Zusammenfassung
Hintergrund Die informierte Zustimmung des Patienten bzw. seiner Sorgeberechtigten ist unabdingbare
Voraussetzung für genetische Diagnostik. Die Aufklärung über derartige genetische
Diagnostik stellt den beratenden Arzt vor besondere Herausforderungen bzgl. laienverständlicher
Vermittlung komplexer Zusammenhänge, Empathie in die Situation der Familie, Berücksichtigung
des elterlichen Rechtes auf Wissen ebenso wie auf Nichtwissen. Die Erwartungen von
Eltern an eine solche Aufklärung sind bisher allerdings kaum untersucht.
Methode In einem stufenweisen Vorgehen wurden zunächst freie Interviews mit 5 Elternpaaren
geführt, auf deren Basis ein halbstandardisierter Fragebogen entwickelt wurde. Dieser
wurde dann in einer Befragung von 30 Eltern von Kindern mit Intelligenzminderung,
Autismus und/oder Epilepsien, bei denen eine molekulargenetische Untersuchung in der
Vergangenheit durchgeführt wurde, eingesetzt.
Ergebnisse Die Aufklärungsgespräche bedeuten für die Eltern eine Herausforderung und emotionale
Anspannung. Einen hohen Stellenwert haben hier v. a. die Bereiche „Diagnose“ und „Therapie“.
Die Eigeneinschätzung der Vorkenntnisse ist sehr unterschiedlich, wobei viele Eltern
Verständnisprobleme im Gespräch angaben. Überwiegend als „sehr wichtig“ oder „wichtig“
wurden folgende Themenbereiche eingeordnet: Befunde unklarer Zuordnung bzgl. der Pathogenität,
Zufallsbefunde, Recht auf Nichtwissen, psychische Folgen, weiterer Verlauf, mögliche
Therapien. 10 Eltern hatten entweder keinen oder einen Sonderschulabschluss, 20 Eltern
waren im Deutschen Nichtmuttersprachler.
Diskussion Eltern haben einen hohen Informationsbedarf, der fast alle Bereiche der Aufklärung
umfasst. Kommunikative Hürden erschweren auch aus Elternsicht die Aufklärung. Hier
besteht klares Verbesserungspotenzial. Internet-basierte Angebote in mehreren Sprachen
und in leichter Sprache könnten eine Hilfestellung bieten.
Abstract
Background Shared decision-making is indispensable when it comes to molecular genetic investigations,
but data on the expectations of the parents is scarce.
Methods Using a step-by-step approach we initially performed free in-depth-interviews with
five parents on which base we developed a half standardized questionnaire. This questionnaire
was then applied in interviews with 30 parents of children with intellectual disability,
autism or epilepsy subject to genetic examination.
Results Pre-diagnostic discussions are challenging for the parents in an intellectual as
well as emotional way. The most important general aspects are diagnosis and therapy.
Self-assessment of prior knowledge is very variable and many parents expressed problems
in understanding. During the conversation parents rate the following specific aspects
as “very important” or “important”: findings of unclear relevance, incidental findings,
psychic consequences, prognostic aspects, possible therapeutic interventions. 10 Parents
did not have any school-degree and 20 parents were not native speakers.
Discussion All parents express a high need for information covering almost all aspects of the
investigation. Communicational hurdles pose additional challenges leaving a large
room for improvement. Trustworthy internet-based information systems in different
languages including plain language could be a first step.
Schlüsselwörter
molekulargenetische Untersuchungen - Aufklärungsgespräch - Gendiagnostik - Gendiagnostikgesetz
- partizipative Entscheidungsfindung - Patientenpräferenzen
Key words
molecular genetics - pre-diagnostic discussion - shared decision making - patients’
preferences