ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2019; 128(12): 591
DOI: 10.1055/a-1026-2277
Editorial
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Die Macht der Erinnerung

Cornelia Gins
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Publication Date:
09 December 2019 (online)

Ein Licht in dunklen Zeiten. Es ist, als würde die Welt ein freundlicheres Lächeln zeigen. Es ist Advent, es sind die Tage vor Weihnachten und es riecht nach Zimt, Vanille und frisch gebackenen Plätzchen. So oder so ähnlich empfindet vielleicht der eine oder andere diese Zeit. Es ist eine besondere Zeit, ohne Frage. Eine Zeit, auf die sich viele freuen, da sie oft in uns Erinnerungen an die Adventszeit unserer Kindheit wachruft. Doch genau das kann auch zum Problem werden, da wir aus der Erinnerung diese Bilder von schönen und auch aufregenden Tagen vor allem vor der Bescherung im Kopf haben. Genährt werden diese Bilder alljährlich von der Werbung und den beliebten Weihnachtsfilmen wie beispielsweise „Das Wunder von Manhattan“ (mein Lieblingsfilm alle Jahre wieder). Doch sind diese Erinnerungen vielleicht trügerisch? Verändern sie sich unter Umständen mit den Jahren, und war es doch nicht alles so wie heutzutage empfunden? Ungeachtet dessen sind unsere Erwartungen an die Adventszeit jedes Jahr immer wieder groß. Und das ist gut so und sollte unbedingt gepflegt werden. Es geht ganz einfach, indem vertraute Rituale vor allem aus der Kindheit beibehalten werden. Ich erinnere mich beispielsweise an den traditionellen Spaziergang mit meinem Vater am Heiligen Abend nach der Bescherung. Der Blick in die weihnachtlich erleuchteten Fenster war wunderbar und gab ein Gefühl der Zusammengehörigkeit mit Menschen, die man gar nicht kannte. Auch sie feierten Weihnachten, nach einem Ritual, das sie vielleicht aus ihrer Kindheit übernommen hatten. Jedes Weihnachten erinnere ich mich an diesen Spaziergang und die damit verbundenen Gefühle. Auch wenn für den einen oder anderen vielleicht auch die meisten Rituale in unserem digitalen Zeitalter als nicht mehr zeitgemäß gelten, sollte ihre Bedeutung nicht unterschätzt werden. Vor allem für die Kinder. Wir Erwachsene haben unsere Erinnerung und die damit verbundenen Emotionen, es wäre unverzeihlich, den Kindern diese Erinnerungen vorzuenthalten.