Kernaussagen
Wirkmechanismen. Positiv inotrop wirkende Medikamente gehören, obwohl sie im klinischen Alltag oft
unentbehrlich sind, zu den „ungeliebten Kinder” der Intensivmedizin. Für die Catecholamine
gilt, dass sie zu einer Zunahme des myokardialen Sauerstoffverbrauchs und einer Steigerung
der intrazellulären Calciumkonzentration führen. Beides kann sich nachteilig auf die
zelluläre Integrität auswirken (Ischämieauslösung bzw. -verstärkung, Zunahme der myokardialen
Dysfunktion aufgrund eines erhöhten Sauerstoffverbrauchs). Die Zunahme der intrazellulären
Calciumkonzentration führt darüber hinaus zu einer Steigerung der Arrhythmieneigung
(bis zu malignen ventrikulären Tachyarrhythmien, z. B. Kammerflimmern). Auch Phosphodiesterase-III-Hemmer
erhöhen die intrazelluläre Calciumkonzentration. Die einzige klinisch einsetzbare
Substanz, die diesen Effekt nicht zeigt, ist der Calcium-Sensitizer Levosimendan.
Indikationen. Die Behandlung der akuten Herzinsuffizienz sollte im Sinne einer Stufentherapie erfolgen.
Positiv inotrope Pharmaka werden erst dann eingesetzt, wenn sich die Herzinsuffizienz
gegenüber der Gabe von Diuretika und Vasodilatatoren (in ausreichender Dosierung)
als refraktär erweist. Eine Ausnahme bildet die akute Kreislaufinstabilität, z. B.
im Rahmen einer kardiopulmonalen Reanimation.
Die Behandlung mit positiv inotropen Pharmaka ist eine überbrückende Maßnahme, die
immer von einer Behandlung der zugrunde liegenden Erkrankung begleitet sein sollte.
Frühzeitig sollte auch an den Einsatz nicht-pharmakologischer Maßnahmen (z. B. intraaortale
Ballon-Gegenpulsation) gedacht werden. Beim instabilen Koronarsyndrom steht die koronare
Intervention als primäre Maßnahme im Vordergrund.
Voraussetzung für den sinnvollen Einsatz von positiv inotropen Pharmaka im Sinne eines
differenzialtherapeutischen Vorgehens ist, dass der behandelnde Arzt das pharmakologische
Wirkprofil der Substanzen genau kennt.
Kontraindikationen. Eine Hypovolämie kann zu einer Herabsetzung der Wirkung von Catecholaminen führen.
Ihr Ausschluss ist gewissermaßen eine Voraussetzung für den Einsatz von Catecholaminen.
Nimmt das Ansprechen auf Catecholamine im Verlauf der Therapie ab, sollte der Volumenstatus
erneut überprüft werden. Bei Hypovolämie können positiv inotrope Substanzen z. B.
eine übermäßige Frequenzsteigerung bewirken, die zu einem stark erhöhten myokardialen
Sauerstoffverbrauch und einer erhöhten Arrhythmieneigung führen kann.
Besonders kritisch zu sehen ist der Einsatz von positiv inotropen Substanzen bei Patienten
mit einer linksventrikulären Hypertrophie (hypertrophische Kardiomyopathie, Aortenstenose).
In solchen Situationen ist für Catecholamine eine relative Kontraindikation gegeben,
und sie sollten in solchen Fällen nur im äußersten Notfall eingesetzt werden. Bei
einer dekompensierten Aortenstenose sollte möglichst schnell ein operativer Klappenersatz
angestrebt werden.
Positive Effekte von inotrop wirkenden Pharmaka auf die Hämodynamik schließen ungünstige
Wirkungen auf den Langzeitverlauf im Sinn einer erhöhten Sterblichkeit nicht aus.
Der Einsatz positiv inotroper Substanzen sollte daher auch unter diesem Aspekt immer
sorgfältig hinsichtlich Nutzen und Risiken abgewogen werden. Die Wiederherstellung
suffizienter Kreislaufverhältnisse ist zwar vorrangiges Ziel, die Betrachtung der
längerfristigen Prognose darf bei der Indikationsstellung aber nicht außer Acht gelassen
werden.
Toleranzentwicklung. Werden Catecholamine längerfristig eingesetzt, sollte die Möglichkeit der Toleranzentwicklung
bedacht werden. Ein hämodynamisches Monitoring, das über die alleinige Kontrolle des
Blutdrucks hinausgeht, kann bei längerfristiger Gabe notwendig werden (Echokardiographie,
pulmonalarterieller Katheter).
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Priv.-Doz. Dr. med. Wilhelm Haverkamp
Med. Klinik mit Schwerpunkt Kardiologie · Campus Virchow-Klinikum · Charité - Universitätsmedizin
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