Abstract
Introduction The legal status of abortion has changed in the regions of former East Germany after
reunification due to the adoption of restrictive West German abortion policies. The
aim of this study was to evaluate the impact on attitudes towards abortion and the
associated health care implications in Western and Eastern Germany.
Materials and Methods Nationally representative data on public support for legally restricting abortion
access were taken from the German General Social Survey and included the surveys 1992,
1996, 2000, 2006 and 2012 (N = 14 459). Two indicators of barriers to access to abortion
care were calculated for each federal state, based on the number of abortion facilities
and the proportion of women seeking abortion outside their state of residency. Data
were analysed using latent class analysis.
Results Results suggested that abortion attitudes could be classified into three distinct
subgroups: 1) support for abortion access independent of womenʼs reason; 2) support
on the basis of maternal or foetal health reasons but not for socio-economic reasons
(e.g. financial restrictions); and 3) no support. The size of subgroups in favour
of partial or complete restriction on abortion access increased in both regions over
the study period and this trend could not be explained by changes in socio-demographic
characteristics. Respondents living in a federal state with more barriers to access
to abortion care were more likely to hold restrictive abortion attitudes.
Conclusion Negative attitudes towards abortion have increased in Western and Eastern Germany
during the two decades following reunification and may harm women by limiting acceptability
and accessibility of abortion care. Abortion policies, public discourse and provision
of abortion care should be informed by international guidelines protecting womenʼs
health and rights.
Zusammenfassung
Einleitung Der rechtliche Status des Schwangerschaftsabbruchs in den Regionen der früheren DDR
hat sich nach der Wiedervereinigung und der Übernahme der restriktiveren westdeutschen
Politik geändert. Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen dieser Veränderungen
auf die Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch und die Implikationen für die damit
verbundene Gesundheitsversorgung in Ost- und Westdeutschland zu untersuchen.
Material und Methoden Der Allgemeinen Bevölkerungsumfrage der Sozialwissenschaften aus den Jahren 1992,
1996, 2000, 2006 und 2012 (N = 14 459) wurden bundesweit repräsentative Daten über
das Ausmaß der öffentlichen Unterstützung für den legalen Zugang zum Schwangerschaftsabbruch
entnommen. Basierend auf der Anzahl der vorhandenen Einrichtungen, die Schwangerschaftsabbrüche
vornehmen, und dem Anteil der Frauen, die für einen Schwangerschaftsabbruch in ein
anderes Bundesland reisten, wurden pro Bundesland 2 Indikatoren kalkuliert, welche
die Einschränkungen beim Zugang zur Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen darstellen
sollten. Die Daten wurden mittels der latenten Klassenanalyse analysiert.
Ergebnisse Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch
in 3 unterschiedliche Untergruppen unterteilt werden können: 1) Der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch
wird, ungeachtet der Gründe der betroffenen Frauen, unterstützt; 2) Der Zugang zum
Schwangerschaftsabbruch wird unterstützt, wenn der Schwangerschaftsabbruch mit einem
mütterlichen oder fetalen Gesundheitsrisiko begründet wird, nicht aber, wenn er aus
sozioökonomischen Gründen (z. B. finanzielle Einschränkungen) durchgeführt wird; und
3) der Zugang zum Schwangerschaftsabbruch wird generell nicht unterstützt. Die Größe
der jeweiligen Untergruppen, die eine teilweise oder gänzliche Einschränkung des Zugangs
zum Schwangerschaftsabbruchs befürworten, ist im Laufe des untersuchten Studienzeitraums
in beiden Regionen angestiegen und diese Tendenz war nicht auf Veränderungen in den
soziodemografischen Merkmale zurückzuführen. Befragte, die in Bundesländern lebten,
wo der Zugang zur Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen mit größeren Hürden verbunden
war, neigten eher zu restriktiveren Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch.
Schlussfolgerung Die negativen Einstellungen zum Schwangerschaftsabbruch sind in West- und Ostdeutschland
in den 2 Jahrzehnten seit der Wiedervereinigung angestiegen. Das kann sich auf Frauen
nachteilig auswirken, wenn die allgemeine Akzeptanz der Versorgung und der Zugang
zur Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen sinkt. Politische Maßnahmen, der öffentliche
Diskurs und die Integration von Schwangerschaftsabbrüchen in die Gesundheitsversorgung
sollten sich nach den internationalen Richtlinien zum Schutz von Frauengesundheit
und Frauenrechten richten.
Key words abortion - stigma - public attitudes - access to abortion care - latent class analysis
- differences in German health care services
Schlüsselwörter Schwangerschaftsabbruch - Stigmatisierung - Einstellung der Bevölkerung - Zugang zum
Schwangerschaftsabbruch - latente Klassenanalyse - Unterschiede in der deutschen Gesundheitsversorgung