Geburtshilfe Frauenheilkd 1994; 54(5): 262-267
DOI: 10.1055/s-2007-1022837
© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Die fetale Entwicklung bei Spätgestose und Nikotinkonsum

Foetal Development in Late Gestosis and Nicotine ConsumptionB. Warkentin
  • Geburtshilflich-gynäkologische Abteilung des Städtischen Krankenhauses Lörrach
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Publication Date:
18 March 2008 (online)

Zusammenfassung

Sowohl bei der Spätgestose als auch bei Nikotin-Konsum in der Schwangerschaft kommt es zu einer fetalen Wachstums-Retardierung. Da Nikotin als vasokonstriktorische Substanz den Blutdruck erhöht, ist bei Raucherinnen eine Zunahme der Gestose-Symptomatik zu erwarten. Anhand des Daten-Materials der Perinatalerhebung Baden-Württemberg wurde nicht nur die Häufigkeit der Gestose-Symptome bei Raucherinnen überprüft, sondern gleichzeitig auch die Gestose-Häufigkeit bei untergewichtigen, normalgewichtigen und übergewichtigen Neugeborenen. Eine Hypertonie der Mutter ist bei übergewichtigen häufiger als bei normalgewichtigen Neugeborenen. Bei übergewichtigen Neugeborenen kommt es bei einer Gestose seltener zu einer Proteinurie bei der Mutter als bei untergewichtigem Kind. Die Hypertonie ist bei Raucherinnen seltener als bei Nichtraucherinnen. Diese Befunde können erklärt werden durch eine neuere Theorie, welche die Gestose als Kompensations-Mechanismus bei utero-plazentarer Insuffizienz versteht, durch welchen die fetale Plazenta-Durchblutung verbessert wird. Die gesteigerte Gestose-Häufigkeit bei übergewichtigem Kind ist zu erklären durch die höheren Anforderungen an die Plazenta, die durch eine gesteigerte Plazenta-Durchblutung bei Entwicklung einer Gestose befriedigt werden. Die Gestose ist kompensiert. Im Stadium der Dekompensation mit Wachstums-Retardierung des Feten werden durch eine erhöhte Permeabilität der Gefäße, die zu einer besseren Plazenta-Passage, aber auch einer Proteinurie und verstärkter Ödem-Neigung führt, die letzten Reserven für eine Verbesserung der Versorgung des Feten mobilisiert. Bei Raucherinnen setzt die Schädigung des Feten bereits früh in der Schwangerschaft ein, er bleibt im Wachstum zurück und hat daher in der Spätschwangerschaft verminderte Ansprüche an den Mutterkuchen. Die Notwendigkeit für den Kompensations-Mechanismus ergibt sich seltener.

Abstract

In pre-eclamptic and in smoking women, the foetus often develops growth retardation. Hence, nicotine as vasoconstrictive substance increases the bloodpressure, therefore causes a higher incidence for pre-eclamptic toxaemia in smoking pregnant women. By means of perinatal inquiry in Baden-Württemberg, not only the frequency of preeclamptic toxaemia was proven in smoking women, but also the frequency of toxaemia in mothers with low, of normal and high weight of the newborn. Hypertension is more frequent in mothers with overweight babies than in mothers with babies of normal weight. In case of overweight newborns, toxaemia is less often caused by proteinuria than in underweight babies. Hypertension is less frequent in smoking pregnant women than in non-smoking women. These findings can be explained by a new theory, which interprets pre-eclamptic toxaemia as a compensatory mechanism in foetal growth retardation. For the foetus, which is insufficiently supplied by the placenta, this regulatory mechanism enhances the blood supply of the placenta. The higher incidence of toxaemia in pregnant women with overweight babies is explained by an increased demand on the placenta, which causes a better foetal blood supply of the placenta in developing the toxaemia. In this case, the toxaemia is compensated. In the stage of decompensation with foetal growth retardation, all reserves are mobilised by an increased permeability of the vessels, which leads to an improved passage through the placenta, but also to proteinuria and increased incidence of oedema. In smoking women, the lesion of the foetus sets in early in pregnancy; it remains rather small and so it makes diminished demands on the placenta in late pregnancy. The compensatory mechanism is therefore less necessary.

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