Aktuelle Urol 2017; 48(04): 270-271
DOI: 10.1055/s-0043-111727
Referiert und kommentiert
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Farb-Doppler-Sonografie weist Uretersteine ebenso gut nach wie die CT

Abdel-Gawad M. et al.
A Prospective Comparative Study of Color Doppler Ultrasound with Twinkling and Noncontrast Computerized Tomography for the Evaluation of Acute Renal Colic.

J Urol 2016;
196: 757-762
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Publication Date:
27 July 2017 (online)

 

    Akute Nierenkoliken gehören zu den häufigsten Beschwerden, mit denen Patienten eine Notaufnahme aufsuchen. Dann ist die schnelle und genau Diagnose der Steine essenziell für die weitere Therapie. Häufig wird dazu die CT eingesetzt, aber wegen zunehmender Bedenken im Hinblick auf die Strahlenexposition sind Alternativen gefragt. Mediziner aus den Vereinigten Arabischen Emiraten haben eine davon untersucht.


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    Mahmoud Abdel-Gawad und seine Kollegen haben dazu 815 Patienten ab dem 16. Lebensjahr in eine prospektive Studie aufgenommen. Alle Teilnehmer waren wegen akuter Flankenschmerzen in die Notaufnahme gekommen, wo der Verdacht auf Nierensteine geäußert wurde. Alle Patienten unterzogen sich dann 3 verschiedenen bildgebenden Untersuchungsmethoden:

    • Nativ-Röntgenaufnahmen von Nieren und ableitenden Harnwegen

    • Nativ-CT des Abdomens und

    • Farb-Doppler-Sonografie von Nieren und ableitenden Harnwegen

    Anschließend beurteilten die Mediziner die Aussagekraft der Sonografie, mit den Ergebnissen der CT als Referenz.

    Die ganz überwiegende Zahl der Studienteilnehmer wies Uretersteine auf (n = 723; 88,7 %). Bei 60 Patienten lagen Nierensteine vor (7,4 %), bei den restlichen 32 war die Ursache der Schmerzen nicht urologisch bedingt.

    Zum Nachweis der Uretersteine bei der Farb-Doppler-Sonografie nutzen die Untersucher auch sog. Twinkling-Artefakte. Dabei handelt es sich um schnell wechselnde Ansammlungen von roten und blauen Farbpixeln hinter einer stark reflektiven Struktur – hier den Uretersteinen – und gebündelte vertikale Bänder im Dopplerspektrum. Dieses Zeichen fand sich bei 702 der 723 Patienten (97,1 %), entsprechend einer Sensitivität von 97,2 %, einer Spezifität von 99 %, einem positiven Vorhersagewert von 97,6 % und einem negativen Vorhersagewert von 85,7 %. Dabei hing die Aussagekraft der Sonografie vor allem von der Lokalisation der Steine und deren Durchmesser ab.

    Die CT bestätigte die Uretersteine bei 720 Patienten. Die Nativ-Röntgenaufnahmen schnitten im Vergleich zur Sonografie deutlich schlecht ab und konnten röntgendichte Steine bei etwas mehr als der Hälfte der Patienten nachweisen.

    Fazit

    Die Farb-Doppler-Sonografie zeigt beim Nachweis von Uretersteinen eine gute diagnostische Genauigkeit, so die Autoren. Sie sollte daher in der Notaufnahme als Methode der ersten Wahl bei Verdacht auf Nierenkoliken eingesetzt werden, auch wenn zur korrekten Interpretation erfahrene Untersucher notwendig sind. Hilfreich bei der Diagnose kann das Twinkling-Artefakt sein. Einschränkend gilt, dass Assoziationen zwischen Steinzusammensetzung und Nachweis in der Sonografie nicht geprüft wurden.

    Dr. Elke Ruchalla, Bad Dürrheim

    Kommentar

    Akuter Flankenschmerz auf Grund einer Urolithaisis ist eine der häufigsten Ursachen für eine Vorstellung in der urologischen Notfallambulanz. Eine schnelle Diagnose und weiterführende Therapie ist bei den schmerzgeplagten Patienten besonders zum Ausschluss anderer Differentialdiagnosen essenziell. Diese Studie vergleicht bei der bildgebenden Diagnostik den aktuellen Goldstandard, das NCCT (low dose non contrast CT) mit einem Farbdoppler-Ultraschall des Ureters. Außerdem wurde eine Röntgenleeraufnahme durchgeführt, welche aber keinen wesentlichen Mehrwert zeigte. Mittels Farbdoppler-Ultraschall kann durch das „twinkling sign“, ein Farb-Artefakt hinter dem Konkrement, dieses erkannt werden [1]. In der Pädiatrie oder bei Schwangeren Patienten wird diese Methodik auch in Deutschland häufiger angewandt. Auch die Bestimmung des Resistance-Index in den Arteriae arcuatae erreicht eine vergleichbare Sensitivität wie das Nativ CT zumindest zum Nachweis einer Harnleiterobstruktion [2, 3].


    In dieser Studie zeigt sich kaum einen Unterschied bzgl. der Sensitivität (97,2 %) und Spezifität (99 %) des Farbdoppler-Ultraschall im Vergleich zum Nativ-CT mit einer Sensitivität von 98 % und Spezifität von 97 %. Dies ist am ehesten durch die Expertise der zwei Untersucher zu erklären. Durch Fachweiterbildungen im Farbdoppler-Ultraschall können Urologen in Steinzentren bzw. spezifischen Praxen dem Patienten bei der Nachsorge ein Nativ-CT möglicherweise ersparen.


    Limitationen der Studie Der Farbdoppler-Ultraschall wurde durch zwei Radiologen durchgeführt. Leider fehlen hier Daten bzgl. intra- und interobserver Variabilität. Interessant wäre auch, ob eine Untersuchung bei adipösen Patienten mit einem BMI > 30 kg/m2 möglich wäre und ebenfalls eine gute Spezifität und Sensitivität zeigen.


    Zudem wurde die Steingröße zwischen dem Farbdoppler-Ultraschall und dem CT nicht mit einander korreliert, sodass keine Aussage über die Messgenauigkeit des Doppler-Ultraschall getroffen werden kann.


    Fazit für die Praxis Der Farbdoppler-Ultraschall stellt in erfahrenen Händen eine gute Bildgebung ohne Strahlenbelastung für den Patienten dar, um z. B. eine Urolithiasis unter konservativer Therapie oder aktiver Überwachung zu kontrollieren und einen spontanen Steinabgang abzuwarten. Als primäre Diagnostik sollte dennoch nicht auf das Nativ-CT bei akuten Flankenschmerzen verzichtet werden, da auf Grund der Untersucherabhängigkeit des Ultraschalls verglichen mit dem Nativ-CT keine sichere Diagnose gestellt werden kann.


    Der Autor

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    Dr. med. Marie-Claire Rassweiler, Urologische Klinik, Universitätsmedizin Mannheim

    Literatur


    [1] Darge, K, Heidemeier A. Modern ultrasound technologies and their application in pediatric urinary tract imaging. Radiologe, 2005. 45: 1101 – 1111.


    [2] Pepe P et al. Functional evaluation of the urinary tract by color-Doppler ultrasonography (CDU) in 100 patients with renal colic. Eur J Radiol, 2005. 53: 131 – 135


    [3] Atar M et al. Use of renal resistive index and semi-rigid ureteroscopy for managing symptomatic persistent hydronephrosis during pregnancy. Int J Surg. 2012; 10: 629 – 633


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    Dr. med. Marie-Claire Rassweiler, Urologische Klinik, Universitätsmedizin Mannheim