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DOI: 10.1055/a-0970-2011
Leserbrief zu Hausen T. Die Verordnungen bei Asthma und COPD in Deutschland für die Jahre 2007, 2010, 2013, 2015 – 2017. Pneumologie 2019; 73: 340 – 346
Publication History
Publication Date:
18 September 2019 (online)

Sehr geehrte Damen und Herren,
aufgezeigte Verordnungszahlen bzgl. der COPD spiegeln eine weitgehend sachgerechte Medikation der Behandler wider und sind ein Beleg dafür, dass sich die Mehrzahl der zuständigen Ärzte nicht dem enormen medialen Druck (einschließlich Krankenkassen-Empfehlungen) infolge der FLAME-Studie [3] gebeugt hat.
Genannte Untersuchung verglich eine LABA/LAMA-Kombination mit LABA/ICS.LABA/LAMA zeigte in dieser Studie eine Überlegenheit bzgl. der Reduktion von COPD-Exazerbationen (11 %). Auch war die Anzahl der Tage bis zur nächsten Exazerbation länger (LABA/LAMA: 71 Tage; vs. 51 Tage bei LABA/ICS), was einer 16-prozentigen Risiko-Reduktion entsprach. Medikamenten-Nebenwirkungen und Todesraten waren in beiden Gruppen vergleichbar. Die Inzidenz der Pneumonie-Raten betrug bei LABA/LAMA 3,2 % gegenüber 4,8 % bei LABA/ICS.
Inwieweit eine Verzerrung in der Run-in-Phase (über einen Zeitraum von 4 Wochen erhielten alle Probanden LAMA) eine Rolle spielte, wurde diskutiert (Probanden, welche in diesem Zeitraum mehr Medikamente benötigten, sprich exazerbierten, wurden ausgeschlossen).
Die gleiche LABA/LAMA-Kombination (Indacaterol/Glycopyrronium) wurde in der TRIBUTE-Studie [7] mit einer Fix-Triple-Medikation (LABA/LAMA/ICS – Formoterol, Glycopyrronium, Beclomet) verglichen (multizenter, randomisiert, doppelblind, doppeldummy, parallel Gruppe). Moderate bis ernste Exazerbationen waren in der Tripel-Therapie geringer (besonders deutlich in einer Untergruppe mit ≥ 200 Eosinophilen). Auch bezüglich der Prüfparameter Lungenfunktion und Beschwerdesymptomatik schnitt die Fix-Triple-Therapie signifikant besser ab. Die Pneumonie-Rate unterschied sich in den Gruppen nicht.
Auch weitere Studien (TRILOGY [10], FULFIL [5], TRINITY [11], IMPACT [6]) belegen eine Überlegenheit der Triple-Therapie bzgl. der Parameter Exazerbationsraten, Lungenfunktion und Beschwerdesymptomatik.
Eine in manchen Studien beobachtete erhöhte Pneumonie-Rate (vergleichbar bei Asthma Patienten [9]) ging nicht mit einer erhöhten Mortalität einher.
Vielmehr sprechen die Daten der IMPACT-Studie für eine erhöhte Mortalität der Patienten ohne ICS (relative Risiko-Reduktion der Mortalität: Triple vs. LABA/LAMA 42,1 %, LABA/ICS vs. LABA/LAMA 38,7 %).
Die Exazerbation ist der „Herzinfarkt“ des COPD-Patienten. Nach einer schweren Exazerbation versterben ¼ der Patienten in den kommenden 3 Jahren [6]. Daher ist vordergründiges Ziel der COPD-Therapie, diese zu verhindern.
Überschneidungen zwischen COPD und Asthma (ACOS) sind häufig; diese Patienten benötigen in der Regel ebenfalls ein inhalatives Steroid [4].
Nicht ausreichend geklärt ist die Frage, ob möglicherweise bezüglich der Pneumonie-Raten auch ein Bias eine Rolle spielen könnte (kränkere Patienten, Exazerbationen, Intensivstation, allein hierdurch erhöhtes Risiko).
Als Parallel-Beispiel sei auf die Sauerstofflangzeit-Therapie hingewiesen: Vergleicht man Todesraten von COPD-Patienten mit und ohne O2-Langzeit-Therapie, so sterben die Patienten mit LTOT fast doppelt so häufig innerhalb von 2 Jahren (41 vs. 27 %), was nicht zu einer Schuld-Zuweisung der LTOT führte [8].
Welchen der eingesetzten Inhalativa ein größeres Gefahrenpotenzial beizumessen ist, wird zur Diskussion gestellt (u. a.: LAMA: Glaukom-Verschlechterung, akuter Harnverhalt bei Prostata-Hypertrophie; LABA: Herzrhythmusstörungen, KHK).
Insgesamt ist somit die ICS-Behandlung bei der COPD nicht ein „seltenes Kann“ sondern ein „häufiges Muss“.
Derzeitiger Konsens sind folgende Empfehlungen [1, 2]:
ICS ja bei:
-
≥ 1 hospitalisierungspflichtiger Exazerbation/Jahr
-
≥ 2 Exazerbationen/Jahr
-
≥ 1 Exazerbation/Jahr + Eos ≥ 100
-
Eos ≥ 300
-
Asthma-Komponente
ICS nein bei:
-
keine Exazerbation
-
Eos < 100
-
wiederholte Pneumonien
-
mykobakterielle Infektion in der Anamnese
-
Literatur
- 1 GINA Guide. 2019 https://ginasthma.org/.../2019/.../GINA-2019-main-Pocket-Guide
- 2 Gold 2019 new references – Global Initiative for COPD. https://goldcopd.org/wp-content/.../11/GOLD-2019-v1.6-FINAL-08Nov2018-wms.pdf
- 3 Jadwiga A. et al. Indacaterol-Glycopyrronium versus Salmeterol–Fluticasone for COPD (FLAME). N Engl J Med 2016; 374: 2222-2234
- 4 Kristin L. et al. Management of the Asthma-COPD Overlap Syndrome (ACOS): a Review of the Evidence. Curr Allergy Asthma Rep 2017;
- 5 Lipson DA. et al. FULFIL Trial: Once-Daily Triple Therapy for Patients with Chronic Obstructive Pulmonary Disease. Am J Respir Crit Care Med 2017; 196: 438-446
- 6 Lipson DA. et al. Once-Daily Single-Inhaler Triple versus Dual Therapy in Patients with COPD (IMPACT). N Engl J Med 2018; 378: 1671-1680
- 7 Papi A. et al. Extra fine inhaled triple therapy versus dual bronchodilator therapy in chronic obstructive pulmonary disease (TRIBUTE). Lancet 2018; 391: 1076-84
- 8 Pavlov N. et al. Long-term oxygen therapy in COPD patients: population-based cohort study on mortality. Int J Chron Obstruct Pulmon Dis 2018; 13: 979-988
- 9 Qian CJ. et al. Pneumonia risk in asthma patients using inhaled corticosteroids: a quasi-cohort study. Br J Clin Pharmacol 2017; 83: 2077-2086
- 10 Singh D. et al. Single inhaler triple therapy versus inhaled corticosteroid plus long-acting β2-agonist therapy for chronic obstructive pulmonary disease (TRILOGY). Lancet 2016; 388: 963-973
- 11 Vestbo J. et al. Single inhaler extrafine triple therapy versus long-acting muscarinic antagonist therapy for chronic obstructive pulmonary disease (TRINITY). Lancet 2017; 389: 1919-29