Laryngorhinootologie 2024; 103(02): 90
DOI: 10.1055/a-2164-1578
Referiert und Diskutiert

Kommentar zu „Septorhinoplastik: Analgesie mit Ketamin sicher und wirksam?“

Contributor(s):
Victoria Bozzato

** Die Intention der Studie – eine effektive, nebenwirkungsarme Schmerztherapie nach (Septo-) Rhinoplastik – kann sehr gut nachvollzogen werden. Ketamin ist ein Analgetikum, dass wegen seiner kurzfristigen Wirkung bei erhaltenen Reflexen vorwiegend in der Notfallmedizin eingesetzt wird und im Nebenwirkungsprofil einen Anstieg des Blutdrucks und der Herzfrequenz erzeugen kann. In der Allgemeinchirurgie unserer Universitätsklinik wird Ketamin hauptsächlich bei größeren Operationen mehrerer Stunden Dauer eingesetzt, um den Patienten die Aufwachphase zu erleichtern. Ob sich Ketamin als wirksames Analgetikum bei elektiven Eingriffen erweist, eigentlich mit einer gewünschten längeren Wirkungsdauer ohne Nebenwirkung vor allem auf den Blutdruck, ist daher von großem Interesse.

Die Studie besteht aus einer Literaturanalyse. Eigene Ergebnisse wurden nicht publiziert. Von 5 eingeschlossenen Studien berichten 2 über die i.v. Gabe von Ketamin im Rahmen einer (Septo-) Rhinoplastik. Ates et. al. verabreichen einen Bolus von 0,5 mg/kg und anschließend intravenös 0,25mg/kg/h bis zum Ende der OP. Demir et al. verabreichen nur einen Bolus von 0,5 mg/kg. Die Kontroll-Gruppe erhielt nur Kochsalzlösung, während bei Ates et al. Kochsalz und zusätzlich beiden Gruppen in dieser Studie ein Schmerzschema mit Ketoprofen verabreicht wurde. In einer weiteren Studie wurde das Ketamin zusammen mit dem Lokalanästhetikum – also nicht systemisch, wie in Tab.1 falsch dargestellt – verabreicht und eine andere Studie basiert auf Septumplastiken, die deutlich weniger schmerzhaft sind. Die 5. Studie ist über die Literaturdatenbank Pubmed nicht abrufbar.

Die Dosen des Ketamins reichten von 0,5 bis 1,5 mg/kg. Die Ergebnisse zeigten, dass die Ketamingaben die Schmerzwerte nach 30 min, 1 h und 2 h im Vergleich zur Placebogruppe deutlich verringern konnten. Bei der Durchsicht auffällig ist ein Druckfehler in der 1. Diagrammunterschrift in Fig.2 („30h“). Es müsste 30min heißen. Darüber hinaus verbesserte die Ketamingabe bei Ates et al. die Patientenzufriedenheit. Hier stellt sich die Frage, wie die Zufriedenheit unmittelbar nach der OP gemessen wurde.

Die Autoren verweisen in der Diskussion selbst auf die Schwächen der Studie; eine Metaanalyse von nur 5 sehr heterogenen Studien mit „nur“ 410 Patienten. Es wurden unterschiedliche Medikamentendosierungen und Kombinationen von Wirkstoffen verwendet, unterschiedliche Verabreichungsformen verglichen und die chirurgischen Methoden waren unterschiedlich. Es erfolgte ein Vergleich mit unterschiedlichen Kontroll-Gruppen, die teilweise nur Kochsalz oder andere zusätzliche Schmerzmedikamente bekamen. Es ergibt sich leider der Eindruck, dass Äpfel mit Birnen verglichen wurden.

Wünschenswert wäre gewesen, zusätzlich ein etabliertes Schmerzschema als 3. Studienarm entweder aus der Literaturrecherche oder die Erfahrungen der Anwendung von Ketamin am eigenen Patientengut in die Studie einzubeziehen. Ebenso schwer nachvollziehbar ist, wie die Patienten unmittelbar nach der Extubation (5min bis zu 30min) anhand einer visuellen Analogskala ihre Schmerzen beurteilen konnten. Auch ein positiver Effekt auf die Aufwachphase lässt sich nicht ableiten. Daher ist aus den vorliegenden Daten die Schlussfolgerung der Empfehlung einer Ketamingabe zur Schmerztherapie bei rhinochirurgischen Eingriffen – wie von den Autoren im letzten Satz formuliert – mit der gebotenen Zurückhaltung einzuordnen.



Publication History

Article published online:
06 February 2024

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