Notaufnahme up2date 2020; 2(03): 219-235
DOI: 10.1055/a-1010-9986
Kopf und Hals

Bewusstseinsstörungen

Erscheinungsformen, Differenzialdiagnose und Management
Frank Erbguth
,
Rüdiger Lange

Subject Editor: Wissenschaftlich verantwortlich gemäß Zertifizierungsbestimmungen für diesen Beitrag ist Prof. Dr. med. Dipl. Psych. Frank Erbguth, Paracelsus Medizinische Privatuniversität – Klinikum Nürnberg.

Bei etwa 10 % der nicht traumatischen Notaufnahmepatienten besteht das Leitsymptom „unklare Bewusstseinsstörung“. Prognostisch entscheidend ist ein zügiges Management, das einerseits einer Vielzahl von potenziellen Ursachen nachgehen muss, andererseits aber auch keine zeitkritischen Therapien verzögern oder verpassen darf. Ziel ist eine mehrdimensionale strukturierte Vorgehensweise unter Einbezug der Anamnese, des klinischen Befunds und der Ergebnisse von Zusatzuntersuchungen.

Kernaussagen
  • Bei etwa 10 % der Patienten einer konservativen Notaufnahme besteht das Leitsymptom „unklare Bewusstseinsstörung“.

  • Bei der Hälfte der Bewusstseinsstörungen liegt eine primär zerebrale Ursache vor.

  • Eine Vielzahl von Informationen muss zu einer Syndromkategorie und ätiologischen Arbeitshypothese zusammengeführt werden.

  • Eine algorithmische Herangehensweise erleichtert die Differenzialdiagnostik von Bewusstseinsstörungen und vermeidet diagnostische und therapeutische Versäumnisse.

  • Die häufigste Ursache von Bewusstseinsstörungen mit Halbseitensyndrom ist der Schlaganfall durch Hirnischämie oder -blutung, bei Meningismus besteht der Verdacht auf eine Meningoenzephalitis oder Subarachnoidalblutung.

  • Bei Bewusstseinsstörungen ohne fokale Hinweise liegt bei jüngeren Patienten meist eine Intoxikation und bei älteren Patienten eine metabolische Störung vor.

  • Selbst bei ausreichend gestütztem Verdacht auf eine nicht primär zerebral verursachte Bewusstseinsstörung ist eine zerebrale Bildgebung (CT und fakultativ MRT) unerlässlich, um konkurrierende Diagnosen oder sekundäre Hirnschädigungen wie z. B. ein Hirnblutung oder ein Hirnödem erkennen zu können.

  • Simultan zur diagnostischen Aufarbeitung müssen mögliche spezifische zeitkritische Therapien initiiert werden (z. B. Rekanalisierungsverfahren bei Schlaganfall oder Antibiotika plus Kortikosteroide bei Meningitisverdacht).

  • Günstig für das Notfallmanagement unklarer Bewusstseinsstörungen ist ein interdisziplinäres strukturiertes Vorgehen im Rahmen eines konservativen Schockraum-Konzepts.



Publication History

Article published online:
16 July 2020

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Stuttgart · New York