Zusammenfassung
Einleitung Bei der Behandlung von Deszensus und Inkontinenz hängt das gewählte Operationsverfahren
häufig nicht nur vom klinischen Befund, sondern auch vom Alter der Patientin ab. Bislang
besteht sowohl für vaginale als auch laparoskopische Eingriffe Unklarheit bezüglich
des Therapieerfolgs in Abhängigkeit vom Patientenalter. Ziel dieser Arbeit ist es
daher, sowohl den anatomischen Erfolg nach Deszensusoperationen als auch das funktionelle
Outcome nach Inkontinenzoperationen im Rahmen der Behandlung von Belastungsinkontinenz
bei älteren und jüngeren Patientinnen zu vergleichen.
Patientinnen/Methodik Es handelt sich um eine retrospektive monozentrische Studie aus einem universitären
Zentrum. Im Untersuchungszeitraum wurden insgesamt 407 Patientinnen operativ behandelt,
darunter 278 < 70-Jährige und 129 ≥ 70-Jährige. Diese wurden in 3 Behandlungsgruppen
aufgeteilt (Deszensusoperation, Inkontinenzoperation oder eine Kombination beider
Operationsmethoden) und nach Bewertung des anatomischen und funktionellen Outcomes
nach 3 – 6 Monaten statistisch ausgewertet.
Ergebnisse Die häufigste Form des Deszensus bei den 407 ausgewerteten Patientinnen lag im Bereich
des vorderen und mittleren Kompartiments, wobei bei den älteren Patientinnen ein höherer
Schweregrad diagnostiziert wurde. So lag ein Deszensus Grad 4 nach Baden Walker im
vorderen Kompartiment in 15,6 vs. 28,8% (p = 0,033) und im mittleren Kompartiment
in 5,7 vs. 23,7% (p < 0,001) vor. Jüngere Frauen erhielten insgesamt seltener eine
vaginale Netzeinlage, dafür häufiger eine laparoskopische Sakropexie. Der Anteil kombinierter
Eingriffe aus Deszensus- und Inkontinenz-OP waren in beiden Gruppen gleich. Insgesamt
zeigten sich sowohl bei den jüngeren als auch bei den älteren Patientinnen hohe Erfolgsraten
nach Deszensus- sowie Inkontinenzoperationen. Diese lagen nach einer Deszensusoperation
bei 93,5 vs. 84,8% (p = 0,204) und nach einer Inkontinenzoperation bei 92,8 vs. 84,2%
(p = 0,261). Ein signifikanter Nachteil für die älteren Patientinnen bestand in der
Persistenz einer Belastungsinkontinenz nach alleiniger Deszensusoperation (19,6 vs.
50% p = 0,030) sowie bei der Rate der larvierten (De-novo-)Belastungsinkontinenz (7,4
vs. 20% p = 0,030).
Schlussfolgerung Unsere Daten zeigen, dass sowohl der Descensus genitalis als auch die Belastungsinkontinenz
bei ≥ 70-Jährigen mit guten Ergebnissen operativ versorgt werden können. Damit konnte
an einer großen Patientenzahl erstmals gezeigt werden, dass den älteren Patientinnen
eine adäquate Operation nicht vorenthalten werden sollte, sondern diesen das gleiche
operative Spektrum angeboten werden kann wie den jüngeren Patientinnen.
Schlüsselwörter
Deszensusoperationen - Inkontinenzoperationen - urogynäkologische Operationen - Descensus
genitalis - ältere Patientin