Endo-Praxis 2013; 29(4): 173-174
DOI: 10.1055/s-0033-1363303
Aktuelles
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Aus Praxis & Klinik – Leserbrief zum Artikel „Kinderendoskopie – eine besondere Herausforderung“

von Frentz C, Friedrich T, Seifert H. Endo-Praxis 2013; 29: 22–25
Stephan Buderus
,
Martin Claßen
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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
02. Dezember 2013 (online)

Der Artikel von Frentz et al. beschreibt aus der Sicht einer internistisch-gastroenterologischen endoskopischen Funktionsabteilung die Untersuchung von Kindern. Das dabei dargestellte Bild entspricht einer lokalen Sondersituation und nicht der in Deutschland und zahlreichen anderen Ländern gängigen Praxis, bei der die Betreuung von Kindern mit gastroenterologischen Erkrankungen durch pädiatrische Gastroenterologen erfolgt – klinisch und endoskopisch. Ein gemeinsames Positionspapier der DGVS (Deutsche Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten e.V.) und der GPGE (Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung e.V.) aus dem Jahr 2007 beschreibt sehr umfassend die gute Zusammenarbeit und die Spezifika der pädiatrischen und der internistischen Gastroenterologie [1]. Umso mehr macht betroffen, dass die pädiatrische Gastroenterologie in der Arbeit überhaupt nicht erwähnt wird. Dabei haben mit Stand 2012 180 Pädiater die spezifische Zusatzweiterbildung Kindergastroenterologie der Landesärztekammern abgeschlossen. 144 haben zusätzlich die Zertifizierung für Kindergastroenterologie durch die GPGE erhalten. Eine Karte der GPGE-zertifizierten Kindergastroenterologen und der Weiterbildungszentren findet sich auf der Website der GPGE [2].

Pädiatrische Gastroenterologen sind für die Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts, der Leber sowie Ernährungsproblemen besonders ausgebildet [3]. Sie kennen nicht nur die altersspezifischen Manifestationen der Erkrankungen, sondern haben auch in der Funktionsdiagnostik und der endoskopischen Diagnostik fundierte Erfahrungen. Zwar spielen in der pädiatrisch-gastroenterologischen Praxis nicht invasive Methoden eine größere Rolle als in der Erwachsenenmedizin, aber selbstverständlich gehören endoskopische Untersuchungen mit oder ohne Interventionen zur Routine in pädiatrisch-gastroenterologischen Abteilungen und Praxen, wobei grundsätzlich die gleichen technischen Fertigkeiten erworben werden [4].

Die Endoskopie von Kindern durch pädiatrische Gastroenterologen hat gegenüber dem in der Klinik von Frentz et al. praktizierten Vorgehen viele Vorteile: Vor allem gelingt es, anamnestische, klinische und endoskopische Befunde direkt miteinander zu korrelieren und die selbst erhobenen Befunde auch bei der Weiterbetreuung der Kinder in die diagnostischen und therapeutischen Konzepte einzubringen. Die in dem Artikel ausführlich beschriebene notwendige Kommunikation zwischen indikationsstellendem Arzt, dem Endo-skopiker und dem weiterbetreuenden Pädiater entfällt: Alles kommt aus einer Hand.

Die richtige Indikationsstellung zu endo-skopischen Untersuchungen ist ebenfalls Domäne des pädiatrischen Gastroenterologen und unterscheidet sich zum Teil wesentlich vom Vorgehen der internistischen Gastroenterologie. Erwähnt sei die bevorzugte Anwendung von pH-Metrie ggf. in Kombination mit Ösophagus-Impedanz für die Diagnostik der pulmonalen Manifestation der Refluxkrankheit [5] oder die nach den Porto-Kriterien routinemäßige ÖGD (Ösophagogastroduodenoskopie) für die Erstdiagnostik des M. Crohn [6]. Screening-Untersuchungen sind bei Kindern sehr selten und das Intervall regelmäßiger Follow-up-Koloskopien bei Primär Sklerosierender Cholangitis (PSC) und Colitis ulcerosa unterscheidet sich ebenfalls fundamental vom Vorgehen der Erwachsenengastroenterologie.

Die Erfahrungen zeigen darüber hinaus, dass bestimmte Erkrankungen in dieser Altersgruppe eine spezifische endoskopische Manifestation aufweisen. Erwähnt seien exemplarisch die physiologische lymphofollikuläre Hyperplasie v.a. des terminalen Ileums, die eosinophile Proktitis und Ösophagitis, die granuläre Antrumgastritis bei H.P-Infektionen sowie die juvenilen Kolonpolypen [7].

Das Eingehen auf die besonderen Bedürfnisse der Kinder aller Altersgruppen sowie die atraumatische Durchführung von Untersuchungen gehören per se zu den Inhalten der Weiterbildung von Pädiatern und werden in den Kliniken mit viel Aufwand verfolgt. Dazu existiert ein spezieller Ausbildungskatalog, der Bestandteil der Weiterbildungsordnung der BÄK (Bundesärztekammer) ist [3]. Auch hier besteht international Einigkeit, es seien hier die Ausbildungskataloge aus Großbritannien [8] und den USA genannt [9].

Eine enge Kooperation mit den internistischen Kollegen auf dem Gebiet der Endoskopie wird an vielen Kliniken gepflegt – mit Benefit für beide Seiten. Viele interventionelle Verfahren wurden bei Erwachsenen entwickelt und evaluiert und dann an die Gegebenheiten des pädia-trischen Patientenkollektivs angepasst – hier profitieren pädiatrische Gastroenterologen von ihren internistischen Kooperationspartnern. Die gemeinsame Nutzung von Räumen und Geräten in interdisziplinären endoskopischen Funktionseinheiten hat sich vielerorts bewährt, auch weil speziell weitergebildetes endoskopisches Pflegepersonal für die pädiatrische Gastroenterologie eine wesentliche Maßnahme zur Qualitätssicherung darstellt. Bis auf die ERCP (Endoskopisch Retrograde Cholangio-Pankreatikografie), für die die Untersuchungszahlen bei Kindern niedrig sind, werden alle therapeutisch interventionellen Verfahren von pädiatrischen Gastroenterologen angeboten und durchgeführt.

Die pädiatrische Gastroenterologie stellt die Versorgung von Kindern und Jugendlichen mit gastrointestinalen und hepatologischen Erkrankungen auch in Deutschland auf höchstem Niveau sicher. Kinder und Jugendliche sollten überall dort, wo ein solches Angebot besteht, primär von Kindergastroenterologen betreut und endoskopiert werden [1].