Neurologie up2date 2020; 3(03): 243-256
DOI: 10.1055/a-1011-6634
Immunvermittelte und erregerbedingte Erkrankungen des ZNS

Neuroborreliose

Rick Dersch
,
Sebastian Rauer

Die Lyme-Borreliose ist die häufigste Zoonose Deutschlands. Bei 3 – 15 % der betroffenen Patienten kommt es zu neurologischen Manifestationen. Im klinischen Alltag bestehen hinsichtlich des Managements der Neuroborreliose oft beträchtliche Unsicherheiten. Der Beitrag fasst den aktuellen Wissensstand zur Klinik, Diagnostik und Therapie der Neuroborreliose zusammen.

Merke

Eine positive Borrelienserologie ohne borreliosetypische Symptomatik ist als alleiniger Befund nicht geeignet zur Diagnosestellung einer Borreliose und sagt nichts über eine Behandlungsbedürftigkeit aus.

Kernaussagen
  • Die Erreger der Borreliose sind Spirochätenbakterien des Borrelia-burgdorferi-sensu lato-Komplexes.

  • In Deutschland ist nach einem Zeckenstich bei ca. 5 % der Betroffenen mit einer Serokonversion und bei ca. 1 % mit einer manifesten Neuroborreliose zu rechnen.

  • Die Übertragungswahrscheinlichkeit der Borrelien nimmt mit längerer Saugdauer der Zecke zu. Deshalb sollten Zecken so rasch wie möglich entfernt werden.

  • Frühmanifestationen treten innerhalb ca. 4 – 6 Wochen nach einer Infektion auf (ca. 98 % der Neuroborreliosefälle); hauptsächlich als Polyradikuloneuritis (Bannwarth-Syndrom) und aseptische Meningitis. Spätmanifestationen sind insgesamt sehr selten und treten mehrere Wochen bis Monate nach der Infektion auf.

  • Die Diagnose einer Neuroborreliose sollte anhand international konsentierter Falldefinitionen auf der Basis der vorliegenden klinischen und labordiagnostischen Befunde gestellt werden; dabei wird unterschieden zwischen der möglichen, der wahrscheinlichen und der gesicherten Neuroborreliose.

  • Wenn die Kriterien einer wahrscheinlichen oder gesicherten Neuroborreliose erfüllt sind, besteht die Indikation zur antibiotischen Behandlung; dabei sind Betalaktamantibiotika und Doxycyclin zur Behandlung der Neuroborreliose als wirksam befunden worden.

  • Die Prognose der Neuroborreliose ist nach Antibiotikabehandlung in der Regel günstig.

  • Bei weiterhin bestehenden neurologischen Einschränkungen (Kognition, Fatigue) hat sich eine langfristige Antibiotikagabe nicht bewährt; hier sollte symptomorientiert behandelt werden. Bei Restsymptomen nach Encephalomyelitis durch gesicherte LNB keine weitere Differentialdiagnostik erforderlich



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
12. August 2020

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