Physikalische Medizin, Rehabilitationsmedizin, Kurortmedizin 2018; 28(06): 384-385
DOI: 10.1055/a-0784-9444
Gesellschaftsmitteilungen
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Deutsche Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin e. V.

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Publication Date:
13 December 2018 (online)

Zehn Forderungen

der Deutschen Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin zur Verbesserung der Rehabilitationsmedizinischen Versorgung in Deutschland

Die Zahl von Menschen mit Behinderungen und chronischen Erkrankungen sowie von Menschen im höheren Lebensalter steigt in Deutschland, wie in den meisten anderen Ländern, kontinuierlich an. Hinzu kommt die Zunahme von Personen, die schwere Erkrankungen, Unfälle und Operationen überleben, aber oft lebenslangen Funktionseinschränkungen haben und in ihrer gesellschaftlichen Teilhabe dadurch eingeschränkt sind oder werden. Hieraus ergibt sich eine Zunahme des Bedarfs an rehabilitationsmedizinischer Versorgung, und zwar in allen Sektoren der Krankenversorgung und in der Versorgungskette von der Akutmedizin bis hin zur wohnortnahen Langzeitversorgung. Die Deutsche Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (DGPRM) sieht in Deutschland die Notwendigkeit, diesen Bereich zu stärken und unterstützt ausdrücklich die Initiative der Weltgesundheitsorganisation „Rehabilitation 2030 – a call for action“[1] und die Empfehlung „Rehabilitation in health systems“[2]. Diese werden auch durch die Verabschiedung des neuen Bundesteilhabegesetzes unterstrichen und ist somit aktueller denn je.

Konkret sieht die DGPRM die dringende Notwendigkeit, die folgenden Punkte umzusetzen:

  1. Es ist sicherzustellen, dass physikalische und rehabilitative Maßnahmen in allen Sektoren und Phasen der medizinischen Versorgung in adäquater Weise zur Verfügung stehen und allen Menschen mit einem entsprechenden Versorgungsbedarf zugänglich sind. Dies beinhaltet insbesondere, dass neben der ambulanten und stationären Rehabilitation in Deutschland die Frührehabilitation im Krankenhaus flächendeckend eingeführt und Versorgungsangebote für eine qualifizierte wohnortnahe Langzeitrehabilitation geschaffen bzw. ausgebaut werden.

  2. Es ist sicherzustellen, dass Krankenhäuser eine ausreichende Ausstattung mit Personal für die physikalisch-medizinische Behandlung (einschließlich Frühmobilisation) und die frührehabilitative Versorgung erhalten und dass dies im DRG-System adäquat abgebildet wird.

  3. Die rehabilitative Versorgung unmittelbar nach Krankenhausaufenthalten muss gestärkt werden, insbesondere durch neu zu schaffende ambulanten und stationäre postakute Rehabilitationseinrichtungen in Krankenhausnähe und vermehrte qualifizierte und differenzierte rehabilitative Angebote im niedergelassenen Bereich (z. B. ambulante Angebote durch niedergelassene Fachärzte/innen für Physikalische und Rehabilitative Medizin) sowie einen verbesserten Zugang zu ambulanten und stationären Angeboten der Anschlussrehabilitation.

  4. Für die rehabilitative Langzeitversorgung sind adäquate Strukturen zu schaffen und zu nutzen, wie z. B. Facharztpraxen für Physikalische und Rehabilitative Medizin, ambulante Rehabilitationszentren sowie spezialisierte Zentren für Menschen mit langfristig bestehenden Behinderungen und seltenen Erkrankungen. Hier müssen insbesondere auch Brüche in der Versorgungskette, die das gegliederte Gesundheitssystem und die unterschiedlichen Träger der Rehabilitation mit sich bringen, überwunden werden.

  5. Die Angebote der Rehabilitation sollten sich gegen den Trend einer zunehmenden Standardisierung stärker an den individuell vorhandenen Teilhabestörungen orientieren und bzgl. Intensität, Zeitrahmen und Therapieausgestaltung flexibler gestaltet und adäquat vergütet werden.

  6. Die klassische Rehabilitation muss durch präventive Elemente ergänzt werden, wie z. B. Prävention von Behinderung auch bei bestehender schwerer Erkrankung, Prähabilitation und anderes.

  7. Es ist sicherzustellen, dass alle Studierenden der Humanmedizin in ihrer Ausbildung ein Verständnis von Behinderung und Rehabilitation erwerben und in die Lage versetzt werden, einen individuellen Rehabilitationsbedarf zu erkennen und die entsprechenden Rehabilitationsmaßnahmen einzuleiten, sowie die Methoden der Physikalischen Medizin zu kennen und anwenden zu können.

  8. Die Rehabilitationsmedizin muss in der Musterweiterbildungsordnung adäquat abgebildet werden, wobei insbesondere deren Einsatz im akutmedizinischen Bereich, in der Frührehabilitation, der postakuten Phase und der Langzeitversorgung berücksichtigt sowie die sozialmedizinische Kompetenz gestärkt werden muss.

  9. Die Forschung in der Physikalischen und Rehabilitativen Medizin einschließlich der Methoden der Physikalischen Medizin und Rehabilitativen Interventionen muss gestärkt werden und ihre adäquate Übertragung in die Praxis sowie deren Anwendung (einschließlich ausreichender Dosierung) sichergestellt werden. Hierzu sind gezielte Forschungsförderprogramme unerlässlich.

  10. Jede medizinische Fakultät muss einen Lehrstuhl für Physikalische und Rehabilitative Medizin oder zumindest eine universitäre Professur vorhalten.

Weitere Auskünfte und Erläuterungen erhalten Sie unter info@dgpmr.de.

Hannover, 30. September 2018

Prof. Dr. med. Christoph Gutenbrunner, FRCP

Präsident der Deutschen Gesellschaft für Physikalische und Rehabilitative Medizin (DGPRM)