Laryngorhinootologie 2013; 92(8): 564
DOI: 10.1055/s-0032-1319641
Fragen für die Facharztprüfung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fragen für die Facharztprüfung

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Publication Date:
05 August 2013 (online)

Frage: Schildern Sie das Krankheitsbild der Otitis externa maligna, Pathogenese, Diagnostik und Therapie?

Antwort: Die Otitis externa maligna – auch nekrotisierende Otits genannt – ist eine lebensbedrohliche Erkrankung, die durch Pseudomonas aeruginosa erzeugt wird. Dieses gram-negative Bakterium siedelt sich nach Wasseransammlung oder leichten Traumata im Gehörgang an. Besonders virulente Stämme werden durch eine Mukoidschicht vor der Phagozytose geschützt. Die Schicht enthält Enzyme, unter anderem Kollagenase und Elastase, die lokal zur ne-krotisierenden Vaskulitis führt. Über den Knochen des Gehörgangs kommt es zur Osteomyelitis der Schädelbasis. Neben Pseudomonaden wurden Mischinfektionen mit Enterokokken, Staphylokokken, Proteusformen und Aspergillus fumigatus beschrieben. Die Krankheit ist fast immer mit einem Diabetes mellitus assoziiert, tritt aber auch bei anderen immunkomprimierten Patienten wie z. B. HIV-Erkrankten auf. Neben der allgemeinen Reduktion der mono-, makro und granulozytären Immunantwort wird vermutet, dass der erhöhte pH-Wert des Cerumens bei Diabetikern eine Rolle für die Ausbreitung der Pseudomonaden in den Gehörgangsknochen darstellt.

Die Erkrankung beginnt mit einer schmerzhaften Schwellung, Rötung sowie in 50% der Fälle mit grünlicher und fötider Otorrhoe. Am Gehörgangsboden findet sich oft eine granulierende Entzündung, die nur schwer von einem Malignom zu unterscheiden ist. Schwellung und Druckdolenz der Parotisloge, Schalleitungsschwerhörigkeit und Fazialisparese sprechen für eine zunehmende Infiltration von Weichteilgewebe, was durch den Ausfall der kaudalen Hirnnervengruppe und intrakranialle Komplikationen akut lebensbedrohlich werden kann.

Zur Diagnosestellung sind lokale Abstrichentnahme zum Erregernachweis sowie Antibiogramm und Biopsie zum Ausschluß einer Neoplasie notwendig. Bei Nichtdiabetikern muss nach Diabetes mellitus oder anderen Immunschwächen gesucht werden. Die Feinschicht-Computertomografie des Felsenbeins zeigt die knöcherne Ausdehnung. Hierbei ist jedoch zu bedenken, dass erst bei einer Demineralisierung von 30% der knöcherne Befall sicher dargestellt wird, sodass die wahre Ausdehnung weit über die im CT sichtbaren Grenzen hinausgehen kann. Aus diesem Grund wird die Kombination mit Tc-99-Knochenszintigrafie zur Darstellung erhöhter Osteoblasten-Aktivität empfohlen. Bei klinischem oder radiologischem Verdacht auf Weichteilbefall oder Ausbreitung in die zentrale Schädelbasis ist immer eine Kernspintomografie – vor allem wegen der Verlaufskontrolle – durchzuführen.

Nach dem Abstrich ist sofort mit einer parenteralen, hochdosierten Antibiotikumgabe zu beginnen. Mittlerweile sind Fluorquinolone (v. a. Ciprofloxacin) Therapeutika der ersten Wahl und sollten für mindestens 8 Wochen verabreicht werden. Auf unerwünschte Wechselwirkungen mit Theophyllinen ist zu achten. Die lokale Therapie mit Antibiotika wird wegen der möglichen Resistenzförderung unterschiedlich beurteilt. Von den meisten Autoren wird die chirurgische Entfernung des osteomyelitischen Knochens und ne-krotischen Weichteilgewebes unter Schonung funktionell wichtiger Strukturen empfohlen. Die hyperbare Sauerstofftherapie hat sich bei schweren Verlaufsformen günstig ausgewirkt. Letale Verläufe liegen heute bei 2%.

Verantwortlich für diese Rubrik: Prof. Dr. med. Randolf Riemann, Stade; Dr. med. Gerlind Schneider, Jena