Nephrologie aktuell 2024; 28(04): 145
DOI: 10.1055/a-2242-2573
Editorial

Nutzung vs. Nutzen – eine große Diskrepanz

Christian Schäfer
1   Redakteur (V.i.S.d.P.), Stuttgart
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Christian Schäfer, Redakteur (V.i.S.d.P.), Stuttgart

Etwa 55 % der Nephrologinnen und Nephrologen in Deutschland würden die Peritonealdialyse (PD) für sich wählen, sollte der Fall eintreten, dass sie selbst dialysepflichtig werden. Hierbei waren die kontinuierliche ambulante PD (CAPD) und die automatisierte PD (APD) etwa gleich beliebt, die assistierte PD (aPD) hat mit ca. 1 % einen „Restanteil“. Dies Zahlen stammen aus dem Ergebnisbericht der Studie „Multidimensionale Analyse der Ursachen für die niedrige Prävalenz der ambulanten Peritonealdialyse in Deutschland (MAU-PD)“ vom 31.10.2021. Wenn man diese Zahlen nach dem Ort, an dem die Behandlung durchgeführt wird, auswertet, ergibt sich das Bild, dass sich ungefähr 90 % der nephrologisch tätigen Ärzte für ein Heimdialyseverfahren entscheiden würde. In der Realität bekommen Nierenpatienten allerdings zu über 90 % im Dialysezentrum ihre Blutwäsche – und diese dann fast ausschließlich über das Verfahren der Hämodialyse (HD).

Es besteht also zwischen dem Wunsch der Nephrologinnen und Nephrologen, wo und mit welchem Verfahren dialysiert wird, sowie der Realität eine große Diskrepanz. In der Theorie ist die Gleichwertigkeit der PD im Verhältnis zur HD unbestritten. Insbesondere als Überbrückung der Zeit bis zur Nierentransplantation ist die PD sehr gut geeignet, ein Nachteil ist z. B. das zeitlich relativ stark begrenzte technische Überleben des Verfahrens (Ultrafiltrationsversagen des Peritoneums nach mehreren Jahren des Einsatzes der PD ist möglich). Die PD hat somit einen hohen Nutzen, wird aber in Deutschland kaum bzw. zu wenig genutzt – auch im Vergleich zu anderen Ländern.

Es gilt also, auch aus Sicht der Klimabilanz und Personalnot, Heimdialyseverfahren und hier insbesondere die Anwendung der PD massiv zu im Vergleich zur HD und Zentrumdialyse zu stärken. Wichtig ist es hierbei, die Ärzteschaft und Pflegekräfte in der Ausbildung und im Arbeitsalltag mehr mit der PD vertraut zu machen. Nur so liegt genügend Expertise vor und nur so können die Patienten adäquat versorgt, geschult und überhaupt auf das Verfahren aufmerksam gemacht werden.

Um dabei zu helfen, die Grundlagen sowie Vor- und Nachteile der PD in der nephrologischen Gemeinschaft bekannter zu machen, haben der Gasteditor Prof. Dr. Mark Dominik Alscher, Stuttgart, und ich den Schwerpunkt der vorliegenden Ausgabe der „Nephrologie aktuell“ auf dieses Thema gelegt. Lesen Sie die informativen Beiträge hierzu ab Seite 152. Weitere interessante Artikel finden Sie in den Rubriken „Magazin“, „Original & Übersicht“ sowie „Forum der Industrie“. Ich wünsche Ihnen eine angenehme Lektüre!



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Article published online:
13 May 2024

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