Zusammenfassung
Hintergrund Die Langzeitverordnung von Benzodiazepinen (BZD) und Z-Substanzen ist mit dem Risiko
einer Abhängigkeitsentwicklung verbunden. Bei vielen älteren Patienten kommt es zu
einer Langzeiteinnahme, häufig verbunden mit einer Niedrigdosisabhängigkeit ohne Dosissteigerung.
Studienziel Es sollen die Einnahmegründe, Beschwerden bzw. Indikationen und Nebenwirkungen sowie
die Verschreibungsumstände unter älteren Patienten, denen innerhalb der letzten 12
Monate BZD oder Z-Substanzen verschrieben wurden, untersucht werden.
Methode 4000 Patienten der AOK-NordWest, stratifiziert nach Altersgruppe (50–65 Jahre;>65
Jahre) und Einnahmeverhalten (lang bzw. leitlinienabweichend; kurz bzw. leitliniengerecht),
wurde ein 9-seitiger Fragebogen zugeschickt. Der Fragebogen enthielt eine ausführliche
Liste von BZD und Z-Substanzen, für die angegeben werden sollte, ob man sie früher
und/oder aktuell eingenommen hat. Zudem wurden die Gründe und zugrunde liegenden Symptome
der Medikamenteneinnahme sowie mögliche Nebenwirkungen und Versuche, die Medikamente
auszusetzen, erhoben.
Ergebnisse 466 AOK-Versicherte sendeten den Fragebogen ausgefüllt zurück (Rücklaufquote 11,7%).
Weitere 43 Privatversicherte konnten über Apotheken erreicht werden. 169 Personen,
vornehmlich aus der Gruppe mit leitliniengerechten Verschreibungen, gaben an, keine
der vorgegeben Medikamente eingenommen zu haben. Die verbliebenen 340 Patienten sind
zu 68,5% weiblich. Das Durchschnittsalter beträgt 72,1 Jahre. Im Vergleich zwischen
Patienten mit leitlinienabweichenden und leitliniengerechten Verschreibungen nehmen
Erstere zu einem deutlich größeren Anteil Z-Substanzen ein. Die Tagesdosis nach DDD
ist signifikant höher als bei jenen mit leitliniengerechten Verschreibungen, wobei
in beiden Patientengruppen die Medikamente durchschnittlich in niedriger Dosis (<1
DDD) eingenommen werden. Der dominierende Grund für die Einnahme von BZD oder Z-Substanzen
ist in beiden Gruppen Schlafstörungen.
Schlussfolgerungen Vor dem Hintergrund der Empfehlungen, BZD und Z-Substanzen nur kurzzeitig bei schweren
Schlafstörungen einzusetzen, ist das Ausmaß an Insomnie-Indikationen hoch. Die geringe
Dosierung lässt für beide Gruppen auf ein vorsichtiges und kontrolliert durchgeführtes
Verordnungsverhalten schließen, wobei sich bei der Mehrheit der Langzeiteinnehmer
eine Niedrigdosisabhängigkeit entwickelt haben dürfte. Dies ist offensichtlich mit
nur geringem Interventionsbedarf verbunden, da nur sehr wenige Medikamentenabhängige
die Angebote der Suchtkrankenhilfe in Anspruch nehmen.
Abstract
Background Long-term use of benzodiazepines (BZD) and Z-drugs is associated with the risk of
developing dependency. Many older patients use these drugs for long durations, which
is often associated with low-dose dependency without an increase in dose.
Aim The aim of this study is to investigate the reasons, symptoms, and side effects,
as well as the prescription conditions among older patients who were prescribed BZD
or Z-drugs within the last 12 months.
Methods A 9-page questionnaire was sent to 4,000 patients of the AOK-NordWest, stratified
according to age group (50–56 years;>65 years) and intake behavior (long-term use/
guideline incompatible; short-term use/ guideline compatible). Patients provided demographic
data and indicated on a comprehensive list of BZD and Z-drugs, which substances they
had used or were currently using. In addition, patients were asked about the reasons
and underlying symptoms for taking these medications, possible side effects, and previous
attempts to discontinue the medications.
Results A total of 466 patients returned completed questionnaires (11.7%). A further 43 privately
insured patients were recruited through pharmacies. 169 patients, mainly from the
group with guideline-compatible prescriptions, indicated that they had never taken
these medications. The remaining 340 patients were 68.5% female and the average age
was 72.1 years. Compared to patients with guideline-compatible prescriptions, a greater
proportion of patients with guideline-incompatible prescriptions were taking Z-drugs.
The average daily dose (DDD) consumed was significantly higher than in those with
guideline-compatible prescriptions, although on average both patient groups took low
doses (<1 DDD) of the medication. In both groups, the main reason for taking BZD and
Z-drugs was sleeping problems.
Conclusions Considering the recommendation that BZD and Z-drugs are to be taken only short-term
for sleeping problems, the extent of insomnia indications is high. The low doses suggest
a careful and controlled prescription behavior in both groups, with the majority of
long-term consumers likely to have developed low-dose dependency. This is associated
with only a limited need for intervention, since only few medication-dependent people
underwent addiction treatment.
Schlüsselwörter
Benzodiazepine - Z-Substanzen - Langzeiteinnahme - Niedrigdosisabhängigkeit - ältere
Patienten
Key words
Benzodiazepines - Z-drugs - long-term use - older patients - low-dose dependency