Laryngorhinootologie 2019; 98(02): 76
DOI: 10.1055/a-0828-5454
Nachruf
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachruf Prof. Dr. Heinz R. Stammberger

Obituary to Prof. Dr. med Heinz Stammberger1.12.1946–9.12.2018
Further Information

Publication History

Publication Date:
08 February 2019 (online)

Zoom Image

Mit großer Trauer haben wir die Nachricht vom plötzlichen und unerwarteten Tod des Prof. Dr. Heinz Stammberger aufgenommen. Mit ihm verliert die Österreichische Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie wohl die herausragendste Persönlichkeit in der Nachkriegszeit. Er hat eine ganze Generation von Rhinochirurgen geprägt und die Grazer Schule der Nebenhöhlenchirurgie in der ganzen Welt bekannt gemacht.

Er wurde geboren und wuchs auf im Deutschland der Nachkriegszeit, als österreichischer Staatsbürger machte ihn das von Anfang an zu einem Menschen internationaler Prägung. Nach dem Abitur in Köln 1966 studierte er in Graz mit der Promotion im Jahre 1973. Dann kam die erste Ausbildung in Villach, 1975 trat er in die HNO-Universitätsklinik Graz ein, habilitierte sich 1984 und wurde 1988 zum Professor ernannt. Von 1990 bis 2012 war er der Leiter der klinischen Abteilung für Allgemeine HNO und auch im Wechsel Leiter der gesamten Universitätsklinik für HNO in Graz. Neben vielen Ehrenämtern war er auch mehrfach Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie und langjähriger Mitherausgeber der LRO.

Als Schüler von W. Messerklinger war er von Anfang an in die Entwicklung und die wissenschaftliche Bearbeitung einer neuen Technik eingebunden. Dieser Paradigmenwechsel in der Nebenhöhlenchirurgie, heute international FESS und von ihm stets funktionelle endoskopische Nebenhöhlenchirurgie genannt, trat von Graz aus seinen Siegeszug um die Welt an und ist heute der Goldstandard. Heinz Stammberger hat als breit ausgebildeter, sehr talentierter und elegant operierender HNO-Chirurg diese Chirurgie in der praktischen Demonstration und der wissenschaftlichen Untermauerung zu dieser Verbreitung geführt. Als besonderer Verdienst in der heutigen Zeit ist auch festzuhalten, dass er die Erkennbarkeit des Ursprungs dieser Technik durch seine konsequente Präsenz der Fachwelt mitteilte und damit auch ein herausragender Botschafter der wissenschaftlichen Integrität war.

Die Freude an der Lehre und an der Weitergabe von Wissen, sein rhetorisches Talent in der Muttersprache wie auch im Englischen sowie der enorme Aufwand und die Vorbereitungen, die er in seine Vorträge investierte, führten zu der enormen Reichweite seiner wissenschaftlichen Tätigkeit. Zu den Fakten: Er hat 193 wissenschaftliche Arbeiten (Quelle: Web of Science) veröffentlicht, einen H-Faktor von 36 erreicht und Originalarbeiten mit bis zu 397 Zitationen als Erstautor veröffentlicht, womit er als HNO-Arzt bemerkenswerte Erfolge erreichte.

Seine Begeisterung für das Fach HNO und da insbesondere die Rhinologie und in der Folge die Schädelbasischirurgie war eine sehr starke Triebfeder, er verstand es, diese tiefe Begeisterung und enorme Freude vielen anderen Kollegen mitzuteilen und diese dann im Endeffekt mitzunehmen.

Prof. Heinz Stammberger war ein Mann von hoher Innovationsfreude, großer Verlässlichkeit und hatte nie ein Problem, große Zusammenhänge zu erkennen und weit nach vorne zu blicken, um sich dann zielgerichtet im übergeordneten Interesse zu verhalten.

Er war eine beeindruckende Persönlichkeit, ihm war es möglich, sich selbst kritisch und auch amüsiert zu betrachten und er hatte einen feinsinnigen Humor. Im Umgang war er sehr korrekt, höflich und charmant und im fachlichen Dialog stets sachlich.

Seine Herangehensweise war analytisch, pragmatisch und von hohem Wissen geprägt. Bei Problemen hat er entschieden, fundiert und wissenschaftlich basiert gehandelt. Ein Beispiel hierfür ist die Österreichische Tonsillenstudie, eine anlassbezogene, multizentrische nationale Erhebung zur Häufigkeit von Nachblutungen, die mit einer guten Organisation sehr schnell einen großen Teil aller betroffenen Patienten eines Landes erreichte und neben der Erhebung einer sehr großen Datenmenge auch eine erhebliche positive Beeinflussung der klinischen Vorgangsweise im ganzen Land begünstigte.

Prof. Heinz Stammberger hinterlässt seine Ehefrau und viele Freunde, Kollegen und Bewunderer, die ihn stets in ihrem Herzen behalten werden. Requiescat in pace – möge er in Frieden ruhen.

Prof. Dr. Gerd Rasp

Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde, Kopf-Halschirurgie