Fortschr Neurol Psychiatr 1998; 66(3): 133-143
DOI: 10.1055/s-2007-995248
ORIGINALARBEIT

© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Zur definitorischen Neufassung der schizophrenen Störungen in ICD-10 und DSM-IV

On the Definition - Correlated Revised Classification of Schizophrenic Disorders by ICD-10 and DSM-IVJ.  Klosterkötter
  • Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universität zu Köln
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Publication Date:
08 January 2008 (online)

Abstract

Starting from the original concept of "dementia praecox", in this article, the ICD10 and DSM-IV revisions of their respective definitions of schizophrenia are made more transparent and evaluative in regards to their development. For the ICD 10 definition, the schizophrenia concept of K. Schneider and its characteristic orientation towards diagnostic validity had a pre-eminent impact, whereas in DSM-IV the authors intended to follow the schizophrenia concept of E. Bleuler and thereby aimed at placing greater emphasis on the negative symptomatology. However, the results of the revision of schizophrenic disorders of this diagnostic system surprisingly leaned again towards the concept of K. Schneider. With regard to own findings on the diagnostic validity of positive and negative symptoms, it is shown that this result is justified in accordance with the present state of the art in schizophrenia research. In addition, the article deals with the definitions of schizotype features, prodromal and residual symptoms in these new diagnostic systems and critically evaluates these elements. To sum up it is clear that the recent definitions are based on the German psychopathological tradition on the one hand and the empirical findings of the last centuries on the other. Taking the latter into account, this might lead to a new understanding of schizophrenic disorders in the future.

Zusammenfassung

In diesem Beitrag wird vom Ursprungskonzept der ,,Dementia praecox" ausgegangen, um die deflatorischen Neufassungen der schizophrenen Störung in der ICD-10 und im DSM-IV in ihrer jeweiligen Entwicklung durchsichtig und beurteilbar zu machen. Dabei zeigt sich zunächst, daß für die ICD-10-Definition noch weitgehend K. Schneiders Schizophreniekonzept und die hierfür bezeichnende Orientierung an diagnostischer Validität bestimmend geblieben ist. Dagegen sollte in der DSM-IV-Definition nach der Absicht der maßgeblichen Initiatoren E. Bleulers Schizophreniekonzept mehr Berücksichtigung finden und dementsprechend die Negativsymptomatik stärker betont werden als bisher. Im Ergebnis kam aber überraschenderweise auch in diesem Diagnosesystem wieder eine noch weitgehend durch K. Schneiders Symptomatologie geprägte Neufassung der schizophrenen Störungen heraus. Daß dies beim heutigen Stande der Schizophrenieforschung als sachlich gerechtfertigt gelten kann, wird in dem Beitrag auch anhand eigener Befunde zur diagnostischen Validität der positiven und der negativen Symptome gezeigt. Des weiteren nimmt die Darstellung insbesondere auch auf die Bestimmungen der Prodromal- und Residualsymptome sowie der Schizotypiemerkmale in den neuen Diagnosesystemen Bezug und unterzieht diese Elemente der Definitorik einer kritischen Würdigung. Insgesamt wird deutlich gemacht, daß die aktuellen Definitionen einerseits noch klar auf dem Boden der deutschsprachigen psychopathologischen Tradition stehen, auf der anderen Seite aber auch den empirischen Forschungsergebnissen der letzten Jahrzehnte Rechnung tragen und in der Zukunft zu einem neuen Verständnis schizophrener Störungen hinführen könnten.

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