Zeitschrift für Phytotherapie 2019; 40(01): 37
DOI: 10.1055/a-0833-7253
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Phytotherapie in der Tiermedizin

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Publication Date:
25 March 2019 (online)

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Traditionell wurden Pflanzen oft genutzt, um meist kleine Erkrankungen bei Haus- und Nutztieren zu behandeln. Jedoch ist dies im Laufe des 20. Jahrhunderts weitgehend in Vergessenheit geraten. Andererseits hat in der Tiermedizin das Interesse an der Phytotherapie in den letzten Jahren wieder zugenommen. Das hier besprochene neue Buch bietet einen spannenden und sehr relevanten Beitrag zur Nutzung von Phytotherapeutika in der Tiermedizin. Wie die Autoren betonen, ist das Ziel ihres Buches nicht ein „Zurück zur Natur“. „Vielmehr soll das Nebeneinander traditioneller Rezepturen und aktueller phytopharmakologischer Erkenntnisse das Potenzial von Arzneipflanzen deutlich machen“ (S. 5).

Das Buch ist in 4 Hauptteile mit insgesamt 24 Kapiteln gegliedert:

  • Grundlagen, die die Kulturgeschichte der Veterinärphytotherapie, deren aktuellen Status, Fragen der Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit sowie deren Dosierung und Rezeptierung umfassen

  • rechtliche Grundlagen (knapp und übersichtlich)

  • praktischer Einsatz von Arzneipflanzen in der Veterinärmedizin; der Hauptteil des Buches, der im Wesentlichen nach therapeutischen Anwendungsgebieten in 13 Kapitel aufgeteilt ist

  • ein Anhang, der eine Gruppe recht unterschiedlicher Kapitel zu den pharmazeutisch-biologischen Grundlagen der Phytotherapie, Doping & pflanzlichen Sekundärstoffen, toxikologischen Risiken pflanzlicher Zubereitungen sowie ein Kapitel „Für eilige Leser“ umfasst.

Kern des Buches sind 150 ausführliche Monografien (Teil 3), die einen knappen, inhaltlich detaillierten und evidenzbasierten Überblick zur tierärztlichen Nutzung bei den ausgewählten Indikationen liefern. Dieser therapiezentrierte Ansatz ist eine der wichtigsten Innovationen des Buches. Auf der Grundlage klinischer Befunde (z. B. akutes, stumpfes Trauma und Schmerz, S. 330–340; Kapitel 15.2) werden die konventionellen Therapieformen und – detaillierter – phytotherapeutische Ansätze vorgestellt. Beim gewählten Beispiel des akuten, stumpfen Traumas sind natürlich die Klassiker Arnika und Beinwell ausführlich besprochen. Weitere Teilkapitel befassen sich mit der adjuvanten Wundversorgung und Ätherischöl-Drogen in der Behandlung von Erkrankungen der Bewegungsorgane. Spezifische Rezepturen werden im Detail beschrieben. Auch wird auf „altes Wissen“ eingegangen, in diesem Fall insbesondere in Bezug auf Arnika- und verschiedene Campherzubereitungen. Oft werden Praxistipps gegeben, spezifische Fälle (Fallstudien) vorgestellt, und es werden kurze Exkurse unter „Gut zu wissen“ mit aufgeführt.

Insgesamt ergibt dies einen exzellenten Überblick der Therapiemöglichkeiten, auch im Bezug darauf, was Tierhalter möglicherweise erwarten oder bereits therapeutisch ausprobiert haben. Mit diesem Kernteil des Buches werden den praktizierenden Tiermedizinern praktische Strategien für eine Vielzahl von Indikationen ermöglicht.

Eine andere Stärke des Buches ergibt sich aus der Vielzahl der abgehandelten Themenbereiche. Hier wird kurz und knapp das Wichtige vorgestellt, auch wieder unter der Perspektive „Was brauchen praktizierende Tierärzte?“

Das Buch ist sehr gut und klar geschrieben, gut dokumentiert und bietet vielseitige Perspektiven zum Einsatz von Phytotherapeutika in der Tiermedizin. Damit wird es dem oben genannten Anspruch voll gerecht. Leider ist in dieser (Erst-)Auflage das Inhaltsverzeichnis vergessen worden und wurde nur nachträglich als Beilage mit aufgenommen. Solche kleinen, aber doch gewichtigen Fehler scheinen im heutigen Verlagsgeschäft fast schon normal zu werden und diese sind für Autoren und Leser sehr ärgerlich.

Insgesamt ist dieses sehr fundierte, reich illustrierte und sorgfältig erarbeitete Buch für alle praktizierenden Tierärzte von Interesse, egal ob sie Phytotherapeutika einsetzen wollen oder aber sich einfach nur über den aktuellen Stand informieren möchten. Es ist sicher als schnell nutzbares Nachschlagewerk einsetzbar und sollte daher in Tierarztpraxen verfügbar sein. Und es macht einfach Spaß, in diesem Buch zu stöbern.

Michael Heinrich

Research Group „Pharmacognosy and Phytotherapy”

UCL School of Pharmacy, Univ. London