ergopraxis 2018; 11(06): 12-14
DOI: 10.1055/a-0587-7623
Wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart – New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
08 June 2018 (online)

Pflegeheim ist keine Option – Junge Erwachsene mit neurologischen Erkrankungen

Junge
Menschen unter 65 Jahren können im Pflegeheim in der Regel kein selbstbestimmtes Leben führen.

Es mangelt deutlich an Forschungen zur Lebenspraxis von Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter, die zum Beispiel mit Schlaganfall, Querschnittlähmung oder Multipler Sklerose in Pflegeheimen leben. Diese Institutionen sind in aller Regel für wesentlich ältere Menschen ausgelegt. Das fanden Ergotherapeutin Kerry Thornton und Physiotherapeut William Levack vom Department of Medicine an der University of Otago Wellington, Neuseeland, mit ihrer qualitativen Metasynthese heraus.

Sie analysierten systematisch die Ergebnisse von 7 qualitativen Studien. In den wissenschaftlichen Publikationen ging es unter anderem darum, warum junge Erwachsene mit neurologischen Erkrankungen überhaupt im Pflegeheim sind, wie sie ihre Teilhabe am gesellschaftlichen Leben empfinden und ob sie sich hinsichtlich der Körperhygiene vernachlässigt fühlen. Anschließend führten die Forscher die ermittelten Überzeugungen, Vorstellungen und Erfahrungen in Bezug auf das Heimumfeld thematisch zusammen. Bevor sie ihre endgültigen Schlussfolgerungen zogen, erfolgte noch eine Sensitivitätsanalyse. Mit diesem anerkannten Verfahren kann der Einfluss schwächerer Studien auf die Metasynthese untersucht werden.

Die Forscher bestätigen mit ihrer Untersuchung, dass die Situation von Menschen unter 65 Jahren mit erworbenen neurologischen Einschränkungen in Pflegeheimen besonders prekär ist: Es besteht ein erhebliches Risiko für ihre geistige, körperliche und soziale Gesundheit. Damit einher gehen häufig ein Verlust ihrer Würde und eine erhebliche Abhängigkeit von anderen Personen. Aufgrund mangelnder Flexibilität können die Betroffenen in diesen Einrichtungen nicht selbstbestimmt leben.

Um die Probleme rund um dieses eingeengte Leben zu lösen, müsste man die Personaldecke erhöhen sowie die Mitarbeiter schulen. Voraussetzung ist der politische Wille für diese Änderungen. Eine individuell angepasste ambulante Betreuung im eigenen Zuhause wäre vermutlich trotzdem für viele die bessere Lösung. Für genauere Aussagen ist aber weitere Forschung notwendig.

ari

Br J Occup Ther 2017; 80: 608–619