Z Orthop Unfall 2019; 157(02): 173-182
DOI: 10.1055/a-0654-5504
Original Article/Originalarbeit
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Einschätzung der Auswirkungen eines Diabetes mellitus und einer Mangelernährung auf die postoperative Komplikationsrate und Lebensqualität von Patienten in einer unfallchirurgischen Schwerpunktklinik

Article in several languages: English | deutsch
Elke Wintermeyer
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Christoph Ihle
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Sabrina Ehnert
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Anna J. Schreiner
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Laura Stollhof
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Ulrich Stöckle
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Andreas Nussler
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Andreas Fritsche
2   Abteilung Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie, Eberhard Karls Universität Tübingen
3   Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrums München an der Eberhard Karls Universität Tübingen
,
Stefan Pscherer
1   BG Unfallklinik Tübingen, Eberhard Karls Universität Tübingen
2   Abteilung Endokrinologie, Diabetologie, Angiologie, Nephrologie und Klinische Chemie, Eberhard Karls Universität Tübingen
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Publication History

Publication Date:
31 July 2018 (online)

Zusammenfassung

Hintergrund Die Prävalenz eines Diabetes mellitus (DM) oder einer Mangelernährung hospitalisierter Patienten zeigt sich in Abhängigkeit von der jeweiligen Fachrichtung höher als die der Normalbevölkerung. Damit verbunden sind vermehrte, postoperative Komplikationen und steigende Behandlungskosten. Auch die subjektive Lebensqualität stationär behandelter Patienten kann beeinträchtigt sein, allerdings liegt hierfür nur eine begrenzte Datenlage, vor allem in der Unfallchirurgie, vor. Einflussfaktoren sowohl auf die postoperative Komplikationsrate als auch auf die Lebensqualität unfallchirurgischer Patienten könnten hierüber Aufschluss geben.

Material/Methoden In einer prospektiven Studie zwischen 06/2014 und 02/2017 wurden 1643 unfallchirurgische Patienten der Traumatologie, der Alterstraumatologie, der septischen Unfallchirurgie und Endoprothetik hinsichtlich des klinischen Outcomes, der Komplikationsrate und der Lebensqualität (Short Form Health Survey 36, SF-36) in Abhängigkeit von einem Diabetes mellitus (DM) und vom Ernährungsstatus (Nutritional Risk Screening 2002, NRS) untersucht und beurteilt.

Ergebnisse Mit 12,4% zeigt sich eine deutlich höhere Prävalenz eines DM und mit 18,3% ein höheres Risiko für Mangelernährung (NRS ≥ 3) bei stationär behandelten, unfallchirurgischen Patienten im Vergleich zur Normalbevölkerung (DM 7,2%). Patienten mit DM hatten eine signifikant höhere Komplikationsrate als Patienten ohne DM. Auch Patienten mit einem Risiko für Mangelernährung zeigten signifikant mehr Komplikationen. Zudem beurteilen Patienten mit DM ihre subjektive Lebensqualität in den meisten Dimensionen des SF-36, vor allem den körperlich subjektiv zu beurteilenden, geringer als Patienten ohne DM, während Patienten mit einem NRS ≥ 3 ihre Lebensqualität in allen Dimensionen des SF-36 (körperlich und mental) schlechter beurteilen als Patienten ohne Risiko für eine Mangelernährung. Weiterhin können wir zeigen, dass ein reduzierter Ernährungszustand zu einer schlechteren Beurteilung der subjektiven Lebensqualität führt, als dies durch das Vorliegen eines DM erreicht wird.

Schlussfolgerung Ein vorhandener Diabetes mellitus sowie ein erhöhtes Risiko für Mangelernährung scheinen Einfluss auf die subjektive Einschätzung der Lebensqualität und auf die Komplikationsrate bei unfallchirurgischen Patienten zu haben. Um eine flächendeckende Erfassung und umfassende fachspezifische Therapie betroffener Patienten zukünftig zu gewährleisten, sollten interdisziplinäre Diabeteszentren etabliert werden. Damit könnten wahrscheinlich die Komplikationsraten und die daraus resultierenden höheren Behandlungskosten reduziert werden.