Adipositas - Ursachen, Folgeerkrankungen, Therapie 2019; 13(01): 1-2
DOI: 10.1055/a-0797-7116
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Fettgewebe

Stefan Engeli
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Publication Date:
22 February 2019 (online)

Liebe Leserinnen und Leser, liebe Kolleginnen und Kollegen,

ich freue mich, Ihnen ein neues Exemplar der Adipositas vorlegen zu können. Wir beginnen das Jahr 2019 in neuem Gewand - das Heft zeigt nun auf den ersten Blick, dass die Zeitschrift ein Mitglied der „Thieme Familie“ geworden ist. Wir freuen uns auf eine gute Zusammenarbeit mit dem Georg Thieme Verlag! Online finden Sie die bewährten Inhalte Ihrer Zeitschrift nun über www.thieme.de/adipositas unter „Archiv“. Als Abonnent schalten Sie die Inhalte mit Ihrer Abo-Nummer auf dem Adressetikett frei. Als DAG-Mitglied erhalten Sie Ihren Zugangscode direkt von der Gesellschaft.

Interdisziplinarität und Interprofessionalität waren die übergeordneten Themen der gemeinsamen Jahrestagung der Deutschen Adipositas-Gesellschaft und der Deutschen Diabetes Gesellschaft Anfang November in Wiesbaden, über die wir in Heft 3 2018 berichtet haben. Anders als durch das gemeinsame Handeln verschiedenster Fachdisziplinen und gesellschaftlicher Gruppierungen lassen sich die Herausforderungen durch häufige metabolische Erkrankungen auch nicht meistern. In diesem Heft wenden wir uns ganz in diesem Sinne in Zusammenarbeit von medizinisch und grundlagenwissenschaftlich tätigen Kollegen einem auf den ersten Blick sehr traditionellen Thema zu: wir werden das Fettgewebe in den Mittelpunkt stellen. Obwohl das Zuviel an Fettgewebe das Hauptmerkmal der Adipositas ist, haben wir dieses Gewebe – vom Anatomen Saverio Cinti auch als „Adipose Organ“ bezeichnet, um dessen Bedeutung stärker hervorzuheben – bislang nur in einzelnen Artikeln beschrieben. Es wurde also Zeit! Dank der Autoren werden Sie sich über Themen informieren können, die sehr aktuell und ganz und gar nicht traditionell sind.

Den Beginn macht Matthias Blüher aus Leipzig zum Thema „Klinische Relevanz der Adipokine“. Auch wenn man schon vorher wusste, dass Moleküle aus dem Fettgewebe in das Blut gelangen und an anderen Stellen aktiv werden können – die Beschreibung von Leptin und seinen schlankmachenden Eigenschaften markierte 1995 den Wendepunkt in der molekularen Fettgewebeforschung. Seitdem ist Fettgewebe als endokrines Organ akzeptiert und so ist es an der Zeit zu fragen, welche der vielfältigen Fettzell- und Fettgewebeprodukte denn nun auch einen klinischen Nutzen haben (könnten). Die im Artikel gelegten grundlegenden Informationen zum Fettgewebe werden dann durch die Beschreibungen von Kathrin Landgraf, Wieland Kiess und Antje Körner aus Leipzig zum Thema „Frühe Fettgewebsdysfunktion bei Kindern mit Adipositas“ durch den besonderen Blick auf das Kindesalter vertieft. Unter anderem wird hier im Detail die im Alltag oft gestellte Frage „Stimmt es, dass Fettzellen nie wieder verschwinden?“ beantwortet werden. An subkutanes Fettgewebe kommt man gut heran, und es fällt zum Beispiel bei der Fettabsaugung als „Abfall“ an. Es ist seit vielen Jahren bekannt, das Fettgewebe mesenchymale Stammzellen enthält. Aber mit neuen Markierungs- und Kultivierungsmethoden gelingt es heute, diese Zellen aus Liposuktionsmaterial auch für klinische Anwendungen zu nutzen. Diesen speziellen Aspekt des Fettgewebes im Kontext der regenerativen Medizin beschreiben Daniel Engel und Pamela Fischer-Posovszky aus Ulm. Aus meiner eigenen Erfahrung in unserer Ethikkommission kann ich berichten, dass wir sogar schon Anträge zur Anwendung von mesenchymalen Stammzellen aus dem Fettgewebe bei dem lebensbedrohlichen Krankheitsbild der Sepsis beraten haben. Wenn Sie dieser Artikel neugierig machen sollte, wird es der dann folgende sicher auch schaffen: Tim J. Schulz und Katharina Schmidt-Bleek aus Potsdam und Berlin widmen sich der Bedeutung des „Fettmarks“, also dem Fettgewebe in Röhrenknochen. Dass Fettgewebe hier eine lokale biologische Rolle spielt, so für die Blutbildung und die Knochenheilung, ließ sich vermuten. Dass aber auch systemische Wirkungen von diesem speziellen Fettgewebedepot ausgehen, ist eine überraschende Erkenntnis am Ende der Lektüre.

Wir verlassen dann das Fettgewebe, bewegen uns aber zunächst noch weiter im zellbiologischen Kontext. Julia Spielmann und Kollegen aus Halle berichten über ihre Forschung zum Thema „Natürliche Killerzellen, Adipositas & Tumorgenese“. Adipositas erhöht das Risiko für eine Reihe von Tumorerkrankungen, und neben hormonellen Faktoren scheint auch eine immunologische Schwäche gegenüber den Tumorzellen hier eine besondere Rolle zu spielen. Zuletzt, nach einer thematischen schroffen Wendung, widmen wir uns Ergebnissen der „Ernährungsstudie als KiGGS-Modul – EsKiMo II“. Franziska Lehmann und Kollegen aus dem Robert Koch-Institut in Berlin beschreiben in ihrer Analyse eine beträchtliche Prävalenz an Diäterfahrung zur Gewichtsreduktion von 12–17-jährigen Menschen in Deutschland. Hier existiert eine große Zielgruppe, die besonderer professioneller Anleitung bedarf, um frustrierende Erfahrungen nach Möglichkeit zu verhindern.

Zusammen mit Prof. Kiess wünsche ich Ihnen interessante Lesestunden und bedanke mich bei allen Autoren des vorliegenden Heftes für ihre Beiträge!

Prof. Dr. med. Stefan Engeli
Januar 2019