhalten zu haben.


Prof. Dr. med. Jochen Labenz
Medizinische Klinik des Jung-Stilling-Krankenhauses und Diakonie Klinikum Siegen


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Prof. Dr. med. J. Labenz