Zusammenfassung
Myeloproliferative Neoplasien (MPN) sind klonale Stammzellerkrankungen, die typischerweise
mit der Vemehrung einer oder mehrerer Blutzellreihen, einer
Knochenmarkhyperplasie und einer (Hepato)-Splenomegalie als Zeichen der extramedullären
Hämatopoese einhergehen. Gefürchtete Komplikationen der MPN sind
Thromboembolien und schwergradige Blutungen, eine Knochenmarkverfaserung (Myelofibrose)
mit konsekutiver hämatopoetischer Insuffizienz sowie der Übergang in
eine akute Leukämie. Man unterscheidet die 4 klassischen MPN (Chronische Myeloische
Leukämie [CML], Polycythämia vera [PV], Essentielle Thrombozythämie [ET],
Primäre Myelofibrose [PMF]) von den nicht-klassischen MPN (Chronische Eosinophilen-Leukämie
[CEL], Chronische Neutrophilen-Leukämie [CNL] und
MPN-unklassifizierbar [MPN-U]). Sowohl der Verlauf der Erkrankungen als auch deren
Symptomatik sind sehr heterogen, und eine exakte Diagnosestellung ist wichtig
für die adäquate Einschätzung der Prognose und für die Beratung und Behandlung der
betroffenen Patienten. Zur Diagnostik gehören neben Anamnese und
ausführlicher körperlicher Untersuchung die Erhebung von Blutbild und Differenzialblutbild,
eine Knochenmarkuntersuchung (Zytologie, Histologie,
Chromosomenanalyse) sowie die molekulargenetische Untersuchung des peripheren Blutes
(je nach MPN-Subtyp Bcr-Abl- oder Fip1L1-PDGFRA-Transkripte, JAK2617F-,
CALR- und MPL-Mutationen, CSF3R- und SETBP1-Mutationen, etc). Differenzialdiagnostisch
müssen u. a. die systemische Mastoztyose und die MDS/MPN-Overlap-Syndrome
von den MPN abgegrenzt werden. Die Therapie ist abhängig von der Prognose der Erkrankung
(Abschätzung durch verschiedene Prognose-Scores) und reicht von
„Watchful waiting“ über Aderlässe, Thrombozytenaggregationshemmung und Antikoagulation
bis hin zur medikamentösen Zytoreduktion, Entzündungshemmung und
allogenen Stammzelltransplantation. Die Diagnose und Therapieweichenstellung gehört
in die Hände des erfahrenen Spezialisten, und vor Therapiebeginn sollten dem
Patienten die Teilnahme an Bioregistern und klinischen Studien erläutert werden. Informationen
hierzu sind über die „German Study Group for MPN“ (GSG-MPN)
erhältlich (https://www.cto-im3.de/gsgmpn/).