Osteologie 2019; 28(03): 227-228
DOI: 10.1055/a-0985-4998
Gesellschaftsnachrichten
Informationen der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren e. V.
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Frühjahrstagung der Arbeitsgemeinschaft Knochentumoren 2019

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Publication Date:
12 September 2019 (online)

Tagungsbericht

Die 93. Tagung der AG Knochentumoren fand in Zagreb/Kroatien auf Einladung von Prof. Sven Seiwerth vom 24.bis 25. Mai in den Räumen des Pathologischen Instituts der Medizinischen Fakultät statt. Zusammen mit seinem Team hatte Prof. Seiwerth die Tagung exzellent vorbereitet und organisiert und ein abwechslungsreiches Programm zusammengestellt, so dass es allen Gästen möglich war, Zagreb und seine Umgebung besser kennenzulernen.

Die Tagung begann am 24.5. mit der Vorstandssitzung (15.00 bis 16.00 Uhr) gefolgt von der Präsentation von ad hoc-Fällen, die aktuelle diagnostische oder therapeutische Probleme beinhalteten und entweder vorab angemeldet (sekretariat@agkt.org) oder spontan mitgebracht wurden. Insgesamt wurden 5 Fälle vorgestellt. Zunächst wurde der Fall einer 37-jährigen Patientin diskutiert, die seit 4–5 Wochen über paravertebrale Rippenschmerzen klagte. In der Bildgebung fand sich eine multilokuläre Osteolyse ohne sichere begleitende Mineralisation. Unter der radiologischen Verdachtsdiagnose einer möglicherweise sekundär veränderten fibrösen Dysplasie oder einer fokalen hämatopoetischen Hyperplasie der Rippe wurde zunächst zu einer Biopsie geraten (nach Tagungsende wurde histologisch eine fibröse Dysplasie gesichert).

Ein weiterer Fall betraf einen 64-jährigen Patienten, der sich mit einer Schwellung am rechten Unterschenkel vorstellte. Vor 20 Jahren erlitt der Patient einen Unfall mit Tibiafraktur rechts. Intraoperativ fand sich krümeliges Material, die Mikrobiologie war negativ. In der Diskussion wurde ein Tumor als extrem unwahrscheinlich angesehen und die vorliegende Bildgebung zusammen mit den klinischen Befunden einer alten Kompartmentnekrose zugeordnet.

Als dritter Fall wurde ein 25-jähriger Patient vorgestellt, der körperlich und geistig beeinträchtigt war und bei dem nach Fremdanamnese seit 7 Jahren eine langsam zunehmende Schwellung des rechten Unterschenkels bestand. Radiologisch fanden sich blasig-osteolytische Auftreibungen der distalen rechten Tibia (Markraum und Periost) sowie der (leider nur teilweise erfassten) Fußwurzelknochen und des distalen Femurs (partieller Nachweis in einzelnen MR-Sequenzen). In der Biopsie (Tibia) zeigte sich ein Knorpeltumor ohne invasiv-destruktives Wachstum. Um einen M. Ollier auszuschließen, wurde eine erweiterte Bildgebung (Ganzkörper-MRT, komplette Darstellung des Fußes und des distalen Femurs) empfohlen.

Der vierte Fall betraf eine 74-jährige Patientin mit Schmerzen in der rechten Schulter. Im CT fand sich eine – szintigraphisch aktive – Osteolyse im proximalen Humerus, welche radiologisch zunächst als Metastase oder Myelommanifestation gedeutet wurde. Außerdem bestanden Bursitis-artige Veränderungen am Schultergelenk, welche in erster Linie für die Schmerzsymptomatik als ursächlich angesehen wurden. Die Biopsie der Humerusläsion (marginale Ausräumung) ergab eine Infiltration durch schaumzellige Histiozyten (pos: CD 68, CD 163; neg: CD1a, S-100, Langerin) sowie eine begleitende Fibrose. Eine atypische Mykobakteriose oder eine Erdheim Chester-Erkrankung sollten trotz ungewöhnlicher Manifestation noch ausgeschlossen (BRAF p. 600VE-Mutation) und der Fall an der nächsten Sitzung in München diskutiert werden.

Als 5. Fall wurden die Befunde eines 50-jährigen Patienten diskutiert, der sich nach einem Sturz eine Schenkelhalsfraktur zuzog, welche sich in der Bildgebung als pathologische Fraktur erwies. Die Bildgebung wurde zunächst als dedifferenziertes Chondrosarkom gedeutet. Die Biopsie ergab ein Klarzellchondrosarkom ohne histologische Hinweise auf eine Dedifferenzierung, eine Nachresektion ergab einen histologisch identischen Resttumor, so dass wegen der Diskrepanz in der Aggressivitätsbeurteilung zwischen Radiologie und Pathologie (high-grade Tumor vs. low-grade Tumor) zunächst engmaschige Kontrollen empfohlen wurden.

In einer anschließenden Kurzpräsentation stellte Prof. Jundt noch die Basler Erfahrungen mit Antikörpern gegen Caldesmon vor. Dieses Molekül wird als Marker für glatte Muskulatur angesehen. Es existieren jedoch unterschiedliche Caldesmon-Formen. Nur das hochmolekulare Caldesmon ist Glattmuskel-spezifisch, niedermolekulares Caldesmon kommt auch in anderen Zellen (z. B. Myofibroblasten) vor [Dabrowska R et al. Protoplasma (2004) 224: 1–13]. Nach den Basler Erfahrungen und den Angaben in der Literatur (Beck, EM et al. J Cutan Pathol. 2018;45:581–587) eignet sich der Clone h-CD (Dako) am besten für die Markierung glatter Muskulatur.

Nach Diskussion der ad hoc-Fälle fanden die wissenschaftlichen Vorträge statt, welche einen Überblick über 20 Jahre orthopädische Pathologie an der Universität Zagreb, die Epidemiologie muskuloskeletaler Tumoren sowie die Problematik der Behandlung und Diagnostik von Knochentumoren in Kroatien beinhalteten:

  • Orthopedic pathology – 20 years single center experience:

    Sven Seiwerth (Institute of Pathology University of Zagreb School of Medicine and KBC Zagreb- Die Kurzfassung des Vortrags ist im Anschluss an den Tagungsbericht auf Seite 229 zu finden).

  • Pediatric bone tumors in Croatia, a single oncology centre experience:

    Bonevski A1, Stepan Giljević J1, Ćepulić M1, Seiwerth S2 (1 Children’s Hospital Zagreb, Oncology department, Zagreb, Croatia 2, Institute of Pathology School of Medicine University of Zagreb, Zagreb, Croatia – Die Kurzfassung des Vortrags ist im Anschluss an den Tagungsbericht auf Seite 231 zu finden)

  • Epidemiology of musculoskeletal tumors in a national referral orthopedic department. A study of 3482 cases:

    Bergovec M1,2, Kubat O1, Smerdelj M1, Seiwerth S3, Bonevski A4, Orlic D1 (1 Department of Orthopaedic Surgery, University of Zagreb School of Medicine, KBC Zagreb, 2 Department of Orthopedic Surgery, Medical University of Graz, 3 Clinical Department of Pathology and Cytology, Medical School University of Zagreb, KBC Zagreb, 4 Children’s University Hospital Zagreb – aktualisierte Fassung der in Cancer Epidemiology 2015; 39: 298–302 bereits publizierten Arbeit – PMID:25703268)

Das anschließende gemeinsame Abendessen fand in den Räumen des 1927 auf Initiative von Andrija Štampar mit Unterstützung der Rockefeller Foundation errichteten «Institutes for Hygiene and School of Public Health« statt, das 2014 nach seinem Gründer in «Andrija Štampar School of Public Health» umbenannt wurde. Štampar war außerdem 1948 einer der Initiatoren der WHO und Präsident der ersten Weltgesundheitsversammlung. Die jetzige Direktorin, Frau Professor Mirjana Kujundžić Tiljak, stellte in einem kurzen Abriss die Institutsgeschichte dar und gab uns außerdem die Gelegenheit, das Institut zu besichtigen.