physioscience 2018; 14(03): 146-147
DOI: 10.1055/a-0658-0576
Veranstaltungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

42. Fortbildungstagung der Vereinigung der Bobath-Therapeuten Deutschlands e. V. in Würzburg

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Publication Date:
11 September 2018 (online)

Unter dem Titel „Netzwerke stärken – Zusammenarbeit fördern“ fand die Jahresfortbildungstagung der Bobath-Vereinigung am 4. und 5. Mai 2018 in Würzburg statt. Hans Schöbel, Vorsitzender des Trägervereins und Wegbegleiter des Ehepaars Dr. Karel und Berta Bobath, hieß die Tagungsteilnehmer im Zentrum für Körperbehinderte in Würzburg-Heuchelhof willkommen. 200 Teilnehmer, darunter Physio- und Ergotherapeuten, Logopäden, Pflegekräfte und Ärzte informierten sich über die neuen Entwicklungen in der Bobath-Therapie und ihren Bezugswissenschaften.

Ein Schwerpunkt war diesmal die Vernetzung von angewandter Therapie und wissenschaftlicher Arbeit im Zusammenhang mit dem Bobath-Konzept. Zu Beginn und am Ende der Tagung standen Beiträge, die beide das Prinzip der Handlungsorientierung in der Bobath-Therapie deutlich machten.

Im 1. Vortrag veranschaulichte die Physiotherapeutin Heidi Sinz, wie Klettern als Freizeitgestaltung bei Menschen mit neurologischen Schädigungen Lebensqualität, Selbstbewusstsein und Problemlösungsstrategien wirkungsvoll verbessert. Im letzten Beitrag stellte die Bobath-Therapeutin Christina Groll aus Münster ihre Dissertation vor, für die sie mit dem 2. Wissenschaftspreis 2018 der Vereinigung ausgezeichnet wurde. Ihre Arbeit „Kompetenzbildung bei Menschen mit Behinderung – Probleme und Perspektiven der Konzeption und Evaluation einer innovationsbezogenen Position spielerisch-sportlicher Bewegungstherapie im Schnittfeld von Physiotherapie und Sportpädagogik“ beschreibt und bewertet die psychosoziale Wirkung eines Segelsportangebots für Menschen mit Hemiplegie.

Den 1. Wissenschaftspreis 2018 der Vereinigung – gestiftet von Helga Treml-Sieder – erhielt Theresa Hirsch für ihre Masterarbeit „Operationalisierung des Phänomens des Learned-Non-Use – eine Delphistudie“. Ursprünglich hatte die Vereinigung nur einen Wissenschaftspreis ausgeschrieben. Aufgrund des äußerst knappen Abstands der Bewertungsergebnisse der Jury entschloss sich der Vorstand der Bobath-Vereinigung jedoch, neben dem 1. Preis für Theresa Hirsch auch noch den oben erwähnten 2. Wissenschaftspreis für Christina Groll aus dem Haushaltsbudget aufzulegen.

Auch dieses Jahr fand vor der Fachtagung die Sitzung des Wissenschaftsbeirats der Vereinigung statt. Im von Justine Eck geleiteten Gremium sitzen zu gleichen Teilen Mediziner und Therapeuten aus Entwicklungsneurologie und Neurorehabilitation. Hier war das Thema vor allem, wie es gelingen kann, den Mitgliedern des Fachverbandes – überwiegend praktisch arbeitenden Bobath-Therapeuten – Studieninhalte/-projekte und die Methodik von Studien besser zugänglich zu machen.

Die in Leuven (Belgien) forschende Bobath-Therapeutin und Mitglied des Wissenschaftsbeirates, Dr. Kirstin-Friederike Heise, stellte in ihrem Vortrag „Zwei Hände und ein Gehirn – wissenschaftliche Perspektiven bimanueller Interaktion“ Strategien motorischen Lernens und Neuroplastizität dar.

Die Wissenschaftlerin und Bobath-Therapeutin Petra Marsico aus dem Rehabilitationszentrum Affoltern am Albis (Universitätskinderspital Zürich) führte den Teilnehmern des Wissenschaftsworkshops vor Augen, wie wichtig das Gelingen des Knowledge Transfers ist. Damit Patienten von den Fortschritten in den Wissenschaften profitieren, müssten Anwender im Gesundheitsweisen die Implementierung von Wissenschaft in die Praxis vorantreiben. Dies ist wichtig für fundierte Entscheidungen. Zusammen mit den Teilnehmern des Workshops erprobte sie eine Checkliste zur Selbstevaluation über den Grad von interner „Bobath-Evidenz“.

Die Entwicklungsneurologin Prof. Dr. Mijna Hadders-Algra gab in ihrem Vortrag zur Früherkennung von pathologischer Entwicklung des Risikosäuglings einen vielbeachteten Einblick in ihre Grundlagenforschung am Universitäts-Kinderspital im niederländischen Groningen. Die Teilnehmer ihres Seminars über das Infant Motor Profile hatten Gelegenheit, Grundlagenforschung und ihre Umsetzung in die Praxis – Knowledge Transfer – kennenzulernen.

In der Poster-Ausstellung zeigte sich die große Bandbreite der Arbeit von wissenschaftlich aktiven und engagierten Bobath-Therapeuten. Sie war in diesem Jahr mit 5 Bewerbungen um den Publikumspreis erfreulich gut bestückt. Die meisten Stimmen erhielt das Poster aus dem Züricher Universitäts-Kinderspital von Petra Marsico und Kollegen zur Relevanz der Nervenbeweglichkeit bei Kindern mit Zerebralparese.

Zur Weiterbildung gab es viele Seminare mit praktischen Themen und einen Industrieworkshop.

Wie in jedem Jahr berichtete Ute Repschläger vom IFK über die langsam einsetzenden wirtschaftlichen Verbesserungen für Bobath-Therapeuten, die sich durch hartnäckige Verbandsarbeit in den politischen Gremien und bei den Kostenträgern erzielen ließen.

Auf der Mitgliederversammlung der Vereinigung wurden 3 neue Ehrenmitgliedschaften verliehen. Die Mitglieder würdigten damit einstimmig den Einsatz von Karen Bernard, Frauke Biewald und Dr. Angelika Enders für die Entwicklung und Verbreitung des Bobath-Konzeptes in Kursen, Veröffentlichungen und in ihrer beispielhaften Arbeit mit den Patienten.

Kerstin Rethemeier, langjähriges Mitglied des Vorstandes und zuständig für die Qualitätsentwicklung wurde von der ehemaligen 1. Vorsitzenden der Vereinigung, Angela Wodraschke-Hanke, mit einer humorvollen Rede verabschiedet. Ihre Aufgaben, unter anderem die Weiterentwicklung der Bobath-Arbeitskreise, übernimmt Wiebke von Klot, seit 2017 Mitglied des Vorstandes.

Fortbildung, Austausch und Zukunftsfragen prägten die sonnige warme Tagung in den Räumen der Schule für Körperbehinderte mit angeschlossenem Internat, dem Zentrum für Körperbehinderte Würzburg-Heuchelhof. In dieser besonderen, manchmal improvisierten Atmosphäre war eines deutlich spürbar: Zusammenarbeit aller Disziplinen, der Wissenschaft und der Praxis, ist erfolgreich und befriedigend und bringt das Konzept weiter. So war auch die Erinnerung an die Begründer Karel und Berta Bobath sehr lebendig, die sich bewusst für ein offenes, sich veränderndes Konzept im Vergleich zu einer festgelegten Methode ausgesprochen hatten.

Im Jahr 2019 tagt die Vereinigung der Bobath-Therapeuten unter dem Motto „Bobath meets REHAB“ am 17. und 18. Mai in Karlsruhe parallel zur Messe.