Zusammenfassung
Hintergrund Die Auswirkungen einer langjährigen Haftstrafe auf den Vitamin D (VitD)-Haushalt
von Strafgefangenen in Deutschland wurden bislang nicht systematisch untersucht. Besondere
Lebensumstände in der Justizvollzugsanstalt (JVA) – wenig Sonnenlicht bei geringer
Aufenthaltszeit im Freien – könnten bei Inhaftierten zu VitD-Mangel führen. Ziel der
Studie war es, den VitD-Status bei der deutschen Wohnbevölkerung und Inhaftierten
zu betrachten, um das Ausmaß eines VitD-Mangels in beiden Gruppen zu quantifizieren.
Methoden Im Zeitraum Mai 2012–Juni 2013 wurde der VitD-Spiegel (Nachweis 25(OH) D) in Blutseren
von Insassinnen einer deutschen JVA getestet. Verwendete Definitionen waren: leichter
VitD-Mangel: 10-<20 µg/l; schwerer Mangel:<10 µg/l. Um die JVA-Ergebnisse mit entsprechenden
Werten in der Wohnbevölkerung in Deutschland vergleichen zu können, wurde eine systematische
Literaturrecherche in der elektronischen Datenbank PubMed durchgeführt.
Ergebnisse Es wurden Blutseren von 84 Inhaftierten (Altersmedian: 43 Jahre; Spanne: 19–75) untersucht.
Bei 30 Frauen (36%) lag ein schwerer VitD-Mangel vor, bei 47 (56%) ein leichter. Zehn
Studien zum VitD-Status konnten identifiziert werden, in denen übereinstimmend ein
beträchtlicher VitD-Mangel in der Wohnbevölkerung berichtet wurde.
Schlussfolgerung In Deutschland scheinen sowohl weibliche Inhaftierte als auch die Wohnbevölkerung
nicht ausreichend mit VitD versorgt. Im Gegensatz zu Inhaftierten kann die nicht-institutionalisierte
Bevölkerung wesentlich freier entscheiden, ob, wann und wie lange sie sich der Sonne
aussetzen möchte. Auch kann sie durch VitD-reiche Nahrung einem Mangel entgegensteuern.
Dies ist Inhaftierten versagt. Um den langfristigen Auswirkungen eines VitD-Mangels
bei Strafgefangenen vorzubeugen, erscheint das Angebot einer Substitution mit VitD-Präparaten
für die Dauer der Inhaftierung sinnvoll.
Abstract
Objective Effects of long-term imprisonment on the vitamin D (vitD) status of prison inmates
in Germany have not been systematically assessed so far. Special circumstances in
prisons – little sunlight exposure combined with restricted outdoor activities – may
lead to vitD deficiency among prisoners. The aim of this study was to assess the vitD
status of prisoners and the general population in order to quantify the extent of
vitD deficiency in both groups.
Methods VitD status (25(OH)D in blood serum samples) was assessed in female inmates of a
prison in southern Germany between May 2012–June 2013. Suboptimal vitD status was
defined as levels of 10-<20 µg/l, severe deficiency as<10 µg/l. A systematic literature
search in PubMed was conducted in order to compare study results with vitD levels
in the general population.
Results Blood sera of 84 inmates (median age: 43 years; range: 19–75) were analyzed. Thirty
women (36%) showed severe vitD deficiency, 47 (56%) suboptimal vitD levels. The literature
search identified 10 studies which reported considerable vitD deficiency in the general
population in Germany.
Conclusion VitD deficiency is very common in both prison inmates and the general population.
Unlike prison inmates, the population is able to decide whether, when and how long
they want to exposure to sunlight. Moreover, they can counteract deficiency via a
nutrition rich in vitD. This is not possible for inmates. To prevent long-term effects
of vitD deficiency, intake of vitD supplements during duration of imprisonment seems
reasonable.
Schlüsselwörter Vitamin D-Mangel - Justizvollzugsanstalt - Inhaftierte - systematische Literaturrecherche
- 25(OH)D - D-Supplementation
Key words vitamin D deficiency - serum 25(OH)D level - Germany - inmates - prison