Diabetes aktuell 2020; 18(04): 148
DOI: 10.1055/a-1161-3123
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© Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Diabetologie im Alter

Alexander Friedl
1   Stuttgart
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Publication Date:
26 June 2020 (online)

Immer mehr Menschen werden immer älter und Diabetes mellitus ist eine der häufigsten Erkrankungen im höheren Lebensalter. Bei jüngeren Menschen ist die Behandlung des Diabetes mellitus oft vergleichsweise einfach, Therapieziele sind zumeist klar definiert: eine nahe-normoglykämische Stoffwechseleinstellung zur Senkung des Risikos für Folgeschäden und Vermeidung von akuten Komplikationen. Natürlich sind dafür gute diabetologische Kenntnisse der Behandelnden und der Menschen mit Diabetes erforderlich.

Bei älteren Menschen ist die Situation meist deutlich komplexer: Therapieziele sind oftmals nicht geklärt und definiert, neben Parametern der Stoffwechseleinstellung können andere Ziele ebenfalls sehr relevant sein. Geriatrische Syndrome können sich durch eine schlechte Diabeteseinstellung spürbar verschlechtern. Begleiterkrankungen müssen berücksichtigt werden hinsichtlich Symptomen, Medikamentenauswahl, Risiken für Folgeschäden und auch der Lebenserwartung. Ein 80-jähriger Mensch hat in Deutschland aktuell noch eine durchschnittliche Lebenserwartung von 8,0 Jahren (Männer) bzw. 9,5 Jahren (Frauen), aber natürlich kann sich die reale Spanne von 0 bis zu mehr als 20 Jahren bewegen. Das muss im Einzelfall berücksichtigt werden.

Folgeschäden können bereits vorhanden und fortgeschritten sein oder auch fehlen. Funktionelle und kognitive Beeinträchtigungen können die Auswahl der Therapie und auch die Therapieziele beeinflussen. Häufig sind es Angehörige oder auch professionelle Pflegekräfte, die wichtige Aufgaben der Diabetesbehandlung übernehmen. Deren Kenntnisse und qualitative Durchführung entsprechender Maßnahmen sind für eine gute Behandlung ganz entscheidend. All dies sollte für eine gute Diabetestherapie älterer Menschen berücksichtigt werden!

Orale Antidiabetika bieten heute ein großes Spektrum an Möglichkeiten. Unterschiedliche Wirkstoffe mit verschiedenen Eigenschaften und Risiken, sowie unterschiedlichem Potenzial der Reduktion des Risikos für Folgeschäden stehen zur Verfügung. Für die Auswahl sollten die o.g. Kriterien möglichst berücksichtigt werden. Bei der Insulintherapie sind neben den Fähigkeiten der Betroffenen oder Angehörigen auch die individuell passende Auswahl von Insulinen und Therapieschemata entscheidend.

Herzerkrankungen treten im Alter gehäuft auf, und es gibt eine Vielzahl von Verbindungen zum Diabetes mellitus. Dies sollte bei der Behandlung des Diabetes beachtet werden, und es ist von großer Wichtigkeit, dass auch von kardiologischer Seite das Vorhandensein des Diabetes mellitus entsprechend berücksichtigt wird.

Für die wichtige Arbeit von Pflegekräften wurden in den letzten Jahren auf der Grundlage wissenschaftlicher Evidenz verschiedene Standards geschaffen. Kenntnis und Einhalten dieser Standards, gute Kommunikation und fachlicher Austausch zwischen allen Beteiligten ist die Basis einer guten Diabetesbehandlung. Spezielle Schulungsangebote der Deutschen Diabetes Gesellschaft stehen Pflegekräften zur Vertiefung ihrer diabetologischen Fähigkeiten inzwischen zur Verfügung.

All diese Aspekte finden sich in den folgenden Artikeln und helfen, die Behandlung älterer Menschen auf dem Stand aktueller Kenntnisse gemeinsam weiter zu verbessern!