Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2020; 27(03): 113-115
DOI: 10.1055/a-1170-0041
Kasuistik
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ungewöhnliche Manifestation einer Nussallergie

Unusual manifestation of a nut allergy
Jörg Abel
1   Seeärztlicher Dienst, Dienststelle Schiffssicherheit, BG Verkehr, Hamburg
,
Todor Gurov
2   Marine Training Center (MTC), Betio/Tarawa, Kiribati
,
Philipp Langenbuch
1   Seeärztlicher Dienst, Dienststelle Schiffssicherheit, BG Verkehr, Hamburg
,
Andreas Montag
3   Praxis für Haut- und Geschlechtskrankheiten Dr. Montag, Hamburg
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Publication Date:
16 June 2020 (online)

Anamnese

An Bord eines Gastankers auf dem Weg von Al Jubail/Saudi-Arabien nach Ulsan/Südkorea wurde ein „Motorman“ (entspricht „Facharbeiter Maschine“) mit massiver Dyspnoe in seiner Kammer angetroffen. Nach Rücksprache mit dem Telemedical Maritime Assistance Service (TMAS) Germany erfolgte eine symptomatische Behandlung mit Gabe von Sauerstoff, Inhalation von Beta-Mimetika sowie oraler Steroidgabe durch den 2. Offizier. Hierunter besserte sich die Situation nach kurzer Zeit, der Seemann blieb an Bord und wurde beim planmäßigen Hafenaufenthalt in Ulsan ausgeschifft und repatriiert.

Bei der ersten Befragung durch den 2. Offizier war wegen der Dyspnoe kaum eine Sprachkommunikation möglich. Nach Rückgang der Akutbeschwerden berichtete der Seemann, bereits 2 Wochen zuvor ähnliche Probleme gehabt zu haben, allerdings deutlich weniger ausgeprägt. Es bestand kein zeitlicher Zusammenhang mit einer Nahrungsaufnahme oder dem Konsum von Genussmitteln, Medikamenten oder anderer Substanzen. Die letzte Tätigkeit vor Eintreten der Beschwerden waren Routinewartungen an der Hauptmaschine, u. a. die Reinigung des Turboladers. Der Seemann gab an, an keinen Vorerkrankungen gelitten zu haben, er habe keine Medikamente eingenommen und sei voll belastbar. Es bestand eine gültige deutsche Seediensttauglichkeit.

Der Arbeitgeber bat kurz nach Repatriierung des Seemanns um eine Überprüfung der Seediensttauglichkeit gemäß § 14 Seearbeitsgesetz. Zu diesem Zeitpunkt war der Patient bereits wieder in seiner Heimat Kiribati im Zentralpazifik, sodass eine Vorstellung beim Seeärztlichen Dienst in Deutschland nicht ohne weiteres möglich war. Die Untersuchung erfolgte daher bei dem für die Untersuchung auf die deutsche Seediensttauglichkeit zugelassenen Arzt vor Ort.

Dort berichtete der Seemann, erstmals vor einem Jahr auf Speisen mit Erdnüssen allergisch reagiert zu haben. Hierbei sei es zu Jucken im Rachenraum sowie zu mäßiger Atemnot gekommen. Er habe daraufhin „nusshaltige“ Speisen gemieden. Eine Allergietestung oder Verordnung eines Notfallsets sei nicht erfolgt. Bei der letzten Seediensttauglichkeitsuntersuchung habe er die Allergie verschwiegen, um seine Einstellung als Motorman nicht zu gefährden. Bereits 2 oder 3 Wochen vor dem jetzigen Ereignis hatte er nach der Reinigung des Turboladers leichte Atemnot sowie angeschwollene Schleimhäute und Rhinorrhoe bemerkt. Er konnte seinen Dienst bis zum Feierabend fortsetzen, die Beschwerden klangen im Tagesverlauf ab.