Z Gastroenterol 2018; 56(06): 699-700
DOI: 10.1055/a-0626-9973
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Chemotherapie nach cholangiozellulärem Karzinom

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Publication Date:
11 June 2018 (online)

In den beiden hier beschriebenen Fällen handelt es sich um männliche Patienten mit intrahepatischem Karzinom, das als Zufallsbefund in einer Routinesonografie beim Hausarzt nachgewiesen wurde. Beide waren in fortgeschrittenem Alter (75/81 Jahre) und bis zum Zeitpunkt der Diagnosestellung gesund und in einem guten, nicht adipösen Ernährungszustand. Medikamente wurden nicht eingenommen. Die weitere Diagnostik in unserer Ambulanz und stationär ergab den Befund eines cholangiozellulären Karzinoms (CCC). In beiden Fällen bestand radiologisch kein Hinweis auf eine Fernmetastasierung.

Die Patienten wurden zur chirurgischen Therapie an einen in der hepatobiliären Chirurgie sehr erfahrenen Kollegen überwiesen. Bei einem Patienten war eine kurative Resektion möglich, bei dem zweiten Patienten war es trotz Pfortaderembolisation rechts und zweimaliger transarterieller Chemoembolisation (TACE) nicht möglich, eine R0-Resektion zu erreichen. Leider kam es aber auch bei dem ersten Patienten nur wenige Monate später zu einer ausgeprägten intrahepatischen Metastasierung und in der weiteren Folge auch zu einer ossären Filialisierung mit einer pathologischen Fraktur des linken Femurs.

Es bestand also bei beiden Patienten eine Indikation zu einer systemischen Chemotherapie. Dies vor allem auch deshalb, weil zum einen ein Behandlungswunsch geäußert wurde, zum anderen, weil beide Patienten trotz der durchgeführten Maßnahmen weiterhin in einem erstaunlichen guten Allgemeinzustand waren.

Die systemische palliative Chemotherapie bei CCC besteht seit 2009 in erster Linie aus der Kombination Gemcitabine und Cisplatin. In einer Metaanalyse aus dem Jahre 2010 konnte eine deutliche Überlegenheit gegenüber einer Gemcitabine-Monotherapie gesehen werden. Das mediane Überleben kann durch diese Therapie im Vergleich mit Gemcitabine als Monotherapie bei vergleichbarer Toxizität signifikant von 8,1 auf 11,7 Monate verlängert werden.

Leider vertrugen beide Patienten die genannte Chemotherapie schlecht. Es kam zu deutlichen Blutbildveränderungen, außerdem limitierte in beiden Fällen der Anstieg des Serumkreatinins den Einsatz von Cisplatin. Evidenzbasierte Empfehlungen für eine Zweitlinientherapie liegen bisher nur in begrenztem Umfang vor. Unter anderem wurden in mehreren kleineren Studien auch EGFR-Antagonisten in Kombination mit Gemcitabine und/oder einem platinhaltigen Medikament eingesetzt. Eingesetzt wurden Erotinib, Lapatinib, Sorafenib und Selumetinib.

Erlotinib wurde bereits 2005 in einer Phase-II-Studie untersucht. Dabei wurden 42 Patienten mit einem fortgeschrittenen CCC über 28 Tage mit 150 mg Erlotinib behandelt. Die Mehrzahl der Patienten zeigte dabei einen stabilen Verlauf, drei Patienten hatten allerdings nach RECIST-Kriterien eine partielle Remission. In einer anderen Phase-III-Studie wurde das Medikament in Kombination mit Gemcitabine und Oxaliplatin eingesetzt. 268 Patienten wurden eingeschlossen. Die Kombination Erlotinib und Chemotherapie zeigte ein deutlich höheres objektives Ansprechen (40 vs. 21 Patienten).

In Deutschland ist Erlotinib für die Therapie von Patienten mit nicht kleinzelligem Lungenkarzinom zugelassen, die eine aktivierende EGFR-Mutation aufweisen. Außerdem auch für die Behandlung des metastasierten Pankreaskarzinoms. Bei beiden Erkrankungen gilt wie für andere AK gegen den EGFR-Rezeptor auch, dass eine positive kutane Reaktion die Wirkung des Medikamentes anzeigt und deshalb auch als Marker für die Fortsetzung der Therapie gesehen wird.

Da unsere beiden Patienten aufgrund des Alters und einer in beiden Fällen eingeschränkten Nierenfunktion für eine platinhaltige Therapie nicht mehr in Frage kamen, stellten wir bei der Versicherung einen Kostenübernahmeantrag für eine Monotherapie mit dem Medikament Erlotinib. Beide Patienten zeigten eine positive Hautreaktion und konnten so auch nach der Initiierungsphase weiter behandelt werden. Besonders eindrucksvoll war die Wirkung des mit jeweils 150 mg/die gegebenen Medikamentes bei dem ersten Patienten, der ja nach seiner Operation mit einer ausgeprägten Lebermetastasierung vorstellig wurde. Dieser Patient zeigte eine deutliche Erhöhung der Cholestase-Enzyme und natürlich auch des Tumormarkers CA 19 – 9 l.

Dieser Marker zeigte innerhalb weniger Wochen einen eindrucksvollen Abfall ebenso wie die Transaminasen. Dabei waren bis auf die beschriebenen Hautreaktionen keine wesentlichen Nebenwirkungen zu verzeichnen. Der Patient hat bis heute (28 Monate nach Diagnosestellung bei diffuser hepatischer Metastasierung) nur einen geringen Progress seiner Erkrankung gezeigt.

Wir sehen in diesem Medikament, was bisher nicht für diese Tumorerkrankung zugelassen ist, eine Alternative in der Monotherapie für ältere und polymorbide Patienten. Außerdem ist es sicher ein interessanter Kombinationspartner für die Standard-Chemotherapie.