Tierarztl Prax Ausg K Kleintiere Heimtiere 2020; 48(05): 369-375
DOI: 10.1055/a-1238-1554
Kasuistik

Ulzerative granulomatöse Kolitis durch Prototheca spp. bei einem Rhodesian Ridgeback in Deutschland

Disseminated protothecosis with ulcerative granulomatous colitis in a Rhodesian Ridgeback from Germany
Vera Geisen
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Christian Mayer
2   Institut für Tierpathologie, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Julia Harrer
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Katrin Hartmann
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Sebastian Ulrich
3   Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen, Veterinärwissenschaftliches Department, Ludwig-Maximilians-Universität München
,
Stefan Unterer
1   Medizinische Kleintierklinik, Zentrum für Klinische Tiermedizin, Ludwig-Maximilians-Universität München
› Author Affiliations

Zusammenfassung

Ein 10 Monate alter, männlich intakter Rhodesian Ridgeback wurde wegen chronischen Dickdarmdurchfalls und Hämatochezie vorgestellt. Der Hund stammte aus Deutschland und hatte das Land nie verlassen. Die Laboruntersuchung des vorbehandelnden Tierarztes ergab neben einer Neutrophilie eine Hyperkaliämie und eine Hyponatriämie. Mit einem Serumbasalkortisolwert von 4,3 µg/dl konnte ein Hypoadrenokortizismus weitgehend ausgeschlossen werden. Eine vom Tierarzt durch geführte antibiotische Behandlung hatte keine Besserung bewirkt. Daher war der Hund mit Prednisolon behandelt worden. Unter 2-wöchiger Prednisolongabe kam es zu einer deutlichen Verstärkung des Durchfalls sowie einem Gewichtsverlust von 6 kg. Bei Vorstellung an der Medizinischen Kleintierklinik der LMU München war der Hund im Allgemeinbefinden mittelgradig reduziert, deutlich abgemagert, dehydriert, hypovolämisch und hatte eine rektale Körpertemperatur von 39,6 °C. Bei der sonografischen Untersuchung zeigte sich eine generalisiert verdickte Dickdarmwand und koloskopisch eine hochgradig ulzerativ veränderte Dickdarmschleimhaut. Histologischer Befund war eine ulzerative granulomatöse Kolitis. Durch die Periodic-Acid-Schiff-Reaktion ließen sich in den Schnitten der Dickdarmbioptate mikrobielle Strukturen darstellen, die für eine Algeninfektion diagnostisch waren. Die bei der mikrobiellen Untersuchung anzüchtbaren Prototheken wurden mittels MALDI-TOF-MS als Prototheca zopfii identifiziert. Zum Nachweis einer möglichen Immundefizienz wurden die Immunglobuline im Serum bestimmt. Die IgM-Konzentration war erniedrigt, während sich IgG- und IgA-Konzentration im Referenzbereich befanden. Aufgrund der Verschlechterung des Allgemeinbefindens, der vorsichtigen Prognose und der hohen Kosten eines Therapieversuchs wurde der Hund eine Woche später euthanasiert und der Tierkörper pathologisch untersucht. Histopathologisch wurden Prototheken auch in den abdominalen Lymphknoten, jedoch nicht in den Augen oder im zentralen Nervensystem identifiziert. Der Fall zeigt, dass eine Prototheken-Infektion auch bei Hunden aus Deutschland als Differenzialdiagnose für chronischen Dickdarmdurchfall in Betracht gezogen werden sollte, insbesondere bei Patienten mit ulzerativer granulomatöser Kolitis. Sie kann bei der histologischen Untersuchung ohne Spezialfärbung leicht übersehen werden.

Abstract

A 10-month-old male Rhodesian Ridgeback was presented to the Clinic of Small Animal Medicine, LMU, Germany, with a 6-month history of chronic diarrhea and hematochezia. The dog lived in Germany and had never traveled abroad. Complete blood count and serum biochemistry performed by the referring veterinarian revealed neutrophilia, hyperkalemia, and hyponatremia, with a basal cortisol of 4.3 µg/dl, which excluded hypoadrenocorticism. Since antibiotic treatment had not resulted in any improvement, a 2 week course of prednisolone administration had been initiated, leading to a marked deterioration of intestinal signs and a significant weight loss of 6 kg. At the time of referral, the patient was markedly emaciated, dehydrated, hypovolemic and had a rectal temperature of 39.6 °C. Abdominal ultrasound showed a thickened and irregular colonic wall. On colonoscopy, an irregular colonic mucosa with ulcerations was observed. Histopathologic examination revealed an ulcerative granulomatous colitis, and on Periodic acid-Schiff reaction (PAS) numerous organisms consistent with Prototheca spp. were identified. Prototheca zopfii infection was confirmed by culture and MALDI-TOF MS. In order to test for an underlying immunodeficiency, immunoglobulin levels in serum were determined. IgM was decreased, while IgG and IgA levels were within the reference interval. Due to deterioration of general condition, grave prognosis and costs of a treatment trial, the patient was euthanized one week later, and necropsy was performed. Prototheca spp. were detected on histopathologic examination in the lymphnodes, however not in the eyes or the central nervous system. Protothecosis should be considered an differential diagnosis in dogs with chronic diarrhea and ulcerative granulomatous colitis even in dogs living in Germany. Histopathologic examination of colonic biopsies with special stains such as PAS is recommended in every dog with signs of chronic large bowel disease in order to avoid missing this rare infectious disease.



Publication History

Received: 21 February 2020

Accepted: 26 March 2020

Article published online:
21 October 2020

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