Senologie - Zeitschrift für Mammadiagnostik und -therapie 2020; 17(02): 81-83
DOI: 10.1055/a-1085-0690
Aktuell diskutiert

Stellungnahme der DGS zu Olaparib (Lynparza®)

Allgemeine Anmerkungen

Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom überleben im Median 20–28 Monate [1] [2]. Eine Heilung dieser Patientinnen ist nicht möglich, und jedes Jahr versterben in Deutschland etwa 18 000 Frauen an dieser Erkrankung [1] [3] [4]. Anders als beim frühen (nicht metastasierten) invasiven Mammakarzinom ist das altersstandardisierte relative 5-Jahres-Überleben von Frauen mit einem metastasierten Mammakarzinom in den letzten Jahren nicht angestiegen. Es besteht daher ein großer ungedeckter medizinischer Bedarf. Im Hinblick auf den palliativen Charakter der Erkrankung umfassen die therapeutischen Ziele neben einer Verlängerung des gesamten Überlebens vor allem auch eine Symptomkontrolle, d. h. die Verzögerung einer Progression, nach Möglichkeit eine Vermeidung toxischer Therapien und den Erhalt der Lebensqualität [5].

Unabhängig von der Familienanamnese besteht bei ca. 8 % aller Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom eine pathologische Keimbahnmutation in den Genen BRCA1 oder BRCA2 [6]. Abhängig von der Familienanamnese (weitere Angehörige mit insbesondere mit Mamma- oder Ovarialkarzinom), der Tumorbiologie (triplenegativer Brustkrebs) und dem Erkrankungsalter der Patientin (junges Erkrankungsalter) steigt die Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Mutation teilweise deutlich an [6]. Die BRCA1- und 2-Gene kodieren für Proteine, die für die DNA-Reparatur von Doppelstrangbrüchen und Strangvernetzungen wesentlich sind (sog. homologe Rekombination) [7]. Patientin mit einer Keimbahnmutation in den BRCA1- oder -2-Genen haben entsprechend einen angeboren Funktionsverlust der homologen Rekombination. Poly(ADP-ribose)-Polymerasen (PARP) sind ebenfalls Schlüsselenzyme bei der DNA-Reparatur. PARP-Inhibitoren (Niraparib, Olaparib, Rucaparib, Talazoparib und Veliparib) verhindern eine effiziente DNA-Reparatur und treiben vor allem Zellen mit defekter homologer Rekombination (z. B. aufgrund einer BRCA1- oder -2-Mutation), d. h. genetisch instabile Zellen, in die Apoptose [8].

Die PARP-Inhibitoren Niraparib, Olaparib und Rucaparib sind unter anderem zur Behandlung des Ovarialkarzinoms durch die EMA zugelassen, da sich hier häufig genetisch instabile Tumoren finden [9] [10] [11]. Mittlerweile liegt außerdem eine EMA-Zulassung für Olaparib und Talazoparib zur Behandlung von Patientinnen mit metastasiertem HER2-negativem Mammakarzinom und Vorhandensein einer pathogenen BRCA1- oder BRCA2-Keimbahnmutation vor [11] [12]. In der Subgruppe der Patientinnen, die keine vorherige Chemotherapie in der metastasierten Situation erhalten haben, führt die Behandlung mit Olaparib im Vergleich zu einer Chemotherapie zu einer signifikanten Verbesserung des Gesamtüberleben [13]. Die Behandlung des BRCA1- oder BRCA2-keimbahnmutierten metastasierten HER2-negativen Mammakarzinoms wird entsprechend von der Arbeitsgemeinschaft für Gynäkologische Onkologie (AGO) empfohlen [14].

Die deutsche Gesellschaft für Senologie (DGS) unterstützt die Nutzenbewertung des IQWiG und geht ebenfalls von einem beträchtlichen Zusatznutzen aus.



Publikationsverlauf

Artikel online veröffentlicht:
25. Juni 2020

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