Pneumologie 2019; 73(07): 395-396
DOI: 10.1055/a-0862-7943
Buchbesprechung
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Pneumologische Zytopathologie

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Publication Date:
10 July 2019 (online)

Schubert und Ecke haben mit der „Pneumologischen Zytopathologie“ ein Buch geschaffen, was es so eigentlich nicht mehr geben dürfte. In Zeiten des schnellen Informationsflusses über Wikipedia und Co. wirkt ein so sorgfältig und umfänglich recherchiertes Buch wie aus einer anderen Welt. Wer soll sich noch so viele Gedanken um einzelne Zellen machen, wo die individuelle Diagnostik doch längst durch Algorithmen verallgemeinert wird, um einen möglichst schnellen Umsatz der Erkrankten zu gewährleisten. Die Autoren haben mit ihrem Werk versucht, die Diagnostik wieder an die Quelle zu führen, wo die Krankheit entsteht. Nämlich in die Lunge und ihre Zellen.

Schubert, Ecke und die Autoren Schildhaus und Reuter-Jessen haben zu allen pneumologischen Krankheitsbildern eine zytologische Einschätzung notiert, die von einem klinischen Standard bis zu Einzelfällen führt. Die diagnostische bronchoalveoläre Lavage, häufig als Blutbild des Pneumologen bezeichnet, wird entsprechend umfangreich beschrieben. Angefangen mit der Methode der Probenentnahme, über die Verarbeitung und den Versand, finden die Autoren eine klinische Einteilung, die das Ziel hat, im klinischen Alltag nützlich zu sein. So eignet sich die „Pneumologische Zytopathologie“ auch als Nachschlagwerk für den endoskopisch tätigen Arzt, um die Ergebnisse nosologisch einordnen zu können. Die Recherche zu den einzelnen Krankheitsbildern wirkt solide, und die Autoren verlieren auch nicht die Kernaussage aus den Augen: Welche Zellen sind bei welchem Krankheitsbild zu erwarten, und welche Fallstricke warten auf uns?

Die Darstellung der onkologischen Befunde fand ich im Zusammenhang mit der transbronchialen Nadelaspiration (TBNA) auch in der dargestellten Ausführlichkeit von besonderer Bedeutung. Dieses Verfahren hat das onkologische Staging in der Lungenheilkunde deutlich patientenfreundlicher gemacht, da es doch vielen Erkrankten die Mediastinoskopie erspart. Umso wichtiger ist die ausführliche Lehre dieser Methode, da sie anders als die Mediastinoskopie eben keine Histologie liefert und die TBNA zwar noch Zellen im Gewebeverbund zeigen kann, aber eben keine Histologie ist. Ob „ortfremde“ Zellen mit zytologisch malignem Kennzeichen wirklich anhand der mikroskopischen Zytopathologie einem Organ zugeordnet werden können, halte ich für zweifelhaft. Gerne habe ich dennoch das Kapitel über metastatische Tumoren in der Lunge gelesen, melde aber mein Misstrauen an, dass diese Frage unter dem Mikroskop entschieden wird. Aber wenn die Zytopathologie einen Beitrag leisten kann und will, ist sie herzlich willkommen.

Ganz anders schätze ich das Potenzial der Molekularpathologie ein, die umfänglich und eindringlich in der „Pneumologischen Zytopathologie“ Platz gefunden hat. Hier sehe ich neben der Morphologie das größte Potenzial der Zytologie in der Pneumologie, bricht sie doch die Pathologie auf die subzelluläre Ebene herunter. Hier wird es unter Umständen möglich sein, einzelnen Zellen ihre Herkunft anzusehen, auch wenn sie tumorös entartet sind. Das mag unter Umständen nicht auf dem DNA-Level im „next generation sequencer der Fall sein, sondern das in der Probenentnahme und Verarbeitung wesentlich anspruchsvollere Verfahren der RNA-Analyse erfordern, aber das Jahrhundert ist ja noch jung.

Bis dahin wünscht man sich die „Pneumologische Zytopatholgie“ als Handbuch der Interpretation der erhobenen Befunde in die Hand eines jeden Klinikers, Pathologen und Labormediziners, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, bei den häufig schwierigen Mosaikdiagnosen in der Pneumologie einen Stein beizutragen.

Prof. Torsten Bauer, Berlin