Hebamme 2020; 33(04): 16-17
DOI: 10.1055/a-1205-6762
Studienergebnisse
Kurz berichtet

Erregerspektrum und Pathogenese infektionsbedingter Totgeburten

Page JM. et al. Stillbirth Associated with Infection in a Diverse U. S. Cohort. Obstet Gynecol 2019; 134: 1187–1196. doi:10.1097/AOG.0000000000003515

Es wird angenommen, dass in wirtschaftsstarken Ländern 10 – 20 % der Totgeburten auf maternale und / oder fetale Infektionen zurückzuführen sind. Diese These untersuchten US-Wissenschaftler und werteten Daten einer 2006 bis 2008 vom „Stillbirth Collaborative Research Network“ des „Eunice Kennedy Shriver National Institute of Child Health and Human Development“ initiierten multizentrischen Fallkontrollstudie aus. Eine Totgeburt lag per Definition beim Versterben des Kindes nach 20 SSW vor. Das Studienprotokoll sah die Analyse der medizinischen Dokumentation, die Befragung der Mütter, die Asservierung von Material zur mikrobiologischen Diagnostik, die histopathologische Untersuchung der Plazenta und der Eihäute sowie die postmortale Untersuchung des Kindes vor. Ferner wurden Blutproben zur serologischen Diagnostik entnommen. Die Wissenschaftler rekonstruierten mögliche pathophysiologische Mechanismen der infektionsbedingten Totgeburten.

500 Frauen mit 512 Totgeburten gingen in die Analyse ein. In 66 Fällen (12,9 %) nahmen die Forscher eine Infektion als wahrscheinliche oder mögliche Ursache der Totgeburt an. Im Vergleich zu den Totgeburten aufgrund nicht infektiöser Ursachen traten die infektionsbedingten Totgeburten in einem signifikant jüngeren Gestationsalter auf (22 vs. 28 SSW), ereigneten sich häufiger intrapartal und betrafen häufiger Mütter nicht hispanischer, afroamerikanischer Abstammung. Bei 35 der 66 infektionsassoziierten Totgeburten (53 %) ließen sich bakterielle Keime isolieren. Diese umfassten E. coli, B-Streptokokken sowie Enterokokkenspezies. In 2 Fällen wurden Parvoviren, in 5 Fällen das Zytomegalievirus und in je 1 Fall Syphilis bzw. Herpes simplex als ursächlicher Erreger identifiziert. Die histopathologische Plazentaaufarbeitung ergab bei 65 der 66 (99 %) infektionsbedingten Totgeburten Hinweise auf eine Inflammation oder eine Infektion und die fetale Autopsie in 26 Fällen (39 %). Die Analyse der Pathomechanismen ergab: Eine direkte fetale Infektion lag in 15 % der Fälle vor, eine fetale Infektion als Ursache von Fehlbildungen in 9 % und eine infektionsbedingte Plazentainsuffizienz in 8 % der Fälle. Schwere maternale Erkrankungen als Auslöser der Totgeburt beobachteten die Forscher nicht. In 47 % der Fälle führte eine Infektion zu einer Frühgeburt (meist vor Erreichen der Lebensfähigkeit) und bei 21 % der Totgeburten fand sich lediglich eine isolierte Plazentainflammation.

Bakterielle Erreger als Hauptursache

Bakterielle Erreger sind für einen Großteil infektionsbedingter Totgeburten in den USA ursächlich, Viren haben eine untergeordnete Bedeutung, schlussfolgern die Autoren. Präventionsstrategien sollten sich demnach auf die häufigsten Mikroorganismen konzentrieren (E. coli, B-Streptokokken, Enterokokken). Große Wirkung erhoffen sie sich von einer in Entwicklung befindlichen B-Streptokokken-Vakzine.

Quelle: Frauenheilkunde up2date 3 / 2020



Publication History

Article published online:
24 August 2020

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