Informationen aus Orthodontie & Kieferorthopädie 2018; 50(03): 162-163
DOI: 10.1055/a-0667-1158
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Wirkung des probiotischen Bakteriums Lactobacillus reuteri auf die Entwicklung von White-Spot-Läsionen bei kieferorthopädischen Patienten

Britta A. Jung
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Publication Date:
04 October 2018 (online)

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Gizani S, Petsi G, Twetman S, Caroni C, Makou M, Papagianoulis L. Effect of the probiotic bacterium lactobacillus reuteri on white spot lesion development in orthodontic patients. Eur J Orthod 2016; 38 (1): 85–89.

Probiotische Lebensmittel enthalten spezifische Bakterien, wie z. B. bestimmte Laktobazillenarten, die in der Lage sind, aktiv Karies und Parodontitis auslösende Keime zu hemmen [1]. So ist bspw. ein bestimmter Stamm des Milchsäurebakteriums Lactobacillus paracasei in der Lage, die Oberfläche des Karieserregers Streptococcus mutans zu erkennen, es zu binden und es so unschädlich zu machen [2].

Material und Methoden Die Arbeitsgruppe Gizani et al. [3] untersuchte im Rahmen einer randomisierten doppel-verblindeten Placebo-kontrollierten Studie den Effekt von probiotischen Laktobacillus reuteri auf die Entstehung von White-Spot-Läsionen (WSL) an 85 Patienten mit festsitzenden Multibandbracketapparaturen im durchschnittlichen Alter von 15,9 Jahren (SD: 3,9). Die durchschnittliche Behandlungsdauer betrug 17 Monate.

42 Patienten (23 Mädchen und 19 Jungen) wurden der Interventionsgruppe mit Probiotika und 43 Patienten (33 Mädchen und 10 Jungen) der Plazebogruppe zugeordnet. Als sekundäre Endpunkte wurden die Speichelproben auf Streptococcus mutans und Lactobacillus reuteri (DSM 17938) sowie die Mundhygiene der Patienten untersucht.

Patienten der Interventionsgruppe erhielten Lutschtabletten mit den probiotischen Bakterienstämmen (Konzentration: 108 Lebend-Bakterien). Die Patienten wurden angewiesen die Lutschtablette 1x täglich und zwar am Abend nach dem Zähneputzen und vor dem „zu Bett gehen“ einzunehmen und diese dabei im Mund langsam zergehen zu lassen. Patienten der Kontrollgruppe erhielten ein Placebo.

Es wurden von allen Patienten jeweils vor der Untersuchung und zum Zeitpunkt der Entfernung der Multibandbracketapparaturen der Speichel und die Plaqueansammlung sowie die Inzidenz von White-Spot- Läsionen anhand von Fotos untersucht.

Ergebnisse Die Ergebnisse zeigten keine statistisch signifikanten Unterschiede bezüglich der Inzidenz von WSL zwischen beiden Untersuchungsgruppen. Die durchschnittliche Zahl an neuen WSL betrug 2,2 (SD: 3,2) in der probiotischen Interventionsgruppe und 1,7 (SD: 2,5) in der Kontrollgruppe. Während die Analyse der Speichelproben im Vergleich zur Baseline, also vor der Gabe der Lutschtabletten, eine Abnahme der Konzentrationen an Lactobacilluns reuteri für beide Gruppen zeigte, blieb die Konzentration an Streptococcus mutans unverändert. Es zeigten sich durch die Einnahme der Lutschtabletten keine unerwünschten allgemeinmedizinischen Nebenwirkungen.

FAZIT

Die vorliegende Studie der Arbeitsgruppe Gizani [3] beschäftigt sich als erste Arbeitsgruppe im Rahmen einer RCT-Studie mit der Anwendung von Probiotika als Kariespräventionskonzept bei kieferorthopädisch zu behandelnden Patienten. Obwohl einige Studien [[4] [5] [6]] aus dem zahnärztlich konservierenden Bereich zeigen, dass durch den Einsatz von Probiotika die Anzahl von Streptococcus mutans im Speichel und/oder in der Plaque reduziert werden kann, konnte dieser Effekt hier nicht bestätigt werden. Allerdings könnte möglicherweise die niedrige Dosierung und die Konzentration der Bakterienstämme in den Lutschtabletten eine nicht unbedeutende Rolle gespielt haben, sodass weiterhin der Nutzen von Probiotika zur Kariesprävention zumindest für den kieferorthopädisch zu behandelnden Patienten unsicher bleibt. Auf der Basis einer bislang noch unzureichenden und teils widersprüchlichen Datenlage lassen sich daher zurzeit keine konkreten Handlungsempfehlungen ableiten.

 
  • Literatur

  • 1 Schlagenhauf U.Einfluss von Probiotika und Ernährung auf die Parodontitis. Dent update www.dent-update/parodontologie/parodontitis-probiotika-und-ernaehrung/
  • 2 Vestman NR, Chen T, Holgerson PL. et al. Oral microbiota shift after 12-week supplementation with lactobacillus reuteri DSM 17938 and PTA 5289; a randomized control trial. Plos One 2015; 10: e0125812 10.1371/journal.pone.0125812.eCollection 2015
  • 3 Gizani S, Petsi G, Twetman S. et al. Effekt of the probiotic bacterium lactobacillus reuteri on white spot lesion development in orthodontic patients. Eur J Orthod 2016; 38: 85-89
  • 4 Cagetti MG, Mastroberardino S, Milia E. et al. The use of probiotic strains in caries prevention: a systematic review. Nutrients 2013; 5: 2530-2550
  • 5 Lalemann I, Detailleur V, Slot DE. et al. Probiotics reduce mutans streptococci counts in humans: a systematic review and meta-analysis. Clin Oral Investig 2014; 18: 1539-1552
  • 6 Rodríquez G, Ruiz B, Faleiros S. et al. Probiotic compared with standard milk for high-caries children: a cluster randomized trial. J Dent Res 2016; 95: 402-407
  • 7 Sobouti F, Rakhshan V, Saravi MG. et al. Two-year survival analysis of twisted wire fixed retainer versus spiral wire and fiber-reinforced composite retainers: a preliminary explorative single-blind randomized clinical. Korean J Orthod 2016; 46: 104-110