Nervenheilkunde 2019; 38(11): 861-863
DOI: 10.1055/a-0952-6870
Kopfschmerz News
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Kopfschmerz News der DMKG

Stefan Evers
,
Mark Obermann
,
Ruth Ruscheweyh
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Publication History

Publication Date:
04 November 2019 (online)

Der Serotoninrezeptor-1F-Agonist Lasmiditan in der Akuttherapie der Migräne

**** Goadsby PJ, Wietecha LA, Dennehy EB, Kuca B, Case MG, Aurora SK, Gaul C. Phase 3 randomized, placebo-controlled, double-blind study of lasmiditan for acute treatment of migraine. Brain 2019; doi:10.1093/brain/awz134

Auch die zweite Phase III-Studie zeigt eine signifikante Wirkung, die aber eher etwas unter der von stark wirksamen Triptanen liegt. Zentralnervöse Nebenwirkungen sind relativ häufig.

Inhalt

Lasmiditan ist ein selektiver Serotoninrezeptor-1F-Agonist, der bislang in 2 Phase-II-Studien (intravenös und oral) und in 2 Phase-III-Studien (nur oral; genannt SPARTAN und SAMURAI) sowie einer offenen Langzeitstudie (GLADIATOR) untersucht wurde. Die publizierte Studie wird von der Firma Eli Lilly als Sponsor überall SPARTAN genannt, auch wenn dieser Begriff in der Publikation nicht auftaucht. Das Besondere an Lasmiditan ist, dass die Substanz nicht vasoaktiv ist und somit auch bei vaskulären Risikopatienten eingesetzt werden kann. Außerdem zeigt die bisherige Effektivität von Lasmiditan, dass auch ein reiner Serotonin-1F-Agonismus bei Migräne wirksam ist.

In dieser prospektiven, doppelblinden, multizentrischen Studie wurden Patienten mit Migräne mit und ohne Aura mit Lasmiditan (Dosierungen: 50 mg, 100 m, 200 mg) oder Placebo behandelt. Primäres Zielkriterium waren die Patienten, die nach 2 Stunden schmerzfrei waren und die frei vom beeinträchtigendsten Symptom waren („most bothersome symptom“). Es wurden 3005 Patienten eingeschlossen. Lasmiditan zeigte eine signifikant höhere Rate an Schmerzfreiheit als Placebo (Lasmiditan 200 mg: 38,8 %; 100 mg: 31,4 %; 50 mg: 28,6 %, Placebo: 21,3 %). Nebenwirkungen durch die Behandlung wurden von 39,0 % (200 mg Lasmiditan), 36,1 % (100 mg Lasmiditan), 25,4 % (50 mg Lasmiditan) und 11,6 % (Placebo) berichtet. Die häufigsten Nebenwirkungen waren zentralnervöse Beschwerden wie Benommenheit, Schläfrigkeit und Parästhesien.


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Kommentar

Es handelt sich hier um eine konventionelle Studie über die Wirksamkeit eines Medikaments in der Behandlung akuter Migräneattacken. Dabei besticht diese Studie durch ihre Größe und die vielen Zentren aus verschiedenen Ländern. Sie bestätigt dabei die Wirksamkeit von Lasmiditan, wie sie schon aus den vorherigen Studien bekannt war, reflektiert aber auch die bekannten Nebenwirkungen. Erstaunlich ist allenfalls, dass diese Studie in der Zeitschrift Brain erschienen ist, die sonst nur sehr zurückhaltend klinische Studien publiziert.

Trotz der martialischen Akronyme in der Studienbezeichnung muss zur Kenntnis genommen werden, dass die Wirksamkeit von Lasmiditan im Durchschnitt eher schwach ist und etwas unter der von gut wirksamen Triptanen liegt. Dabei ist die Rate der zentralnervösen Nebenwirkungen im Vergleich zu anderen Akutmedikamenten in der Migränebehandlung relativ hoch.

Zusammenfassend bleibt also der Stellenwert von Lasmiditan in der Zukunft abzuwarten. Der Vorteil der Substanz in Bezug auf vaskuläre Sicherheit muss abgewogen werden gegen die allenfalls durchschnittliche Wirksamkeit und gegen die deutlich erhöhte zentrale Nebenwirkungsrate. Hinzu kommt, dass sowohl Wirksamkeit als auch Nebenwirkungen einer Dosis-Wirkung-Beziehung unterliegen. Somit wäre die Dosis mit der besten Wirksamkeit auch die am schlechtesten verträgliche. Eine Überlegenheit gegenüber den Triptanen zeichnet sich also für Lasmiditan nicht ab; die Entscheidung, ob und wie man mit Lasmiditan auf den Markt geht, wird für die Firma nicht einfach sein.


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  • Literatur

  • 1 Cernuda-Morollón E, Ramón C, Larrosa D. et al Long-term experience with onabotulinumtoxinA in the treatment of chronic migraine: What happens after one year?. Cephalalgia 2015; 35 (10) 864-8
  • 2 Ruscheweyh R, Förderreuther S, Gaul C. et al Therapie der chronischen Migräne mit Botulinumneurotoxin A: Expertenempfehlung der Deutschen Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft. Nervenarzt 2018; 89 (12) 1355-1364