Geburtshilfe Frauenheilkd 2018; 78(06): 543-547
DOI: 10.1055/a-0625-0927
GebFra Magazin
Geschichte der Gynäkologie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ursachenvorstellungen zur Dysmenorrhö – eine Analyse der Publikationen im „Archiv für Gynäkologie“ 1870 bis 1970

Sarah Josefine Kehler
,
Andreas D. Ebert
,
Matthias David
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Publication History

Publication Date:
25 June 2018 (online)

Definition und Methodik

Noch 1965 schrieb Lukas in seiner Monografie über „Die Dysmenorrhoe“: „… Wir bezeichnen … als Dysmenorrhoe eine Menstruation, die mit Beschwerden oder Schmerzen von solchem Ausmaß einhergeht, dass die betreffende Frau in ihrem Befinden ernstlich gestört ist und ihrer gewohnten Tätigkeit nicht in üblicher Weise nachgehen kann. Als Maß für die Schwere des Zustandes mag in gewissem Umfang der Verbrauch von Medikamenten, der Behinderung der Arbeitsfähigkeit oder gar die Notwendigkeit, Bettruhe einzuhalten, gelten. […] Kaum ein gynäkologisches Krankheitsbild ist einerseits so verbreitet und andererseits in seiner Genese so unklar wie die Dysmenorrhoe …“ [23].

Nachfolgend werden Erklärungskonzepte und Therapieansätze für das Krankheitsbild Dysmenorrhö aus medizinhistorischer Sicht vorgestellt. Für die vorliegende Arbeit wurden alle Bände der Zeitschrift „Archiv für Gynäkologie“ auf Artikel durchsucht, die die Begriffe „Dysmenorrhoe“ oder „Algomenorrhoe“ enthielten und zwischen 1870 und 1970 hier veröffentlicht wurden. Die ersten Artikel im „Archiv für Gynäkologie“, die sich mit dem Thema Dysmenorrhö befasste, erschienen 1876 [1], [2]. Von diesem Zeitpunkt an schwankte die Anzahl der pro Jahrzehnt erschienenen Arbeiten zu diesem Thema zwischen 0 und 3. Mit 6 publizierten Artikeln innerhalb von 20 Jahren weist der Zeitraum zwischen 1910 und 1930 die höchste „Publikationsdichte“ auf. Insgesamt fanden sich im Untersuchungszeitraum 1870 – 1970 insgesamt 246 Artikel mit dem Suchbegriff „Dysmenorrhoe“ und 5 Artikel mit dem Begriff „Algomenorrhoe“. 18 Publikationen enthielten Überlegungen zur Ätiologie der Regelschmerzen und gingen somit in die weitere Auswertung ein. Alle dokumentierten Erklärungskonzepte wurden thematisch zusammengefasst und chronologisch geordnet, wobei sich letztlich 4 unterschiedliche Theorieansätze nachweisen ließen, die nachfolgend kurz vorgestellt werden.

 
  • Literatur

  • 1 Beigel H. Zur Pathologie der Dysmenorrhöa membranacea: Decidua menstrualis. Archiv für Gynaekologie 1876; 9: 84-114
  • 2 Leopold G. Ueber die Dysmenorrhöa membranacea. Archiv für Gynäkologie 1876; 10: 293-300
  • 3 Vedeler B. Über Dysmenorrhö. Archiv für Gynäkologie 1883; 1: 211-278
  • 4 Grenser P. Die Rückwärtslagerungen der Gebärmutter bei Jungfrauen und Nulliparen, nebst Bemerkungen zur Retroflexio uteri congenita. Archiv für Gynäkologie 1877; 11: 145-159
  • 5 Joachimovits R. Einige neue Gesichtspunkte zur Klinik der Dysmenorrhö. Archiv für Gynäkologie 1929; 136: 301-318
  • 6 Dick W. Die psychische Form der Dysmenorrhö und deren hypnotische Behandlung. Archiv für Gynäkologie 1925; 124: 345-366
  • 7 Hirsch M. Dysmenorrhö in Beziehung zu Körperbau und Konstitution. Archiv für Gynäkologie 1923; 120: 111-115
  • 8 Vedeler B. Dysmenorrhöa hysterica. Archiv für Gynäkologie 1897; 54: 324-351
  • 9 Wormser E. Ueber nasale Behandlung der Dysmenorrhö. Archiv für Gynaekologie 1918; 109: 136-140
  • 10 David M, Ebert AD. Sigmund Freud (1856 – 1939), Wilhelm Fließ (1858 – 1928) und Alfred Koblanck (1863 – 1928) – die Psychoanalyse, die Nase und das weibliche Genitale. In: David M, Ebert AD. Hrsg. Berühmte Frauenärzte in Berlin. Band 2. Frankfurt a. M.: Mabuse; 2018
  • 11 Fliess W. Die Beziehungen zwischen Nase und weiblichen Geschlechtsorganen. Leipzig, Wien: Deuticke; 1897
  • 12 Koblanck A. Taschenbuch der Frauenheilkunde. Berlin, Wien: Urban und Schwarzenberg; 1916
  • 13 Caffier PP, David M. Wer heilt, hat recht! – Ein vergessenes Genie? Zum 150. Geburtstag und 80. Todestag von Wilhelm Fließ. Laryngo-Rhino-Otol 2009; 88: 39-44
  • 14 Engelmann F. Die Elektricität in der Gynäkologie. Archiv für Gynäkologie 1889; 36: 193-230
  • 15 Kisch EH. Das Geschlechtsleben des Weibes. Berlin, Wien: Urban und Schwarzenberg; 1904
  • 16 Roemer H. Psychosomatische Aspekte in der Gynäkologie. Archiv für Gynäkologie 1969; 207: 76-88
  • 17 Prill HJ. Gynäkologische Symptome in sozialmedizinischer Sicht. Archiv für Gynäkologie 1967; 204: 166-167
  • 18 Meyer-Rüegg H. Vorgänge in der Uterusschleimhaut bei Menstruation. Archiv für Gynäkologie 1919; 110: 224-296
  • 19 Pohl A. Die Dysmenorrhöa membranacea, eine innersekretorische Erkrankung. Archiv für Gynäkologie 1934; 158: 326-335
  • 20 Wilbrand U. Klinisch experimentelle Untersuchungen zur Frage der prämenstruellen Beschwerden und funktionellen Dysmenorrhö. Archiv für Gynäkologie 1951; 179: 331-362
  • 21 Hertz DG, Molinski H. Psychosomatik der Frau: Entwicklungsstufen der weiblichen Identität in Gesundheit und Krankheit. 1986 Online: https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-642-71159-6 Stand: 03.05.2018
  • 22 Egger JW. Das biopsychosoziale Krankheitsmodell. Grundzüge eines wissenschaftlich begründeten ganzheitlichen Verständnisses von Krankheit. Psychologische Medizin 2005; 16: 3-12
  • 23 Lukas KH. Die Dysmenorrhö. Stuttgart: F. Enke; 1965