Arthritis und Rheuma 2020; 40(04): 278-281
DOI: 10.1055/a-1161-5407
Verbandsnachrichten
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nachrichten des Verbandes Rheumatologischer Akutkliniken e. V.

H.-J. Lakomek
1   Geschäftsführer VRA
,
U. Klinger-Schindler
2   Assistentin der Geschäftsleitung VRA
› Author Affiliations
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Publication History

Publication Date:
20 August 2020 (online)

Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses über die ambulante spezialfachärztliche Versorgung nach § 116b SGB V (ASV-Richtlinie): Anlage 1.1b. Rheumatologische Erkrankungen Erwachsene: Update 2020 – Herausforderungen und Perspektiven

Präambel

Mit der ambulanten spezialfachärztlichen Versorgung (ASV) nach § 116b SGB V besteht seit April 2018 eine 3. Versorgungsebene, in der Patienten mit chronisch-entzündlicher Rheumaerkrankung behandelt werden können [1]. Durch den Wegfall der Budgetierung von Fallzahl und Leistungen in dieser Versorgungsebene wird eine deutliche Verbesserung der Versorgungssituation für Menschen mit Rheuma erreicht, da hierdurch zusätzliche Behandlungsressourcen durch niedergelassene internistische Rheumatologen wie auch durch an der Klinik tätige internistische Rheumatologen (Krankenhaus-Ambulanz) entstehen.

Die 49 Einrichtungen, die in Deutschland seit dem Jahr 2009 Patienten nach den § 116b-Bestimmungen behandeln, waren zwar die „Blaupause“ für die ab dem 19.04.2018 gültige ASV-Richtlinie, aber auch diese müssen nach einer 3-jährigen Übergangsfrist spätestens bis April 2021 in die neue Versorgungsform überführt worden sein, um die Kontinuität der ambulanten Versorgung zu gewährleisten. Hier ist es den Autoren des vorliegenden Beitrags wichtig, allen Kliniken eine Hilfestellung hinsichtlich der Antragstellung beim erweiterten Landesausschuss (eLA) zu geben, unabhängig davon, ob es sich um einen „Umstieg“ oder einen kompletten Neuantrag handelt.


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Was muss bei der zu erfolgenden Antragstellung für die ASV beachtet werden?

Die ASV (Ambulante Spezialfachärztliche Versorgung) ist eine neue Versorgungsform für Patienten, die an komplexen, schwer therapierbaren oder seltenen Krankheiten leiden. Wie der neue Versorgungsbereich funktioniert, regelt die ASV-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA).

Nach wie vor wird die Beantragung der ASV für entzündlich-rheumatische Erkrankungen als schwer umsetzbar beschrieben. Dabei gibt der GBA die bundesweit einheitliche Regelung zu gleichen Bedingungen in Bezug auf Qualitätssicherungsvereinbarungen und Vergütung für Praxen und Kliniken vor. Mit Stand 10. Juni 2020 existieren 29 ASV-Rheumateams, die im ASV-Verzeichnis eingesehen werden können.


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ASV-Kooperationsmodelle

Kooperationspartner Vertragsärzte mit Klinikärzten

Die ASV sieht z. B. vor, dass niedergelassene Ärzte und Krankenhausärzte gemeinsam bei der Behandlung von Patienten mit rheumatologischen Erkrankungen strukturiert zusammenarbeiten.

Dafür ist im Versorgungssektor eine maximale Entfernung von 30 Minuten festgeschrieben (ausgenommen hiervon sind Labor- und histologische Untersuchungen). Ein Blick in das ASV-Verzeichnis lohnt deshalb immer. Hier können bereits existierende Klinik-Praxis-Kooperationen eingesehen werden. Dies verkürzt den Weg der schwierigen Suche nach seltenen Kooperationspartnern, wie z. B. dem Facharzt für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Angiologie [2].

Bevor die Idee zur Gründung eines „ASV-Teams rheumatologische Erkrankungen“ bereits „nach außen“ an niedergelassene Rheumatologen herangetragen wird, sollte folgendes überdacht werden. Die Kassen bezahlen nur Leistungen innerhalb des ASV-Teams. Der niedergelassene Rheumatologe ist durch seine Teilnahme am ASV-Team der Klinik an dessen Teamstruktur und deren Fachbereiche gebunden. Daher müssten das jeweilige Labor, diverse Radiologen, Humangenetiker und Pathologen des niedergelassenen Rheumatologen mit gemeldet werden. Werden z. B. ASV-Leistungen an nicht für die jeweilige ASV zugelassene Fachrichtungen per Überweisung durch den niedergelassenen Rheumatologen im ASV-Team beauftragt, kommt es spätestens hier zu Streichungen dieser Leistungen durch die KV. Verfügt Ihre Klinik noch über einen Altvertrag nach § 116b SGB V, ist der Zeitraum einer erfolgreichen Antragbearbeitung und Genehmigung durch den erweiterten Landesausschuss (eLA) eher als zu knapp zu bewerten. Aufgrund des kurzen Zeitraums von ca. 9 Monaten bis April 2021 kann in diesem Fall nur empfohlen werden, eine möglichst schmale Team-Struktur zur Antragstellung und Genehmigung anzustreben und weitere Interessenten aus dem Vertragsarztbereich nachzumelden.

Vorteil der Kooperation mit Niedergelassenen

Häufig reicht im Antragverfahren der KV-Zulassungsbescheid des niedergelassenen Arztes als alleiniger Nachweis der Qualifikation aus. Dies verkürzt den Zeitraum der Antragbearbeitung innerhalb der Kliniken erheblich. Prüfen Sie trotzdem generell über den Zulassungsbescheid des niedergelassenen Arztes, ob die von ihm genannte Qualifikationsvoraussetzung tatsächlich über die KV bereits genehmigt ist.

Klären Sie mit dem zukünftigen Kooperationspartner zudem die Rahmenbedingungen der Abrechnungsmöglichkeiten des hinzugezogenen Facharztes in der Ebene 3: Keine Grundpauschale, sondern Konsultationspauschale oder Konsiliarpauschale, nur Auftragsleistung und keine Mit-/oder Weiterbehandlung.


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Kosten der Freischaltung der Praxissoftware

Sofern Sie auf den niedergelassenen Kooperationspartner ausweichen müssen, weisen Sie Ihren Kooperationspartner auf möglicherweise entstehende Kosten bei der Freischaltung der ASV innerhalb des Praxisverwaltungssystems hin.

In den Fachgruppen der Dermatologie und Onkologie liegen nämlich die Kosten der Praxissoftware-Freischaltung oftmals höher, als dieser je an Erlös mit der ASV erzielen kann. Weisen Sie den Kooperationspartner auch auf eventuelle zusätzliche KV-Bearbeitungsgebühren (in Berlin beispielsweise 50,00 Euro pro Quartal) zusätzlich zur Verwaltungsgebühr hin, sofern Ihnen diese bekannt sind.


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Institutionelle Meldung

Klären Sie bei Kooperationspartnern der Ebene 3 mit den hinzugezogenen Ärzten unbedingt, dass gemäß Richtlinie eine „institutionelle“ Meldung eines verantwortlichen Facharztes der Praxis erfolgen wird. Diese Information ist für die spätere Abrechnungspraxis des Kooperationspartners sehr wichtig. Lediglich die KV Baden-Württemberg verweigert eine institutionelle Abrechnung von Arztpraxen, obwohl sie per ASV-Richtlinie ausreichend ist.

Klären Sie diese Punkte unbedingt bei der Planung Ihres Teams, beispielsweise in einem ersten Vorgespräch, sodass das Antragsverfahren nicht im entscheidenden Moment unnötig aufgehalten wird, weil der geplante Kooperationspartner kurzfristig seine Teilnahme zurückzieht. Sehr schnell werden Sie feststellen, dass häufig die große Gemeinschaftspraxis oder Berufsausübungsgemeinschaft ein Kooperationspartner ist, der sich für eine ASV-Teilnahme gut eignet.

Was ist zu tun, wenn der Kooperationspartner nicht innerhalb der maximalen Entfernung von 30 Minuten zu finden ist?

Legen Sie dem eLA bereits im Antragverfahren eine entsprechend erweiterte Selbsterklärung bei, aus der hervorgeht, dass die regionale Bedingung eingehend geprüft wurde und die entsprechende Fachgruppe hinsichtlich der Kooperation nicht in der 30-Minuten-Entfernung für das Team zu gewinnen war. Dabei sollte das „ernsthafte Bemühen“ besonders herausgestellt werden. Der eLA prüft die überschrittene Entfernung, wenn dies durch entsprechende Argumentation auch begründet ist. Die Basis ist Google Maps.


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Freie Arztwahl

Patienten, die zum Beispiel nicht den Radiologen im ASV-Team aufsuchen möchten, sondern ihren eigenen Wunschradiologen, können in diesem Fall nicht in die ASV eingeschrieben werden. Die freie Arztwahl ist also nur innerhalb des ASV-Teams möglich. Grundlage hierfür ist die ASV-Richtlinie und die damit vorgeschriebene schriftliche Patienteninformation, die dem Patienten zu Beginn der Behandlung auszuhändigen ist [3].

Ähnlich wie bei der integrierten Versorgung oder den Hausarztverträgen muss der Patient zu Beginn der ASV-Teilnahme aufgeklärt werden. Es ist jedoch kein Behandlungsvertrag notwendig.


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Kooperationspartner Klinik

Häufig wird schon allein die regionale Struktur dafür verantwortlich sein, dass der fehlende Kooperationspartner im Kernteam oder bei den hinzugezogenen Fachärzten leichter in einer Klinikkooperation zu finden ist. Sofern es sich hier um ein Krankenhaus der Maximalversorgung oder ein Universitätsklinikum handelt, fragen Sie Ihren ärztlichen Ansprechpartner, ob das jeweilige Krankenhaus bereits eine ASV-Infrastruktur vorhält.

Es empfiehlt sich ansonsten, im Bereich Erlösmanagement des Krankenhauses diese Fragestellung vorab zu klären. Auch hier hat die Erfahrung gezeigt, dass sich ein Krankenhaus ohne eigene ASV-Struktur schwer für eine Kooperation gewinnen lässt, in der eine einzige Fachrichtung zugelassen werden soll.

Kernproblematik: Qualifikationsnachweise Klinikärzte

Fehlende Qualifikationsnachweise gemäß Qualitätssicherungsvereinbarungen müssen innerhalb der Klinik stets in Form von Nachweisen über erfolgte Zusatzweiterbildungen oder Zeugnisse belegt werden. In Ausnahmefällen können die fehlenden Nachweise notfalls auch durch ein entsprechendes Zeugnis, das selbst erstellt werden kann, vervollständigt werden. Führen Sie jedoch in diesen Zeugnissen die genaue Anzahl der Qualifikationsmerkmale gemäß Qualitätssicherungsvereinbarungen (beispielsweise der Untersuchungen oder Ultraschallleistungen sowie die Methode bei Ultraschalluntersuchungen) auf. Eine Unterschrift des jeweils zuständigen Chefarztes und des Geschäftsführers vervollständigen das Dokument als geforderten oder fehlenden Nachweis. Einige eLA fordern von Geräteleistungen zusätzlich die Gewährleistungserklärungen des Herstellers. Zudem gehört zu den fachlichen Nachweisen zuzulassender Chef-/Ober- und Fachärzte an Kliniken neben der Approbationsurkunde die Facharzturkunde, Urkunden bezüglich der Schwerpunktbezeichnungen, ein Auszug aus dem Fortbildungskonto und in Bayern und Berlin zusätzlich eine persönliche Selbsterklärung.


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