Der Klinikarzt 2018; 47(06): 281
DOI: 10.1055/a-0631-5009
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Publication Date:
28 June 2018 (online)

Impflücken bei Erwachsenen

Masern auf dem Vormarsch

Folgt auf Fieber, Schnupfen, Husten und Augenentzündung ein roter fleckiger Ausschlag am ganzen Körper, sollten Betroffene umgehend eine Masernerkrankung abklären lassen. Dies gilt insbesondere für Jugendliche und Erwachsene zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr – und für Klinikpersonal. Über 30 % der Masernfälle in Deutschland betreffen mittlerweile die Altersgruppe der über 20-Jährigen. Denn häufig haben sie in ihrer Jugend nur eine der beiden erforderlichen Impfungen erhalten.

„Masern sind mitnichten eine harmlose Kinderkrankheit, sondern können sich zu einer schweren Systemerkrankung entwickeln“, sagt Prof. Dr. Dr. med. Sabine Wicker, Vorsitzende der Nationalen Verifizierungskommission Masern/Röteln beim Robert Koch-Institut. Der Grund: „Das Virus hat die Fähigkeit, das Immunsystem zu schwächen. Dadurch steigt die Anfälligkeit für weitere Krankheiten und Komplikationen, etwa Mittelohr-, Lungen- und Gehirnhautentzündungen.“ Kinder unter 5 und Erwachsene über 20 Jahren haben dabei das größte Risiko für schwerwiegende Folgen, so die Ärztin.

Masern gehören zu den ansteckendsten Infektionen überhaupt. „Fast jeder, der mit dem Virus in Berührung kommt und nicht immun ist, erkrankt daran“, berichtet Wicker. Hinzu kommt: Die Betroffenen sind bereits 4 Tage vor Auftreten des Ausschlags ansteckend.

Dabei gilt die seit über 40 Jahren verfügbare Masern-Schutzimpfung als wirksam und sicher. Nach den Empfehlungen der STIKO am Robert Koch-Institut sollten alle Kleinkinder bis zum 24. Lebensmonat 2 Masernimpfungen erhalten. Gerade die zweite Impfung bekamen im Jahr 2015 jedoch nur 74 % der Zweijährigen. „Erst die zweite Impfung gewährleistet jedoch einen nahezu 100 %igen Schutz vor Masern“, so Wicker, die Mitglied der STIKO ist. Zudem bestünden große Unterschiede in der Impfhäufigkeit in den verschiedenen Bundesländern (siehe Impfatlas www.vacmap.de).

Aufgrund fehlender Immunität erkrankten zunehmend auch Erwachsene zwischen dem 20. und 50. Lebensjahr. „Oft wissen sie nicht, dass sie nur einmal geimpft wurden“, so Wicker. Die vor 1970 Geborenen jedoch hätten zu etwa 95 % die Masern mit dem sogenannten Wildvirus durchgemacht und dadurch eine Immunität aufgebaut.

Seit August 2010 empfiehlt die STIKO deshalb die Masernimpfung in Deutschland auch für alle nach 1970 geborenen Erwachsenen, die in der Kindheit nicht oder nur einmal geimpft wurden. Auch Urlauber sollten vor Antritt der Reise den Impfschutz vom Arzt prüfen lassen und die Masernimpfung gegebenenfalls nachholen, rät Wicker. „Damit tut der Einzelne nicht nur etwas für sich, sondern auch zum Schutz Dritter, etwa der ihm anvertrauten Patienten“, sagt auch der Generalsekretär der DGIM, Prof. Dr. med. Dr. h.c. Ulrich Fölsch aus Kiel. ka