Zusammenfassung
Hintergrund Das multiple Myelom (MM) stellt eine maligne hämatologische Plasmazellerkrankung
des meist älteren Patienten dar, bei der es durch neoplastische Zellpopulationen im
Knochenskelett zu osteolytischen Knochendestruktionen kommt. Über 50% aller Myelompatienten
erleiden im Krankheitsverlauf pathologische Frakturen. Mit rund 15% ist das MM der
am häufigsten auftretende maligne Tumor der Wirbelsäule, wobei 8 – 10% eine tumorbedingte
neurologische Ausfallsymptomatik aufzeigen. Die operative Therapie stellt bei Patienten
mit MM neben der onkologischen, antineoplastischen Systemtherapie eine wesentliche
supportive Behandlungsmaßnahme dar und dient der Rekonstruktion und Stabilisierung
betroffener Skelettabschnitte nach myelomassoziierten Knochendestruktionen und der
Behandlung begleitender Komplikationen.
Methoden Auf Grundlage einer umfassenden Literaturrecherche, die selektiv in PubMed mit den
Stichworten „multiple myeloma“ and „surgery“ or „fracture“ erfolgte, wurde die verfügbare
Primär- und Sekundärliteratur zur Beurteilung der aktuellen operativen Therapieverfahren
beurteilt. Eingeschlossen wurden deutsch- und englischsprachige systematische Reviews,
Metaanalysen, klinische Studien und internationale Therapieempfehlungen von 1975 bis
Frühjahr 2018.
Diskussion Bei Auftreten von pathologischen Frakturen oder Instabilitäten des Skelettapparats
aufgrund von tumorbedingten Knochendestruktionen sind stabilisierende Operationen
für die Erhaltung und Wiederherstellung von Funktion und Beweglichkeit unumgänglich.
Es werden absolute und relative Indikationsstellungen für eine operative Therapie
des MM unterschieden, die sich nach Ausmaß und Befund stabilitätsgefährdender Knochenläsionen
oder manifester pathologischer Frakturen sowie begleitender Komplikationen wie neurologische
Ausfallserscheinungen und konservativ therapierefraktäre Knochenschmerzen richten.
Das Spektrum operativer Versorgungsmöglichkeiten reicht im Bereich der Extremitäten
von Verbundosteosynthesen mit verschiedenen Kraftträgern bis hin zu modularen Tumorendoprothesensystemen.
Zur Stabilisierung von tumorbedingten Wirbelsäulendestruktionen kommen minimalinvasive
Verfahren wie Kypho- und Vertebroplastien, aber auch selektive Dekompressionen sowie
Fusionsspondylodesen und Wirbelkörperersatzverfahren zum Einsatz. Operationsmethode
und Versorgungszeitpunkt sind individuell und in Abhängigkeit vom Risikoprofil und
Prognose des Myelompatienten zu wählen. Grundsätzliches Ziel und Anspruch operativer
Stabilisierungseingriffe sollte eine definitive und belastungsstabile Versorgung sein,
die bei meist langem Krankheitsverlauf des Myelompatienten eine Restitutio ad Integrum
gewährleistet. Postoperativ ist eine adjuvante Strahlentherapie zu empfehlen.
Schlussfolgerung Die operative Therapie des MM nimmt eine Schlüsselrolle in der ganzheitlichen Behandlung
des Myelompatienten ein, um Leidensdruck zu reduzieren und Funktion und Beweglichkeit
der betroffenen Skelettabschnitte wiederherzustellen und damit Mobilität und Lebensqualität
für den Tumorpatienten zu erhalten. Das Spektrum der operativen Versorgungsstrategien
ist dabei komplex und anspruchsvoll.
Schlüsselwörter
multiples Myelom - pathologische Fraktur - operative Therapie